Wer sich einen Bauersmann vorstellt, der unter seinem Nebelspalter 
etwas finster hervorschaut und dessen eckiges Gesicht die Sorgen des 
Lebens tüchtig durchfurcht haben, obwohl sie nicht im Stande waren, 
einen Zug ernsten Trotzes in unterthänigst kriechende Demuth vor 
jedem bessern Rocke zu verwandeln, der hat das Gesicht des Vaters 
unseres Helden gesehen und wird den abgetragenen Kittel, die 
Lederhosen, deren ursprünglich gelbe, die Weste, deren ehemals rothe 
in eine von den Malern bisher unentdeckte Farbe übergegangen ist, 
nicht vergessen und noch weniger die knorrigen Eichenfäuste und die 
breitgetretenen Füße des Mannes. Wer sich näher nach ihm erkundigte, 
würde überall erfahren haben, der Jakob sei ein nicht ganz armer Mann 
mit sechs lebendigen Kindern, habe niemals recht lesen lernen, folglich 
auch den "höflichen Schüler" niemals studirt und sei eine grundehrliche 
Haut, welche Gott und den Amtmann fürchte, mit seinem Weibe 
glücklich lebe und von jedem Nachbarn geliebt werde, obwohl er ein 
bischen hart, unbeugsam und auffahrend dazu sein könne.
Sein Weib, die Theres, mag in ihrer Jugend nicht häßlich gewesen sein, 
aber auf dem Lande wird die Schönheit gar rasch verschwitzt und wenn 
eine Frau ihre zwölf Kindbetten durchgemacht hat, wirds schlimm 
aussehen, wenn hinter der Leibesruine nicht ein treues, frommes Herz 
schlägt. Doch unter dem Mieder der Theres sah es gut aus und deßhalb 
lebte sie auch mit ihrem Alten recht glücklich, insofern festes 
Vertrauen auf Gott alle Sorgen und Drangsale des Tages ohne viel 
nutzloses Klagen und Weinen überstehen läßt. 
Jakob hatte auf dem Felde, in Wald, Stall und Scheune, die Theres an 
all diesen Orten, in der Küche, am Waschzuber, in allen Winkeln des 
Hauses und im Garten dazu vom Anbruch des Tages bis zur sinkenden 
Nacht alle Hände voll zu thun, so daß die Beiden außer an Sonn- und 
Feiertagen wenig mit einander plaudern, geschweige zanken konnten. 
Wenn es so kalt wurde, daß der Jakob seine 5- bis 8pfündigen Schuhe 
anziehen mußte, dann wurde er etwas brummig, denn das war 
Zeitverlust und wenn der Mond schien, war er im Stande, noch in der 
Sommer-Nacht zartes Laub und dergleichen für seine Kühe, Geisen 
und Schweine zu holen und es war gut, daß seine Hände nichts davon 
wußten, die Brombeeren und Schlehen hätten auch Dornen, und daß er 
mit bloßen Füßen im Verhau herumstolperte, ohne von spitzen Dornen, 
Steinen und dergleichen mehr als eine Ahnung zu besitzen. In der 
Nacht bekam er seine Ruhe, wenn nicht gerade eine Kuh kalbern wollte, 
das Geschrei der Kinder beirrte ihn wenig; wenn er die ganze Woche 
tüchtig gearbeitet hatte und am Sonntagmorgen vor der Kirche so glatt 
und freundlich wie ein Schuljunge hinter dem Ofen hervortrat, wo er 
sich ohne Spiegel und Seife musterhaft rasirte, dann pflegte er zu sagen: 
"Theres, die Arbeit ist gethan, heute wird zum Herrgott gebetet und 
Mittags im Hirzen drüben ein Hälbsle getrunken, wenn auch der 
Bettelvogt noch zehnmal schellt von wegen der Herrensteuer!" ... 
Die Theres freute sich auch auf den Sonntag, denn wenn es für sie auch 
keinen Hirzen gab, so gab es doch eine Kirche und eine rechte Predigt 
und ordentlicher Gottesdienst erquickt ein frommes Weibergemüth 
mehr, denn ein Fäßlein Burgunder oder gar Capwein. Die Woche über 
kam die Theres kaum zum Athemholen und in der Nacht, wenn der 
Jakob schnarchte trotz der größten Baßgeige, fing die Plage erst recht
an, denn die eisgraue Großmutter konnte die Kinder in der Nacht nicht 
alle pflegen und schweigen und trocken legen, und wenn eines zahnte 
oder sonst krankte, schlossen die beiden armen Weiber oft kein Auge. 
Am Sonntag aber wars so traulich in dem aufgeputzten Häuslein, als ob 
die Leute die Kirche aus dem Gottesdienste mit sich genommen hätten 
und Mittags stand auch Fleisch auf dem Tische, an hohen Festtagen 
Wein aus dem hintern Fäßlein, wo der Alte und Gute älter und besser 
wurde, während der Gewöhnliche vom Essig wenig sich unterschied. 
Nachmittags nach der Vesper zog dann Jakob seinen blauen Rock ohne 
Kragen mit tellergroßen Metallknöpfen an, stopfte sein Pfeiflein, 
drückte den Nebelspalter ein bischen aufs linke Ohr und machte mit 
dem Liebhardt, Fidele, Michel oder Bassi einen Gang durch die Fluren 
und dann in den Hirzen, um bis zum Abend an seinem Hälbsle zu 
trinken, während das junge Volk kegelte, auf der Straße spielte, in 
Rädlein beisammen stand oder Arm in Arm kettenweise singend durch 
das Dörflein auf und ab zog. Es mochte zweifelhaft sein, ob der Jakob 
an seinen Aeckern und Kühen größere Freude hatte, denn an seinen 
Kindern, mindestens pflegte er jene zärtlich, während er diese nach 
Herzenslust herumkrabbeln, fallen und heulen ließ, ohne sich groß 
umzusehen, dagegen bleibt es sicher, daß die alte Hanne ganz vernarrt 
in ihre Enkel und die Theres in den Benedikt am vernarrtesten war. 
Der Benedikt, ihr erstes Kind hieß ihr "Augäpfelchen" und man darf ihr 
solche Vorliebe verzeihen, obwohl sich dieselbe nicht nur in Blicken 
und Reden kund    
    
		
	
	
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