besten Beispiele altchristlicher Elfenbeinplastik. Die 
Ausartung derselben in flüchtige Roheit zeigt das Bruchstück einer 
anderen Pyxis (No. 430) mit einer Darstellung des kleinen Joseph 
zwischen seinen Brüdern, die wohl erst dem VI. Jahrh. angehört. Für 
den Einfluß, den die allmählich aus der Antike sich eigenartig 
entwickelnde byzantinische Kunst schon damals von Ravenna aus auf 
einzelne Teile von Italien ausübte, ist das große Diptychon mit dem 
thronenden Christus zwischen Petrus und Paulus und mit Maria 
zwischen zwei Engeln (No. 428 und 429) ein besonders 
charakteristisches, vorzügliches Beispiel. Die Arbeit stimmt mit den 
Elfenbeinreliefs am Throne des Maximian ({~DAGGER~} 556) in 
Ravenna überein und darf daher als gleichzeitige Arbeit eines Künstlers 
in Ravenna gelten. 
 
Die romanische Epoche (um 600 bis 1250).
[Abbildung: 4. Sarkophag aus Venedig.] 
Nach den furchtbaren Verheerungen und Plagen, mit welchen Italien 
seit der Zertrümmerung des weströmischen Reiches in verstärktem 
Maße heimgesucht wurde, war die Begründung des 
Longobardenreiches eine erste, wenn auch nur schwache und kurze 
Erholung für das verwüstete, menschenleere Land. In solchen Nöten 
hatten die Künste keine Pflege finden können, waren selbst die Keime 
erstickt, aus denen sich Neues hätte entwickeln können. Aber auch 
nach der Aufrichtung des Longobardenreiches verging fast ein halbes 
Jahrtausend unter fortwährendem politischen Elend, bis in Italien der 
Boden für eine nationale Kunstentwickelung wieder bestellt war. 
Freilich war das Bedürfnis zu künstlerischer Ausgestaltung und 
Ausschmückung der Umgebung, namentlich der Gotteshäuser, selbst in 
dieser kunstarmen, unkünstlerischen Zeit nicht erloschen; und wo 
höhere Anforderungen gestellt wurden, mußte man sich an das Ausland 
wenden. Schon die ersten unter den Longobardenkönigen zogen daher 
byzantinische Künstler an ihren Hof, und später sehen wir wiederholt in 
den verschiedensten Teilen von Italien, namentlich in Venedig und 
Süditalien, byzantinische Künstler eine hervorragende Thätigkeit 
entfalten. Regelmäßig wiederholt sich dabei dieselbe Erscheinung: die 
Vorbilder, welche diese fremden Künstler schufen, wurden barbarisch 
nachgeahmt, ohne daß sich daran eine eigenartige lebensfähige 
Kunstthätigkeit anzuschließen im Stande war. 
Besonders tief ist in diesem langen Zeitraume der Stand der 
bildnerischen Kunst. Hier wirkte noch der Umstand sehr ungünstig ein, 
daß die der figürlichen Plastik abholden Byzantiner fast nur nach der 
ornamentalen Seite Vorbilder lieferten. Diese byzantinische und 
byzantinisierende Dekorationsweise trägt den Charakter einer 
teppichartigen Flächendekoration, welche Wandfüllungen, Ballustraden, 
Kapitelle u. s. f. vollständig bedeckt. Gewinde von Weintrauben oder 
Epheu, Akanthusblätter und Akanthusranken umgeben Krucifixe, 
Rosetten oder Tiere mit symbolischer Beziehung, oder bilden den 
Grund, auf dem sich dieselben abheben. Auch das aus dem Norden 
Europa's stammende Bandgewinde, phantastisch und oft sehr zierlich 
verschlungen, hat sich hier eingefunden. Wo diese Ornamente rein und
gut gearbeitet sind, dürfen wir, nach dem Vergleich mit erhaltenen 
Arbeiten im Gebiete des alten byzantinischen Reiches, auf die Hand 
von byzantinischen Künstlern schließen. Besonders reiche und gute 
Beispiele der Art bieten Rom, Brescia und namentlich Venedig und 
Torcello. Von letzteren besitzt auch die Berliner Sammlung, aus der 
1841 erworbenen Sammlung Pajaro, eine Anzahl interessanter Stücke, 
welche teils noch von dem alten Markusdom (aus dem Jahre 829, so 
das Fenster No. 2 und die Muscheldekoration No. 6), teils von dem 
Umbau nach einem Brande im Jahre 976 herrühren; von letzterem ein 
Paar Kapitelle (No. 8 und 9) u. a. m. Die Pfauen am Brunnen (No. 7) 
aus frühester byzantinischer Zeit. Auch die seltenen feineren Arbeiten 
der kleinen Plastik: Altarvorsätze in edlen Metallen, Elfenbeinarbeiten, 
namentlich die Kästchen mit Einzelfiguren von Kämpfern u. dergl., 
sind regelmäßig Arbeiten byzantinischer Künstler, die im IX. und X. 
Jahrh. in Italien beschäftigt waren. 
Weit zahlreicher und über ganz Italien zerstreut sind die italienischen 
Nachbildungen solcher byzantinischer Vorbilder in Stein, die durch den 
Mangel an Originalität der Erfindung und an dekorativem Sinn, wie 
durch auffallende Roheit der Ausführung sich unschwer als Arbeiten 
einheimischer Steinmetzen kennzeichnen. Neben Venedig und seinen 
Nachbarorten sind Cividale, Ancona, Rom mit Bauten, an denen 
dekorative Bildwerke dieser Art ursprünglich oder von älteren 
Monumenten angebracht sind, besonders reich; sie finden sich aber 
auch bis nach Sicilien hinein. Das Berliner Museum hat von solchen 
Arbeiten namentlich ein Paar interessanter Sarkophage (No. 3 und 4) 
und einen Thürbogen (No. 5) aufzuweisen, die dem VIII. und IX. Jahrh. 
anzugehören scheinen. 
Erst im XI. Jahrh. beginnt langsam aber stetig und fast gleichzeitig in 
verschiedenen Teilen Italiens eine nationale Kunst wieder einzusetzen; 
zunächst in der Architektur, welche allmählich auch die Plastik zu ihrer 
Beihülfe heranzieht. Dieselbe erstarkt während des XII. Jahrh. im 
gesunden Anschluß an die Baukunst und gelangt um die Mitte des XIII. 
Jahrh. zu einer selbständigen künstlerischen Entfaltung. Für den 
Verlauf dieser Entwickelung in den einzelnen Teilen Italiens ist 
namentlich der verschiedene Einfluß maßgebend, der von außen auf die
bildnerische Thätigkeit einwirkt. In Venedig und seiner Nachbarschaft 
bleiben für lange Zeit noch die Vorbilder der byzantinischen Bildwerke 
der Ausgangspunkt für die einheimische Plastik. In Süditalien und 
Sicilien sind gleichfalls byzantinische Künstler noch bis in das XII. 
Jahrh. thätig; neben ihnen macht sich aber auch arabischer Einfluß in 
eigentümlicher Weise geltend. Unabhängiger von der östlichen Kunst    
    
		
	
	
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