pflegte, fand im Schlosse zu Kassel nur notdürftig eingerichtete 
Zimmer und eine gähnende Leere im Säckel des Hofmarschallamts. 
Schon 1808 schrieb der holländische Gesandte an König Louis, den 
Bruder Jerome: "Die finanziellen Schwierigkeiten Westfalens sind 
enorm."[20] Aber nicht genug der vorgefundenen Not, wurden von 
Napoleon immer neue Opfer verlangt. Auf der einen Seite machte er 
dem König heftige -- und nicht unberechtigte -- Vorwürfe über die 
hohen Gehälter seiner Minister, auf der anderen schrieb er ihm bereits 
einen Monat nach seinem Regierungsantritt: "Ich brauche notwendig 
Geld und Truppen. Trotz der Einnahmen aus den eroberten Ländern 
verschlingt die Armee mehr als sie; mein Kriegsbudget allein beträgt 
400 Millionen. Statt der 20000 Mann, die Du stellen mußt, stelle 40000 
-- Du kannst es."[21] Nach einem Vertrage vom April desselben Jahres 
mußte sich Jerome verpflichten, die aus den Besitzungen des früheren 
Souveräns und den säkularisierten Besitzungen derjenigen Personen, 
die nicht mehr westfälische Untertanen waren, stammenden Einkünfte 
dem Kaiser zu überlassen. Zwar nahm dieser zunächst nur sieben 
Millionen davon in Anspruch. Jerome aber sollte den Rest von nicht 
weniger als 26 Millionen im Verlauf von achtzehn Monaten 
aufbringen.[22] Außerdem hatte Westfalen 12500 Mann französischer 
Truppen ständig zu besolden und zu ernähren.[23] 
Im Juli bereits erging eine neue Mahnung Napoleons an den Bruder: er 
müsse, da Österreich rüste, seine Truppen in Kriegsbereitschaft halten; 
im August wurden für den spanischen Feldzug 500 Pferde und 1000 
Mann verlangt; im September forderte er den gesicherten Unterhalt der 
französischen Truppentransporte.[24] Als Jerome und Katharina der 
Einladung Napoleons im Oktober 1808 zur Kaiserentrevue nach Erfurt 
folgten, empfing er sie zwar aufs freundlichste, aber für die Sorgen des 
Königs um sein Land hatte er kein Ohr. Die Not der Bauern, das 
Daniederliegen von Handel und Gewerbe kümmerte ihn wenig; was 
galt ihm, der Staaten zerstörte und schuf, Könige absetzte und krönte, 
das Land Westfalen? Er, der Riese, sah weit hinweg über die 
Niederungen, nur die Gipfel grüßend. Wie alle großen Tatmenschen
war er, sich selbst unbewußt, zum Zerstören vor allem geschaffen: das 
Alte zu stürzen, dazu gehörte Titanenkraft; das Neue aufzubauen, ist 
die Aufgabe für den emsigen Fleiß der Vielen. 
Die Lage in Westfalen wurde von Jahr zu Jahr verzweifelter. Dem 
Aufstand von Dörnberg, eines von Jerome mit Gnadenbeweisen 
überschütteten Offiziers seiner Garde, folgten die Kämpfe von Schills 
Freischaren und der verwegene Zug des tapferen Herzogs von 
Braunschweig-Öls, der zur äußersten Entrüstung Napoleons sich durch 
Jeromes Truppen durchzuschlagen und die ihn erwartende englische 
Flotte zu erreichen imstande war. Mochte Jerome, der kaum 
Vierundzwanzigjährige, von allen Seiten auf das härteste bedrängte 
König, sich wirklich taktischer Fehler schuldig gemacht haben, -- er 
hatte sich stets als ein Draufgänger, nicht als überlegener Feldherr 
bewiesen --, so war die Strafe, die ihn traf, eine unverhältnismäßig 
harte. Napoleon ließ ihn seine Oberhoheit auf das empfindlichste 
fühlen. Seinen Ministern wurde mitgeteilt, daß sie "sich in erster Linie 
dem Kaiser gegenüber verantwortlich fühlen müßten"; Graf Reinhard, 
der Vermittler dieser Nebenregierung, wurde angehalten, "nach Paris 
zu melden, was in den westfälischen Küchen vor sich geht", obwohl 
Jerome sich dieses System der Spionage entrüstet verbeten und ihm 
erklärt hatte: "Alles, was mein Bruder wissen will, kann er von mir 
selbst erfahren."[25] Und wie der Kaiser durch brutale Zurücksetzung 
des Königs Stolz verletzte, so verletzten die französischen Truppen die 
Sicherheit des Königreichs. "Seit meiner Thronbesteigung fahren die 
französischen Offiziere, Soldaten, Reisende und Kuriere fort, sich in 
meinen Staaten ebenso feindselig gegen die Bewohner zu benehmen, 
als zur Zeit des Krieges gegen sie. Sie haben es in einem Königreich, 
das mit Frankreich eng verbunden und ihm vollkommen ergeben ist, an 
jeder Rücksicht und an allem schuldigen Respekt fehlen lassen," 
schrieb Jerome an den Marschall Berthier.[26] Seine Bitte um strengere 
Vorschriften für das Benehmen der Truppen hatten keinen Erfolg, sie 
riefen nur neue, unbegreifliche Rücksichtslosigkeiten hervor. Ohne 
irgendwelche offizielle oder inoffizielle Mitteilung, -- Jerome erfuhr 
gesprächsweise davon --, erschienen auf Napoleons Befehl zur 
Festsetzung der einzelnen Stationen der Demarkationslinie gegen die 
englische Einfuhr französische Zollbeamte in Westfalen und traten wie
die Herren auf.[27] Plünderungen und Diebstähle, die auf ihre 
Rechnung geschoben wurden, kamen vor und reizten die Wut des 
Volkes aufs äußerste. Jerome wollte sich zuerst mit allen Mitteln 
widersetzen. "Ich ignoriere," schrieb er nach Paris, "durch welche 
Befehle fremde Zollbeamte sich erlauben, sich bei mir festzusetzen. 
Werden solche Vorkommnisse geduldet, so gibt es hier weder einen 
König noch ein Königreich. Es kann doch unmöglich den Intentionen 
des Kaisers entsprechen, daß ein Souverän in seinem eigenen Lande 
solchen Übergriffen ausgesetzt ist." Zu Reinhard, dem er von seiner 
Absicht, abzudanken, sprach, sagte er: "Ich bin sowieso nicht auf 
Rosen gebettet, und ich kann nicht zugeben, daß durch solche, das 
Land ruinierende Maßregeln das Volk mir vollends entfremdet 
wird."[28] 
Seine Energie schien nicht ohne Eindruck zu bleiben. Die 
Vergrößerung seines Reichs durch Hannover bis zur Küste der Nordsee 
wurde ihm in Aussicht gestellt und damit die Beseitigung    
    
		
	
	
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