doch fest, daß es nicht fällt, wein dir nicht die Augen 
aus, denk daran, daß du jetzt unsre einzige Hoffnung bist, daß du die 
Unsern, wenn unser Gelübde vollbracht, zurückführen sollst; denk auch, 
daß dir jetzt alles gehört, was dein Vater besessen, sieh nur in seiner 
Kammer zu, da hast du den Schlüssel, da wirst du viel finden. Ja, bald 
hätte ich es vergessen, als er mir den Schlüssel gab, sagte er, du 
möchtest dich vor seinem schwarzen Simson nicht fürchten, der Hund 
würde es schon wissen, daß er dir gehorchen müsse und dich nicht 
mehr beißen dürfe; dann sagte er noch, du solltest nicht traurig sein, er 
sei lange am Heimweh krank gewesen und nun werde er gesund, da er 
heimkomme. Das sagte er--und da hast du einen Hutkopf voll Milch, 
die habe ich einer Kuh auf der Weide ausgemolken, die gehört zum 
Totenmahle. Gute Nacht, Kind!" 
Die Alte ging, und Bella sah ihr nach wie einem bösen Briefe, der ihr 
vor Schrecken aus der Hand gefallen, und den sie doch gern ganz 
wissen möchte; sie wäre lieber mitgegangen, aber sie zauderte in ihrer 
Traurigkeit und scheute das rauhe Volk, was sie da antreffen würde, so 
sehr sie es liebte. 
Die Zigeuner waren damals in der Verfolgung, welche die vertriebenen 
Juden ihnen zuzogen, die sich für Zigeuner ausgaben, um geduldet zu 
werden, schon sündlich verwildert; oft hatte Herzog Michael darüber
geklagt und alle seine Klugheit angewendet, sie aus dieser Zerstreuung 
nach ihrem Vaterlande zurückzuführen. Ihr Gelübde, so weit zu ziehen, 
als sie noch Christen fänden, war gelöst, denn sie waren schon aus 
Spanien vom Weltmeere zurückgekehrt; nur der Wunsch nach der 
neuen Welt hielt sie in der alten, die nur Krieger, keine Pilger 
hinübersetzen wollte. Das Zurückführen nach Ägypten war aber bei der 
zunehmenden Türkenmacht, bei der Verfolgung überall, bei dem 
Mangel an Gelde unendlich schwer. Schon hatte der Herzog, was sonst 
ihre Nationalbelustigung war, Proben von Stärke und Geschicklichkeit 
(wie sie schwere Tische auf ihren Zähnen im Gleichgewichte trugen, 
wie sie sich springend in der Luft überschlugen oder auf den Händen 
gingen), alles das, was sie mit dem Namen der starken Mannskünste 
bezeichneten, zu ihrer Erhaltung zu benutzen gesucht, aber von einem 
Gebiete ins andre zurückgedrängt, erschöpften sich diese 
Erwerbsquellen, und auch die Besseren, wenn selbst das Wahrsagen 
nicht mehr galt, sahen sich gezwungen, ihre ärmliche Nahrung zu 
stehlen oder mit jagdfreien Tieren, wie Maulwürfe und 
Stachelschweine, fürlieb zu nehmen. Da fühlten sie erst recht innerlich 
die Strafe, daß sie die heilige Mutter Gottes mit dem Jesuskinde und 
dem alten Joseph verstoßen, als sie zu ihnen nach Ägypten flüchteten, 
weil sie nicht die Augen des Herrn ansahen, sondern mit roher 
Gleichgültigkeit die Heiligen für Juden hielten, die in Ägypten auf 
ewige Zeit nicht beherbergt werden, weil sie die geliehenen goldnen 
und silbernen Gefäße auf ihrer Auswanderung nach dem gelobten 
Lande mitgenommen hatten. Als sie nun später den Heiland aus seinem 
Tode erkannten, den sie in seinem Leben verschmäht hatten, da wollte 
die Hälfte des Volks durch eine Wallfahrt, so weit sie Christen finden 
würden, diese Hartherzigkeit büßen. Sie zogen durch Kleinasien nach 
Europa und nahmen ihre Schätze mit sich, und so lange diese dauerten, 
waren sie überall willkommen; wehe aber allen Armen in der Fremde. 
Das mußte voraus berichtet werden, jetzt zu unsrer Geschichte zurück. 
Ein neuer Haufe, unter denen Happy und Emler, waren vor acht Tagen 
aus Frankreich ohne alles Geld angekommen, der Herzog entschloß 
sich, zu ihrem Unterhalt selbst seine Künste wieder einmal zu zeigen, 
er ging mit ihnen in ein Wirtshaus, und als er eben zu aller 
Bewunderung acht Männer auf Arm und Schultern trug, kam das 
Geschrei, der Happy sei gefangen, er habe zwei Hähne im Hofe
gestohlen, und im Fortgehen habe ihn ihr Krähen verraten, und Michael, 
der Herzog, sei bloß darum im Zimmer geblieben, um die Leute 
heranzulocken. Die Genter Bürger verziehen wegen ihres Reichtums 
keinen Diebstahl; vergebens stellte sich Herzog Michael, als ob er den 
Happy im Augenblicke erschießen wollte, er selbst und Emler wurden 
mit dem Happy verhaftet und als Diebe zum Strange verurteilt; damals 
gab es ein strenges Recht gegen die Zigeuner, sie totzuschlagen, wo sie 
sich finden ließen. Michael beteuerte umsonst seine und Emlers 
Unschuld vor dem Gerichte und sprach: "Uns geht es wie den Mäusen, 
hat eine Maus den Käse angenagt, so sagt man, die Mäuse sind's 
gewesen, da geht's an ein Vergiften und Fangen aller, so sind wir 
Zigeuner jetzt nirgends mehr sicher als am Galgen!" 
Dieser sichre Ort wurde ihm durch das Gesetz, und er weinte 
schmerzliche Tränen aus der Höhe zur Erde, daß er, der letzte 
männliche Erbe seines hohen Hauses, so ehrlos und unschuldig 
umgebracht werde; da schloß sich seine Kehle bis zum jüngsten Tage, 
wo er seine Klage gegen die Unbarmherzigkeit der Reichen vortragen 
wird, die ein Menschenleben gegen die Sicherung ihrer toten Schätze    
    
		
	
	
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