von den Gemälden, Bildern, 
ausgelegten Schränken, Bronzen und sonstigen kostbaren Kunstsachen. 
Die Portièren und Gardinen waren meistens aus geblümtem 
chinesischem Seidenstoff gefertigt, und kein Tisch, kein Stuhl befand 
sich in der Sendung, der nicht hätte als ein Musterstück gelten können. 
Aber--und das erfüllte den Handwerksmeister mit gerechtem 
Erstaunen--fast nichts war heil und ganz, mit Ausnahme der ohne 
Zweifel dem Gebrauch des Grafen dienenden Möbel. Eine solche 
Beschädigung konnte nicht durch den Umzug entstanden sein, sie war 
sicher das Ergebnis einer grenzenlosen Unordnung und
Vernachlässigung. 
Auf geschehene Meldung und Anfrage erfolgte keine Antwort, wohl 
aber erschien nach einigen Tagen der Haushofmeister, ein hagerer, 
ernst dreinblickender Mann, der erklärte, daß die gräfliche Familie ihm 
auf dem Fuße folge und jetzt keine Zeit mehr für Reparaturen 
vorhanden sei. Diese müßten später vorgenommen werden. 
An einem Maitage des Jahres 1867 traf die Familie ein. In ihrem 
Gefolge befand sich eine große Dienerschaft und neben zahlreichen 
edlen Pferden, auch ein paar herrliche Hunde, die beim Abladen der 
schier unzähligen Koffer einen gewaltigen Lärm anstimmten und von 
der graziösen Frau, die mit sechs schlanken Kindern dem Wagen 
entstieg, wie nach langer Trennung gehätschelt und geliebkost wurden. 
Sie vergaß darüber das Haus und den Eintritt, bis sie die Augen 
aufschlug und bei dem Anblick der Villa und des Parkes ihrer frohen 
Überraschung in lebhafter Weise Ausdruck verlieh. Dabei redete sie 
auch ihre Dienerschaft an und ermunterte diese, in ihre Bewunderung 
einzustimmen. 
Währenddessen war der Rittmeister in das Haus getreten und rief aus 
einem Fenster des Hochparterre ungeduldig und streng: 
"Ange, komm nun doch und kümmere Dich um die Kinder!" 
Etwas Eigenartigeres als diese konnte man nicht sehen. Eins war 
schöner als das andere. Alle waren blond, aber das Haar hatte jenen 
goldig schimmernden Anhauch und die Körperhaut jene 
unnachahmliche Farbe, welche wir an den Menschen des Nordens im 
Gegensatz zu den Bewohnern des Südens bewundern. Wie schon ein 
Sonnenstrahl seine Spuren auf dem Milchweiß der Blonden zurückläßt, 
so flammt auch sichtbarer, und durch den rosenfarbenen Schimmer 
reizvoller, das Blut durch die Wangen dieser von der Natur 
bevorzugten Geschöpfe. 
Wenn Mutter und Kinder beisammen standen, konnte man sie für 
Geschwister halten. Frau von Clairefort glich einem 
menschgewordenen Engel; sie trug mit Recht ihren Namen. Und sie
ging auch mit ihren Kindern um, als sei sie selbst noch ein 
unselbständiges Wesen. Sie blickte sie erstaunt und in ein plötzliches 
lächeln ausbrechend an, sie tummele sich mit ihnen und lag spielend 
auf dem Teppich, auf welchem auch die Hunde umhersprangen. Fehlte 
dies oder das, so riß sie wohl ein Tüchelchen von ihrem vornehm 
gebauten Hals, statt das fehlende Garderobestück herbeizuholen; und 
wenn die Kinder sie küßten und um Freiheit bettelten, statt nach der 
Anweisung der Gouvernante an die Schularbeiten zu gehen, lief sie gar 
mit ihnen fort und versteckte sich und jene vor den drohenden 
Stirnfalten der Erzieherin. 
Morgens ruhte sie mit der ganzen herbeigeeilten Schar in einem 
spitzenbedeckten Bett und ließ sich umhalsen und hätscheln. Es war, 
als ob der eben erwachte Frühling seine Kinder um sich versammelt 
habe. Was so bezaubernd wirkte, war der naive, unbewußte Liebreiz 
aller dieser zartgearteten Menschen, und doch war die Gräfin Ange so 
stählern abgehärtet, ward so wenig beeinflußt von jedweder 
Anstrengung, daß sie den Schlaf fast wie eine überflüssige Gewohnheit 
an sich herantreten ließ. 
Wo sie erschien, ward alles hell, denn ihr süßes Gesicht, ihre klugen 
Augen, ihre anmutigen Gebärden, ihr silberhelles Lachen und ihre 
durch keine Künstelei beeinflußte lebhafte Fröhlichkeit riß die 
Umgebung fort. Und doch war's niemals eine närrische Laune, von der 
sie sich leiten ließ, und ihr nicht erst durch Grübeln geweckter Verstand 
kleidete jeden Gedanken in eine graziöse Form. Ihr Ernst war so 
tiefsinnig und ihr Urteil über Menschen und Dinge oft so zutreffend, 
daß man es nicht für möglich hielt, dieselbe Frau habe eben mit 
kindlich-hilfloser Naivetät die tausend Unarten ihrer kleinen Schar 
ertragen, sich zuletzt machtlos in einen Winkel vergraben und bitterlich 
ausgeweint. 
"Bitte, bitte, sei artig, Carlitos," flehte sie, und trotzig warf Carlitos den 
stolzen Kopf in den Nacken und beging dieselbe Unart. Aber zornig 
gegen ihre Engelschar konnte sie überhaupt nicht werden, viel weniger 
hatte sich ihre Hand jemals zum Schlage gegen diese erhoben, obgleich 
Ange mit ihrem starken, gestählten Handgelenk das wildeste Pferd zu
zähmen imstande war. Reiten und Fahren war Ange Claireforts 
Leidenschaft. Sie hatte den edelsten Renner im Stall, und nicht minder 
zärtlich klopfte sie den Hals von "Blitz", ihrem Lieblingspferd, als die 
schlanken Glieder ihrer beiden Windhunde.-- 
Carlitos, der Älteste, war ein wilder, schlanker Bursche mit vielen 
impertinenten Sommersprossen auf der feingeschnittenen Nase und mit 
dunklem, gleichsam boshaft leuchtendem Haar in rotem Schimmer. 
Dann kamen Zwillinge, zwei Mädchen von einer solchen sanften 
Schönheit und so mädchenhaft in der Erscheinung, daß die Menschen 
auf der Gasse stillstanden, um ihnen nachzuschauen. 
Diesen folgten wieder zwei Knaben. Sie hatten lange, in der Mitte 
gescheitelte goldblonde Haare,    
    
		
	
	
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