Wallensteins Tod | Page 8

Friedrich von Schiller
auf und Wesen.
Eng ist die Welt, und das Gehirn ist weit.

Leicht beieinander wohnen die Gedanken,
Doch hart im Raume
stoßen sich die Sachen;
Wo eines Platz nimmt, muß das andre rücken,

Wer nicht vertrieben sein will, muß vertreiben;
Da herrscht der
Streit, und nur die Stärke siegt.
--Ja, wer durchs Leben gehet ohne
Wunsch,
Sich jeden Zweck versagen kann, der wohnt
Im leichten
Feuer mit dem Salamander
Und hält sich rein im reinen Element.

Mich schuf aus gröberm Stoffe die Natur,
Und zu der Erde zieht mich
die Begierde.
Dem bösen Geist gehört die Erde, nicht
Dem guten.
Was die Göttlichen uns senden
Von oben, sind nur allgemeine Güter;

Ihr Licht erfreut, doch macht es keinen reich,
In ihrem Staat erringt
sich kein Besitz.
Den Edelstein, das allgeschätzte Gold
Muß man
den falschen Mächten abgewinnen,

Die unterm Tage schlimmgeartet

hausen.
Nicht ohne Opfer macht man sie geneigt,
Und keiner lebet,
der aus ihrem Dienst
Die Seele hätte rein zurückgezogen.
Max. (mit Bedeutung)
Oh! fürchte, fürchte diese falschen Mächte!
Sie haltennicht Wort! Es
sind Lügengeister,
Die dich berückend in den Abgrund ziehn.
Trau
ihnen nicht! Ich warne dich--Oh! kehre
Zurück zu deiner Pflicht.
Gewiß! du kannst's!
Schick mich nach Wien. Ja, tue das. Laß mich,

Mich deinen Frieden machen mit dem Kaiser.
Er kennt dich nicht, ich
aber kenne dich,
Er soll dich sehn mit meinem reinen Auge,
Und
sein Vertrauen bring ich dir zurück.
Wallenstein.
Es ist zu spät. Du weißt nicht, was geschehn.
Max.
Und wär's zu spät--und wär' es auch soweit,
Daß ein Verbrechen nur
vom Fall dich rettet,
So falle! Falle würdig, wie du standst.
Verliere
das Kommando. Geh vom Schauplatz.
Du kannst's mit Glanze, tu's
mit Unschuld auch.
--Du hast für andre viel gelebt, leb endlich

Einmal dir selber, ich begleite dich,
Mein Schicksal trenn ich nimmer
von dem deinen--
Wallenstein.
Es ist zu spät. Indem du deine Worte
Verlierst, ist schon ein
Meilenzeiger nach dem andern
Zurückgelegt von meinen Eilenden,

Die mein Gebot nach Prag und Eger tragen.
--Ergib dich drein. Wir
handeln, wie wir müssen.
So laß uns das Notwendige mit Würde,

Mit festem Schritte tun--Was tu ich Schlimmres,
Als jener Cäsar tat,
des Name noch
Bis heut das Höchste in der Welt benennet?
Er
führte wider Rom die Legionen,
Die Rom ihm zur Beschützung

anvertraut.
Warf er das Schwert von sich, er war verloren,
Wie ich
es wär', wenn ich entwaffnete.
Ich spüre was in mir von seinem Geist.

Gib mir sein Glück, das andre will ich tragen.
(Max, der bisher in
einem schmerzvollen Kampfe gestanden, geht schnell ab. Wallenstein
sieht ihm verwundert und betroffen nach und steht in tiefe Gedanken
verloren.)
Dritter Auftritt
Wallenstein. Terzky. Gleich darauf Illo.
Terzky.
Max Piccolomini verließ dich eben?
Wallenstein.
Wo ist der Wrangel?
Terzky.
Fort ist er.
Wallenstein.
So eilig?
Terzky.
Es war, als ob die Erd' ihn eingeschluckt.
Er war kaum von dir weg,
als ich ihm nachging,
Ich hatt' ihn noch zu sprechen, doch--weg war
er,
Und niemand wußte mir von ihm zu sagen.
Ich glaub, es ist der
Schwarze selbst gewesen,
Ein Mensch kann nicht auf einmal so
verschwinden.
Illo. (kommt)
Ist's wahr, daß du den Alten willst verschicken?

Terzky.
Wie? Den Octavio! Wo denkst du hin?
Wallenstein.
Er geht nach Frauenberg, die spanischen
Und welschen Regimenter
anzuführen.
Terzky.
Das wolle Gott nicht, daß du das vollbringst!
Illo.
Dem Falschen willst du Kriegsvolk anvertrauen?
Ihn aus den Augen
lassen, grade jetzt,
In diesem Augenblicke der Entscheidung?
Terzky.
Das wirst du nicht tun. Nein, um alles nicht!
Wallenstein.
Seltsame
Menschen seid ihr.
Illo.
Oh! nur diesmal
Gib unsrer Warnung nach. Laß ihn nicht fort.
Wallenstein.
Und warum soll ich ihm dies eine Mal
Nicht trauen, da ich's stets
getan? Was ist geschehn, Das ihn um meine gute Meinung brächte?

Aus eurer Grille, nicht der meinen, soll ich
Mein alt erprobtes Urteil
von ihm ändern?
Denkt nicht, daß ich ein Weib sei. Weil ich ihm

Getraut bis heut, will ich auch heut ihm trauen.
Terzky.
Muß es denn der just sein? Schick einen andern.

Wallenstein.
Der muß es sein, den hab ich mir erlesen.
Er taugt zu dem Geschäft,
drum gab ich's ihm.
Illo.
Weil er ein Welscher ist, drum taugt er dir.
Wallenstein.
Weiß wohl, ihr wart den beiden nie gewogen,
Weil ich sie achte,
liebe, euch und andern
Vorziehe, sichtbarlich, wie sie's verdienen,

Drum sind sie euch ein Dorn im Auge! Was
Geht euer Neid mich an
und mein Geschäft?
Daß ihr sie haßt, das macht sie mir nicht
schlechter.
Liebt oder haßt einander, wie ihr wollt,
Ich lasse jedem
seinen Sinn und Neigung,
Weiß doch, was mir ein jeder von euch
gilt.
Illo.
Er geht nicht ab--müßt' ich die Räder ihm am Wagen
Zerschmettern
lassen.
Wallenstein.
Mäßige dich, Illo!
Terzky.
Der Questenberger, als er hier gewesen,
Hat stets zusammen auch
gesteckt mit ihm.
Wallenstein.
Geschah mit meinem Wissen und Erlaubnis.
Terzky.

Und daß geheime Boten an ihn kommen
Vom Gallas, weiß ich auch.
Wallenstein.
Das ist nicht wahr.
Illo.
Oh! du bist blind mit deinen sehenden Augen!
Wallenstein.
Du wirst mir meinen Glauben nicht erschüttern,
Der auf die tiefste
Wissenschaft sich baut.
Lügt er, dann ist die ganze Sternkunst Lüge.

Denn wißt, ich hab ein Pfand vom Schicksal selbst,
Daß er der
treuste ist von meinen Freunden.
Illo.
Hast du auch eins, daß jenes Pfand nicht lüge?
Wallenstein.
Es gibt im
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