Pflicht, ich werde meine thun.
Zwei Fremde, die 
wir in des Ufers Hoehlen
Versteckt gefunden, und die meinem Lande
Nichts Gutes bringen, sind in meiner Hand.
Mit diesen nehme 
deine Goettin wieder
Ihr erstes, rechtes, lang entbehrtes Opfer!
Ich 
sende sie hierher; du weisst den Dienst. 
Vierter Auftritt. 
Iphigenie (allein).
Du hast Wolken, gnaedige Retterin,
Einzuhuellen 
unschuldig Verfolgte,
Und auf Winden dem ehrnen Geschick sie
Aus den Armen, ueber das Meer,
ueber der Erde weiteste Strecken
Und wohin es dir gut duenkt zu tragen.
Weise bist du und siehest das 
Kuenftige;
Nicht vorueber ist dir das Vergangne,
Und dein Blick 
ruht ueber den Deinen
Wie dein Licht, das Leben der Naechte,
ueber der Erde ruhet und waltet.
O enthalte vom Blut meine Haende!
Nimmer bringt es Segen und Ruhe;
Und die Gestalt des zufaellig 
Ermordeten
Wird auf des traurig-unwilligen Moerders
Boese 
Stunden lauern und schrecken.
Denn die Unsterblichen lieben der 
Menschen
Weit verbreitete gute Geschlechter,
Und sie fristen das 
fluechtige Leben
Gerne dem Sterblichen, wollen ihm gerne
Ihres 
eigenen, ewigen Himmels
Mitgeniessendes froehliches Anschaun
Eine Weile goennen und lassen. 
Zweiter Aufzug. 
Erster Auftritt. 
Orest. Pylades. 
Orest.
Es ist der Weg des Todes, den wir treten:
Mit jedem Schritt 
wird meine Seele stiller.
Als ich Apollen bat, das graessliche
Geleit 
der Rachegeister von der Seite
Mir abzunehmen, schien er Huelf' und 
Rettung
Im Tempel seiner vielgeliebten Schwester,
Die ueber
Tauris herrscht, mit hoffnungsreichen
Gewissen Goetterworten zu 
versprechen;
Und nun erfuellet sich's, dass alle Noth
Mit meinem 
Leben voellig enden soll.
Wie leicht wird's mir, dem eine 
Goetterhand
Das Herz zusammendrueckt, den Sinn betaeubt,
Dem 
schoenen Licht der Sonne zu entsagen.
Und sollen Atreus Enkel in 
der Schlacht
Ein siegbekroentes Ende nicht gewinnen;
Soll ich wie 
meine Ahnen, wie mein Vater,
Als Opferthier im Jammertode bluten:
So sei es! Besser hier vor dem Altar,
Als im verworfnen Winkel, 
wo die Netze
Der nahverwandte Meuchelmoerder stellt.
Lasst mir 
so lange Ruh, ihr Unterird'schen,
Die nach dem Blut ihr, das von 
meinen Tritten
Hernieder traeufelnd meinen Pfad bezeichnet,
Wie 
losgelass'ne Hunde spuerend hetzt.
Lasst mich, ich komme bald zu 
euch hinab;
Das Licht des Tags soll euch nicht sehn, noch mich.
Der Erde schoener gruener Teppich soll
Kein Tummelplatz fuer 
Larven sein. Dort unten
Such' ich euch auf: dort bindet alle dann
Ein gleich Geschick in ew'ge matte Nacht.
Nur dich, mein Pylades, 
dich, meiner Schuld
Und meines Banns unschuldigen Genossen,
Wie ungern nehm' ich dich in jenes Trauerland
Fruehzeitig mit! Dein 
Leben oder Tod
Gibt mir allein noch Hoffnung oder Furcht. 
Pylades.
Ich bin noch nicht, Orest, wie du bereit,
In jenes 
Schattenreich hinabzugehn.
Ich sinne noch, durch die verworrnen 
Pfade,
Die nach der schwarzen Nacht zu fuehren scheinen,
Uns zu 
dem Leben wieder aufzuwinden.
Ich denke nicht den Tod; ich sinn' 
und horche,
Ob nicht zu irgend einer frohen Flucht
Die Goetter 
Rath und Wege zubereiten.
Der Tod, gefuerchtet oder ungefuerchtet,
Kommt unaufhaltsam. Wenn die Priesterin
Schon, unsre Locken 
weihend abzuschneiden,
Die Hand erhebt, soll dein' und meine 
Rettung
Mein einziger Gedanke sein. Erhebe
Von diesem Unmuth 
deine Seele; zweifelnd
Beschleunigest du die Gefahr. Apoll
Gab 
uns das Wort: im Heiligthum der Schwester
Sei Trost und Huelf' und 
Rueckkehr dir bereitet.
Der Goetter Worte sind nicht doppelsinnig,
Wie der Gedrueckte sie im Unmuth waehnt.
Orest.
Des Lebens dunkle Decke breitete
Die Mutter schon mir um 
das zarte Haupt,
Und so wuchs ich herauf, ein Ebenbild
Des Vaters, 
und es war mein stummer Blick
Ein bittrer Vorwurf ihr und ihrem 
Buhlen.
Wie oft, wenn still Elektra, meine Schwester,
Am Feuer in 
der tiefen Halle sass,
Draengt' ich beklommen mich an ihren Schoos,
Und starrte, wie sie bitter weinte, sie
Mit grossen Augen an. Dann 
sagte sie
Von unserm hohen Vater viel: wie sehr
Verlangt' ich ihn 
zu sehn, bei ihm zu sein!
Mich wuenscht' ich bald nach Troja, ihn 
bald her.
Es kam der Tag-- 
Pylades. 
O lass von jener Stunde
Sich Hoellengeister naechtlich unterhalten!
Uns gebe die Erinnrung schoener Zeit
Zu frischem Heldenlaufe 
neue Kraft.
Die Goetter brauchen manchen guten Mann
Zu ihrem 
Dienst auf dieser weiten Erde.
Sie haben noch auf dich gezaehlt; sie 
gaben
Dich nicht dem Vater zum Geleite mit,
Da er unwillig nach 
dem Orcus ging. 
Orest.
O, waer' ich, seinen Saum ergreifend, ihm
Gefolgt! 
Pylades. 
So haben die, die dich erhielten,
Fuer mich gesorgt: denn was ich 
worden waere,
Wenn du nicht lebtest, kann ich mir nicht denken;
Da ich mit dir und deinetwillen nur
Seit meiner Kindheit leb' und 
leben mag. 
Orest.
Erinnre mich nicht jener schoenen Tage,
Da mir dein Haus 
die freie Staette gab,
Dein edler Vater klug und liebevoll
Die 
halberstarrte junge Bluethe pflegte;
Da du ein immer munterer 
Geselle,
Gleich einem leichten bunten Schmetterling
Um eine 
dunkle Blume, jeden Tag
Um mich mit neuem Leben gaukeltest,
Mir deine Lust in meine Seele spieltest,
Dass ich, vergessend meiner 
Noth, mit dir
In rascher Jugend hingerissen schwaermte.
Pylades.
Da fing mein Leben an, als ich dich liebte. 
Orest.
Sag: meine Noth begann, und du sprichst wahr.
Das ist das 
aengstliche von meinem Schicksal,
Dass ich, wie ein verpesteter 
Vertriebner,
Geheimen Schmerz und Tod im Busen trage;
Dass, wo 
ich den gesund'sten Ort betrete,
Gar bald um mich die bluehenden 
Gesichter
Den Schmerzenszug langsamen Tod's verrathen. 
Pylades.
Der Naechste waer' ich diesen Tod zu sterben,
Wenn je 
dein Hauch, Orest, vergiftete.
Bin ich nicht immer noch voll Muth 
und Lust?
Und Lust und Liebe sind die Fittige
Zu grossen Thaten. 
Orest. 
Grosse Thaten? Ja,
Ich weiss die Zeit, da wir sie vor uns sahn!
Wenn wir zusammen oft dem Wilde nach
Durch Berg' und Thaeler 
rannten und dereinst
An Brust und Faust dem hohen Ahnherrn gleich
Mit Keul'    
    
		
	
	
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