die eines besonders aufgeweckten Babys, 
aufrechte soldatische Haltung und eine energische Art; er besitzt volle 
Geistesgegenwart trotz seiner verzweifelten Lage, die er sogar mit 
einem Anflug von Humor betrachtet, ohne jedoch im geringsten damit 
spielen zu wollen oder eine Rettungsmöglichkeit außer Acht zu 
lasten.--Er überlegt, was er von Raina zu erwarten haben mag, schätzt 
ihr Alter, ihre gesellschaftliche Stellung ab, ihren Charakter, den Grad 
ihrer Furcht, alles mit einem Blick, und fährt höflicher, aber immer 
äußerst entschlossen fort]: Entschuldigen Sie, daß ich Sie störe, aber 
Sie erkennen wahrscheinlich meine Uniform, ich bin Serbe! Wenn ich 
gefangen werde, wird man mich töten. [Drohend]: Begreifen Sie das?
Raina: Ja. 
Der Flüchtling: Nun, ich habe keine Lust zu sterben, solange ich es 
verhindern kann. [Noch fürchterlicher]: Begreifen Sie das? [Er 
verschließt die Tür mit einem kurzen Schnappen des Schlosses.] 
Raina [verachtungsvoll]: Es scheint, Sie haben keine. [Sie richtet sich 
stolz auf und blickt ihm gerade ins Gesicht, während sie mit scharfer 
Betonung spricht]: Es gibt Soldaten, die den Tod fürchten, das weiß 
ich. 
Der Flüchtling [mit Galgenhumor]: Alle fürchten ihn, verehrte Dame, 
alle, glauben Sie mir. Es ist unsere Pflicht, so lange zu leben, wie wir 
nur können, und wenn Sie Lärm schlagen-Raina [ihn unterbrechend]: 
Dann werden Sie mich erschießen! Aber woher wissen Sie, daß ich den 
Tod fürchte? 
Der Flüchtling [schlau]: Und wenn ich Sie nicht erschieße, was wird 
dann geschehen? Eine Rotte Ihrer Kavallerie--das elendeste Gesindel 
Ihrer Armee--wird in dieses Ihr hübsches Zimmer einbrechen und mich 
wie ein Schwein abschlachten. Denn ich werde mich wehren und 
fechten wie ein Teufel. Sie sollen mich nicht auf die Straße bekommen 
und sich an mir belustigen; ich weiß, wozu sie imstande sind. Sind Sie 
bereit, in Ihrer augenblicklichen Verfassung, in dieser Toilette, eine 
solche Gesellschaft zu empfangen? 
[Raina besinnt sich in dem Moment auf ihr Nachtgewand, schreckt 
instinktiv zusammen und zieht es enger um den Leib. Er beobachtet sie 
und fügt ohne Erbarmen hinzu]: Kaum präsentabel, was? [Sie geht nach 
der Ottomane, er richtet augenblicklich seine Pistole auf sie und ruft]: 
Halt! [Sie bleibt stehen.] Wohin wollen Sie? Raina [mit würdevoller 
Geduld]: Ich will nur meinen Mantel holen. Der Flüchtling [geht rasch 
nach der Ottomane und reißt den Pelz an sich]: Ein guter Gedanke. 
Nein, den Mantel behalte ich; dann werden Sie dafür sorgen, daß 
niemand hier eindringt und Sie so sieht. Das ist eine bessere Waffe als 
mein Revolver. [Er wirft den Revolver auf die Ottomane.] 
Raina [empört]: Es ist nicht die Waffe eines Gentleman! 
Der Flüchtling: Gut genug für einen Mann, wenn zwischen ihm und 
dem Tod nur Sie stehen. [Während sie einander nun einen Augenblick 
stumm betrachten, in welchem Raina kaum zu glauben vermag, daß 
selbst ein serbischer Offizier so zynisch und selbstsüchtig und 
unritterlich sein könne, werden sie durch ein scharfes Gewehrfeuer in
der Straße aufgeschreckt. Furchtbare Todesangst läßt den Flüchtling 
seine Stimme dämpfen, als er hinzufügt]: Hören Sie? Wenn Sie diese 
Halunken schon hereinlassen und auf mich hetzen wollen, so werden 
Sie sie wenigstens empfangen, so wie Sie da sind. [Raina begegnet 
seinen Blicken mit unerschrockener Verachtung. Plötzlich fährt er 
horchend auf; man hört Schritte von außen, jemand drückt auf die 
Klinke und klopft dann hastig und dringend. Raina sieht den Flüchtling 
atemlos an, er wirft entschlossen den Kopf zurück, mit der Bewegung 
eines Menschen, der nun weiß, daß er verloren ist, und indem er sein 
Benehmen, das Raina einschüchtern sollte, aufgibt, wirft er ihr den 
Mantel zu und ruft aufrichtig und artig]: Es ist umsonst, ich bin 
verloren! Schnell, hüllen Sie sich in den Mantel, sie kommen! 
Raina [fängt den Mantel hastig auf]: Oh--ich danke! [Sie wirft den 
Mantel sehr erleichtert um, er zieht seinen Degen und wendet sich nach 
der Tür und wartet.] 
Louka [von außen klopfend]: Gnädiges Fräulein! gnädiges Fräulein! 
Stehen Sie schnell auf und öffnen Sie die Tür! 
Raina [ängstlich]: Was wollen Sie tun? 
Der Flüchtling [grimmig]: Das ist jetzt einerlei, gehen Sie nur aus dem 
Weg, es wird nicht lange dauern. 
Raina [impulsiv]: Ich will Ihnen helfen! Verstecken Sie sich, oh, 
verstecken Sie sich, schnell hinter diesen Vorhang. [Sie faßt ihn bei 
einem zerrissenen Zipfel seines Ärmels und zieht ihn nach dem 
Fenster.] 
Der Flüchtling [ihr nachgehend]: Es ist noch ein Funken Hoffnung 
vorhanden, wenn Sie Ihre Geistesgegenwart bewahren. Merken Sie sich: 
von zehn Soldaten sind neun geborene Dummköpfe. [Er versteckt sich 
hinter dem Vorhang, sieht aber noch einmal heraus und sagt:] Wenn sie 
mich dennoch finden, so verspreche ich Ihnen einen Teufelskampf. [Er 
verschwindet. Raina nimmt den Mantel ab und wirft ihn an das 
Fußende des Bettes, dann öffnet sie mit schläfrigem, verstörtem Wesen 
die Tür. Louka tritt aufgeregt ein.] 
Louka. Ein Mann wurde gesehen, wie er die Dachrinne zu Ihrem 
Balkon hinaufgeklettert ist, ein Serbe. Die Soldaten wollen ihm 
nachsetzen und sind so wild und betrunken und wütend. Die Gnädige 
läßt sagen, Sie möchten    
    
		
	
	
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