Eine vornehme Frau

Hermann Heiberg
Eine vornehme Frau, by
Hermann Heiberg

The Project Gutenberg EBook of Eine vornehme Frau, by Hermann
Heiberg This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and
with almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away
or re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included
with this eBook or online at www.gutenberg.net
Title: Eine vornehme Frau
Author: Hermann Heiberg
Release Date: April 22, 2004 [EBook #12113]
Language: german
Character set encoding: ISO-8859-1
*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK EINE
VORNEHME FRAU ***

Produced by Charles Franks and the PG Distributed Proofreaders Team

Eine vornehme Frau.
von
Hermann Heiberg.

1886

Seiner theuren Mutter,
Asta, geb. Gräfin von Baudissin
gewidmet.

Große, kleine Städte!
Wir sind in einer mittleren Stadt von kaum zwanzigtausend
Einwohnern, immer noch winzig genug, daß alles, was nicht diente,
hämmerte oder ackerte, eine große Familie bildete, in der man sich
kannte und sich miteinander befaßte.
Und doch trennte sich die gebildete Gesellschaft in verschiedene
Klassen: und wie stets und überall hielt die eine sich aus besserem Teig
gebacken als die andere.
Als der Krieg von 1866 beendet war, empfing die nunmehr preußische
Stadt eine Garnison; es wurden, neben Infanterie, einige Schwadronen
Husaren nach C. verlegt. Aber die Offiziersfamilien sonderten sich,
zumal da sie noch Fremdlinge waren, gänzlich ab, und nur zu den
höheren Beamten und dem Adel nahmen sie diejenige Fühlung, welche
ihnen gleichsam vorgeschrieben war. Im übrigen konnte die
Bürgerschaft mit der stehenden Einquartierung wohl zufrieden sein,
denn unter den Husaren befanden sich wohlhabende, sogar reiche Leute,
welche das Geld nicht in die Schublade versteckten.
Die neuen Verhältnisse waren dem Städtchen günstig. Der
Geschäftsgeist regte sich, und besonders die Bautätigkeit erwachte. Die
Bürger verdienten Geld und fanden sich rascher in die neuen Dinge, als
man erwartet hatte.
Und so verging die Zeit mit ihrem Wechsel, und so lebte die

Einwohnerschaft mit ihrem Spott, ihrer Neugierde und ihrem Gerede
über ihre Nebenmenschen wie allerorten in dieser unvollkommenen
Welt.
Eines Tages ward die Stadt C. durch eine Annonce überrascht, welche
sich in dem täglich erscheinenden Blättchen, scharf umrändert und groß
gedruckt, auf der letzten Seite befand: "Gesucht sofort eine große
Wohnung von zwölf bis fünfzehn Zimmern mit Stallung und
Nebengelassen. Eventuell wird auf ein ganzes Haus reflektiert. Man
beliebe sich--" u.s.w.
Die Neugierde, welche sich zunächst an den Stammtischen der
Ressourcen kundgab, ward nicht sogleich befriedigt. Selbst der
Redakteur der C.schen Zeitung wußte keine Auskunft zu geben.
Endlich lösten sich die Zweifel. Einer der Husarenoffiziere war vor
einiger Zeit versetzt worden, und in dem Wohnungssuchenden
entdeckte man den neuen Rittmeister.
Zu gleicher Zeit verbreiteten sich allerlei Gerüchte über die
Ankömmlinge, welche geeignet waren, die Gemüter zu beschäftigen.
Von ihm wurde behauptet, daß er zwar ein vollendeter Kavalier und ein
gerechter Vorgesetzter sei, aber von einer so finsteren Schwermut
beherrscht werde, daß er den Umgang mit Menschen ängstlich meide,
während man ihr neben großer frappanter Schönheit Verschwendungs-
und Vergnügungssucht, ja sogar einen leichtfertigen Lebenswandel
nachsagte. Erhebliche Erbschaften sollten schon durch ihre Finger
geglitten sein, und es ward als ein Glück bezeichnet, daß sich der
übrigens große Reichtum des Grafen auf unantastbare
Fideikommißkapitalien stütze. Die Frau Gräfin gliche, hieß es, einer
heißbrennenden Sonne, vor welcher der eisigste und umfangreichste
Goldhügel zerschmelzen müsse.
In jedem Fall war man sehr gespannt auf die neue Bekanntschaft, und
in Offizierskreisen ward eifrig überlegt, welche Stellung man zu einer
Frau einnehmen solle, der ein solcher Ruf voranging.
Sehr angenehm ward von diesem Wechsel ein Bauunternehmer berührt,
der eine von einem parkähnlichen Garten umschlossene große Villa

gleich vor der Stadt besaß und nun um einen hohen Preis einem Mieter
fand. Der Graf ließ sich Zeichnungen und genaue Beschreibungen
einsenden und bewilligte eine ganz erhebliche Summe zur
Verschönerung der inneren, ursprünglich für einfachere Ansprüche
berechneten Räume.
So wurden beispielsweise sämtliche Gesellschaftszimmer in mattgrüner
und blauer Seide tapeziert, und das ganze Haus erhielt einen genau im
Muster übereinstimmenden, hellen Teppich in Flur und sämtlichen
Gemächern. Aber auch sonst wurden Veränderungen getroffen, welche
das Besitztum zu einem fast fürstlichen Aufenthalt umwandelten. Die
Thüren mußten ebenholzdunkel gemalt und mit Arabesken in Gold
versehen werden. Die Öfen wichen zum Teil Kaminen aus schwarzem
oder rotem Marmor, und die Außenwände der Villa wurden durch eine
zartgraue Ölfarbe verschönt, wodurch sich das "Schlößchen" reizend
von den umgebenden grünen Bäumen abhob.
Geradezu Bewunderung erregten aber die Pferdeställe. Es erschien zum
Zweck ihres Ausbaues ein Lieferant aus Berlin, der rasch alles ausmaß
und in kürzester Zeit das Innere derartigen Veränderungen unterwarf,
daß die Einwohner von C., und unter ihnen besonders alle Sportfreunde,
neugierig herbeigeeilt kamen, um diesen Musterstall in Marmor,
Mahagoni und Gußeisen in Augenschein zu nehmen. Es hieß, die ganze
Einrichtung sei auf einer der letzten Weltausstellungen prämiiert
worden. Und dann trafen endlich auch die Möbel und sonstigen
Einrichtungsgegenstände ein.
Der Tapezierer berichtete Wunderdinge
Continue reading on your phone by scaning this QR Code

 / 78
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.