gab. Der Benedikt mit seinen schwarzen Haaren, den 
runden Apfelbäcklein, kohlschwarzen Augen und dem freundlichen 
Munde war wirklich ein herzallerliebstes Büblein und dabei so munter 
und gescheid, wie keins im Dorfe gefunden wurde. 
Die Leute hatten keine eigene Kirche, nicht einmal eine Kapelle, 
mußten im Leben und Tod ihrem Herrgott die Besuche im nächsten 
Orte abstatten und als der Benedikt die ersten Höslein an hatte und vom 
Vater am rechten von der Mutter am linken Händlein zum ersten Mal in 
die Kirche geführt wurde, blieben alle Leute stehen und gab es eine 
ganze Prozession von schweigenden und redenden Bewunderern, das 
Herz der Eltern bebte vor Freude und daheim konnte Theres der alten
Hanne nicht genug erzählen, welche Ehre sie mit dem "Augäpfelchen" 
eingeerndtet, wie brav er in der Kirche gewesen, die Händlein gefaltet 
und bei der Wandlung mit Kreuzmachen und Brustklopfen gar nicht 
mehr aufgehört habe. Das Büblein holte bereits Alles beim Krämer, 
besorgte alle Aufträge pünktlich, griff alles geschickt an, es mochte 
sein, was es wollte und lachte vor Vergnügen laut auf, wenn man es nur 
lobte. Mit Lob ließ sich der Benedikt durchs Feuer treiben. 
Besaß das Dörflein keine eigene Kirche und keinen Pfarrer, so besaß es 
doch eine eigene Schule und einen Schulmeister. Zwar hatte dieser 
nirgends besonders studirt, war eine gefallene Größe, nämlich ein 
großer Maurer, der von einem Dachsparren herabgefallen und ein Bein 
gebrochen hatte, dabei ein guter, braver Mann und wußte Alles den 
Kindern beizubringen, was diese in der Welt brauchen, vor allem den 
Katechismus. 
Der Benedikt saß keine sechs Wochen in der Schulstube, so wurde 
auch der alte Lehrer gänzlich in ihn vernarrt und es dauerte keine zwei 
Jahre, so kannten die Kinder Einen Ihresgleichen als Unterlehrer, 
nämlich des Jakoben Benedikt. 
Was Andere in einem Jahre lernen, lernte unser Held ohne große Mühe 
in vier Wochen und was der Mathes, der acht volle Jahre stets im 
Eselsbänklein saß und später dennoch ein tüchtiger Bauer und braver 
Mann geworden ist, in seinem Leben niemals begreifen wird, begriff 
der Benedikt rascher und leichter als die gescheideste [gescheidteste] 
Schulkamerädin, nämlich die Susanna. 
Eine andere Uhr denn eine Sonnenuhr besaß weder die Schule noch der 
Schulmeister und vom achten Jahre an war der kleine Schulmeister 
auch "Zeitverwalter" mit einer kleinen Unterbrechung gegen das Ende 
der Schuljahre, wo der Muthwille, der in ihm steckte, den alten Lehrer 
einige Wochen in Verzweiflung setzte. 
Das Augäpfelchen der Theres wurde das Augäpfelchen des Lehrers, 
aller Buben und Mägdlein und vieler Erwachsenen und vielleicht haben 
die Weihrauchwolken dazu beigetragen, auch seine Gestalt in die 
Länge und Breite zu treiben.
Mit den Buben stand er gut, weil er der Stärkste, bei allen Spielen und 
lustigen Streichen, die sich mit seiner Unterlehrersehre vertrugen, 
voran, dabei unpartheisch und freundlich gegen alle war und bei den 
Mädlen stand er besser als jeder Andere angeschrieben, weil er eine 
merkwürdige Vorliebe für sie hegte, sie zart und schonend behandelte, 
gegen Schimpf und Schläge schützte, ihnen in der Schule einsagte, 
beim Singen eines Liedes den rechten Ton anstimmte und die leidigen 
Schulaufgaben gegen ein bischen Lob oder auch gegen ein Schmätzlein 
machen half. 
Um nicht weitläufig zu werden und dennoch einen rechten Begriff von 
dem kleinen Benedikt zu bekommen, der ein ganz anderer Kerl war, 
denn der verachtete, blutarme und arg vernachläßigte Zuckerhannes, 
wollen wir nur drei Thatsachen aufmerken. 
An einem Frühlingstage wird in der Schule biblische Geschichte 
gelesen und die Kinder schauen sehnsüchtig durch die Scheiben in die 
grünende und blühende Welt und rücken unruhig hin und her, denn das 
stundenlange Sitzen und Schwitzen ohne Unterbrechung ist die Folter 
der Kinderjahre. Auf einmal zupft ein Mädle das Andere und ein Bube 
den Andern und wer den Grund entdeckt, hält die Hand vor den Mund 
oder kichert laut. Weßhalb? Der "Unterlehrer" hat aus einem Stücklein 
Holz und vier beinernen Knöpfen ein Wägelein gezimmert, einen 
kleinen Kiesel als Fracht darauf gelegt und vier stattliche Maienkäfer, 
an eine Deichsel gebunden, ziehen das Ganze über die Sitzbänke. Der 
Lehrer merkt's, zieht die Stirne kraus und ruft den Benedikt auf, im 
Lesen fortzufahren. Wer beim letzten Wort weiter fährt, ohne eine 
Miene zu verziehen, ist der Benedict. Der Lehrer weiß, welchen Kopf 
und welche Kenntnisse der muthwillige Unterlehrer besitze, meint, 
derselbe sage einige Satze auswendig her und werde bald stecken 
bleiben, doch der Benedict liest und liest, ohne nur einmal zu stottern, 
ohne eine Silbe zu verfehlen. 
Dessen verwundert sich der Lehrer, steht auf, greift nach Benedicts 
Buch und siehe--dieser hat Alles auswendig hergesagt, denn lesen 
konnte er schon deßhalb nichts, weil er das Buch, wie der Lehrer auch 
seither geglaubt, verkehrt in der Hand hielt.
Dieser Streich und hundert ähnliche dazu verschafften dem Benedict 
den Beinamen "Leichtsinn" und mit den Jahren wuchs sein Leichtsinn 
wirklich, wie er denn einmal, als ein Schuldschein geschrieben werden 
sollte, dem Lehrer keinen andern machte als folgenden: 
"Ich heiße Leichtsinn,    
    
		
	
	
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