zeigt sich die Plastik in Mittel- und Oberitalien. In Mittelitalien, in 
Rom wie in Toskana in eigener Weise, bilden die zahlreichen Überreste 
spätrömischer und etrurischer Plastik den Anhalt für die ersten 
unbeholfenen Versuche in der eigenen Kunstübung. Am 
selbständigsten und bedeutsamsten entwickelt sich die plastische Kunst 
von vornherein in der Lombardei, zuerst in Mailand und Verona, dann 
namentlich in Parma und Modena; lombardische Steinmetzen und 
Bildhauer verbreiten sich weiter über Ober- und Mittelitalien und 
tragen auch hier zu einer freieren, selbständigen Entwickelung der 
Plastik wesentlich bei. 
[Abbildung: 454. Elfenbeinrelief der Kreuzigung.] 
Süditalien war als Bestandteil des oströmischen Kaiserreichs auch in 
künstlerischer Beziehung von Byzanz abhängig geblieben und diese 
Abhängigkeit bekundete sich auch noch, nachdem ganz Sicilien in die 
Hände der Araber fiel und Ende des XI. Jahrh. Süditalien samt Sicilien 
von den Normannen erobert wurde. Der bildnerische Schmuck der 
kirchlichen Monumente hat entweder rein ornamentalen Charakter oder 
die Bildwerke tragen auch im Großen den Stil der Kleinkunst. Dies gilt 
namentlich für die Bronzethüren, welche aus einer Reihe kleiner 
Platten mit winzigen figürlichen Darstellungen zusammengesetzt sind. 
Diese wurden anfangs in einer Art Niellotechnik hergestellt, später, seit 
der Mitte des XII. Jahrh. in einzelnen Platten mit Reliefs gegossen. Sie 
erscheinen im Stil von den Elfenbeinreliefs abhängig; erstere sind 
durchweg byzantinische Arbeiten, letztere wurden meist schon von 
Italienern ausgeführt, bekunden aber noch stark byzantinischen Einfluß. 
Unter diesem Einfluß entwickelte sich Ende des XI. und im XII. Jahrh. 
eine regere und in ihrer Art recht tüchtige Kleinplastik mit lebendig 
erzählendem, wenn auch kindlich naivem Charakter; zumeist in 
Elfenbein, worin der bekannte Altarvorsatz im Dom von Salerno das
Hauptstück ist; vereinzelt auch in Stein, wie in den zierlich gearbeiteten 
Marmortafeln im Dom zu Neapel, die durchaus im Stil der 
Elfenbeinreliefs behandelt sind. Die Berliner Sammlung besitzt 
verschiedene Elfenbeinreliefs, die denen in Salerno nahe verwandt sind 
(No. 436, 453 u. 454) und offenbar den gleichen Ursprung haben; und 
für jene Marmorreliefs erscheinen die Darstellungen aus der Schöpfung 
auf einer Elfenbeintafel der Sammlung (No. 455) wie die unbeholfenen, 
altertümlichen Vorbilder. 
[Abbildung: 28. Büste einer süditalienischen Fürstin.] 
In der kurzen Zeit des Friedens und äußeren Gedeihens der 
süditalienischen Provinzen unter der Herrschaft Friedrichs II. brachten 
die Cosmaten aus Rom ein neues Element in die Dekoration. Aus 
dergleichen Zeit oder wenig später sind aber auch einige Stücke großer 
Plastik erhalten: verschiedene Porträtbüsten, die sich bisher schwer in 
Zusammenhang mit der übrigen Entwickelung der Plastik in Süditalien 
bringen ließen. Zwar scheinen die Büsten im Museum zu Capua 
vielmehr Arbeiten aus der letzten Verfallzeit römischer Kunst zu sein; 
aber es bleiben als zweifellose Arbeiten dieser Zeit ein paar 
Frauenbüsten, die der Sigilgaïta Rufolo an der Kanzel im Dom zu 
Ravello und zwei verwandte, aber flüchtiger behandelte Reliefköpfe an 
derselben Kanzel (vom Jahre 1272), sowie die aus der unmittelbaren 
Nachbarschaft von Ravello stammende Büste einer jungen Fürstin in 
Berlin (No. 28). Beide Büsten, obgleich unter sich nicht unwesentlich 
verschieden, stimmen in dem Streben nach möglichstem Anschluß an 
spätrömische Arbeiten, selbst in der technischen Behandlung überein. 
Bei der Vereinzelung dieser Bildwerke liegt es näher, dieselben auf 
Einflüsse der Kunst der Pisaner Meister (s. S. 16) zurückzuführen, als 
umgekehrt daraus auf Süditalien als die Heimat der Kunst des Niccolo 
Pisano zu schließen. Wie roh die große Plastik in Süditalien damals 
noch war, dafür giebt die Statue Karls von Anjou, die jetzt an der 
Treppe des Conservatorenpalastes zu Rom steht, augenfälligen Beweis. 
In Venedig und seiner Umgebung finden wir gleichzeitig eine der 
süditalienischen verwandte Entwickelung der Plastik: auch hier 
verhindert der byzantinische Einfluß eine freie eigenartige Gestaltung;
auch hier sind noch lange Zeit byzantinische Künstler hervorragend 
thätig und liefern auch später durch ihre Arbeiten die Vorbilder für die 
flüchtigen Nachbildungen der einheimischen Künstler. Mehr noch als 
in Süditalien bleibt in Venedig der bildnerische Schmuck auf 
ornamentale Verzierungen beschränkt, die mit Tierdarstellungen in 
phantastischer Weise verquickt sind. Ein charakteristisches Zeichen für 
die Scheu vor freier Skulptur ist der Umstand, daß noch um die Mitte 
des XIII. Jahrh. für die Monumente der Dogen antike Sarkophage 
benutzt wurden. Wo uns an den Bauten dieser Zeit plastischer Schmuck 
begegnet, ist er entweder aus dem Orient herübergeholt oder 
orientalischen Vorbildern nachgeahmt. Ausnahmen, wie die Säulen des 
Tabernakels in San Marco, (wenn nicht zum Teil früh-christlich), 
bestätigen nur die Regel: sie sind ganz nach Art der 
Elfenbeinschnitzwerke und der Goldschmiedearbeiten eingeteilt und 
mit ganz kleinen Reliefdarstellungen wie übersponnen, Arbeiten, die in 
ihrer sauberen, ängstlichen Ausführung jeden größeren bildnerischen 
Sinn vermissen lassen. Das Berliner Museum besitzt eine ganze 
Sammlung charakteristischer venezianischer Dekorationsstücke, wie 
sie noch heute das Äußere und Innere der romanischen Kirchen und die 
Fassaden der gleichzeitigen Paläste Venedigs und der Nachbarorte auf 
den Inseln in reicher musivischer Anordnung bedecken. (No. 11ff.). 
Noch ausschließlicher als in Süditalien und Venedig bleibt in Rom die 
Thätigkeit der Bildhauer auf rein dekorative Arbeiten beschränkt; ja 
diese verzichtet selbst auf eigentlich plastische Ornamentik und bildet 
dafür ein    
    
		
	
	
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