zu kosten. Mit der Zeit, da keine neue St?rung kam, schien ihm wohl zu werden. Ein leichter Wind machte sich auf und trug den Schall einer fernen Mühle an der Etsch und das Ger?usch der Passer bis zu ihnen herauf, dann und wann auch einen Knall von den Schützen, die im Schie?stande drüben nach der Scheibe schossen. Die Zeit wurde ihnen nicht lang. Er n?tigte sie, von seinem Wein zu trinken, was sie bald wieder in die alte lustige Laune brachte. Auch die Heimlichkeit des schattigen Verstecks reizte ihren Mutwillen, und er, der einsilbig, aber nicht mehr unmutig, sie gew?hren lie?, verwandte kein Auge von ihr. Endlich setzte sie sich gar den schweren Saltnerhut auf, nahm den Spie? in die Hand und ging mit gro?en Schritten die Laubengasse hinauf und hinunter, mit der Linken die beiden Fuchsschw?nze unter dem Kinn zusammenhaltend, da? ihr Gesicht ganz davon eingerahmt war. Andree, sagte sie, mich sollten sie schon fürchten, mein' ich, und wenn die Mutter nicht w?r', k?m' ich alle Nacht zu dir und machte den Saltner, w?hrend du dich hinlegtest, ein paar Stunden zu schlafen. Ich wollt' die Spitzbuben, die Soldaten, schon in Respekt halten, gelt?
Der Jüngling lachte zum erstenmal. Als sie sah, da? sie das Eis seines Trübsinns gebrochen hatte, kam sie rasch zu ihm, setzte Hut und Hellebarde beiseit und sagte, dicht neben ihm im Grase kauernd: Nun schau, Andree, tausendmal hübscher bist du, wenn du auch einmal lachst wie andre Buben, als so alleweil Falten in die Stirn ziehst und dreinschaust wie unser Herr Christus am Kreuz. Bist du nicht ein junger, lebfrischer Bub und brauchst dich von niemand in den Sack stecken zu lassen? Mit der Mutter--ja, das ist freilich eine leide Geschicht', aber du hast doch keine Schuld daran, das wissen alle Leut', und um mich brauchst du dich auch nicht zu gr?men, ich komm' zu dir, sooft ich kann, und vor mir darf die Mutter kein b?s Wort auf dich sagen, wenn sie mich nicht zur Tür hinaustreiben will, das wei? sie wohl. Was hast also, da? du alleweil den Kopf h?ngst und mir selber so finstre Augen machst, als w?r' ich nicht deine liebe Schwester, sondern eine Feindin? Und wenn gar ein andrer Bub mir ein W?rtel sagt, so ist gleich Feuer im Dach. Sag, m?chtest du eine Nonne aus mir machen, oder da? ich bei der Mutter ihr Lebtag die Hennendirn abgeben und eine steinalte Jungfer werden soll?
Sie war ihm w?hrend dieser Worte zutraulich nahe gerückt und hatte den Arm leicht um seinen Nacken gelegt. Aber wie wenn ein Gespenst ihn angefa?t h?tte, fuhr er auf und schüttelte ihre Liebkosung ab. Seine Brust arbeitete schwer. La? mich, keuchte er heftig hervor, rühr mich nicht an, frag mich nichts, geh fort von mir, so weit du kannst, und komm nie wieder!
Er war aufgesprungen, als wollte er fliehen, aber er konnte sich nicht von der Stelle rühren. Er mu?te sie ansehen, wie sie, versteinert, im Grase kniete, die H?nde im Scho? gefaltet, mit einem Blick, der ihm ins Herz schnitt. Die Augen schienen gr??er geworden, der halbge?ffnete Mund in einem schmerzlichen Aufschrei erstarrt, die feinen Nasenflügel bebten. Es war nicht das erste Mal, da? dieses Gesicht ihn an dem Kinde entsetzte. Ja zuweilen mitten in ihrem Lachen, das überhaupt oft kindisch klang, ward sie von pl?tzlichem Schrecken überfallen und für eine Zeitlang wie von einem verst?renden Krampf entgeistert, der sich dann mehr oder minder heftig zu l?sen pflegte. Er selbst hatte sich bisher nicht vorzuwerfen, einen solchen Auftritt verursacht zu haben. Vielmehr rief man ihn, um den b?sen Geist zu bannen, und es pflegte ihm ohne Mühe zu gelingen. Als er sie aber jetzt in dieser atemlosen Ohnmacht knien sah, durch seine Schuld, war ihm einen Augenblick selbst die Besinnung gel?hmt.
Er schlug sich vor die Stirn und st?hnte tief auf. Dann bückte er sich zu ihr herab, fa?te ihre H?nde, die eiskalt geworden waren, und sah ihr dicht in die Augen. Ich bin's, Maria, sagte er inst?ndig; der Andree ist's; sieh mich an, h?re mich, verzeih mir, ich bin ein Rasender, aber es ist vorbei; la? auch du es gut sein und verzeih mir's, du wei?t nicht, wie mir ist, sonst h?ttest du Mitleiden.
Mit seinen hei?en H?nden drückte er die ihrigen, und ebenfalls niedergekniet, dicht ihr gegenüber, wartete er mit leidenschaftlicher Angst, da? das Leben in ihren Zügen wieder aufglimmen m?chte. Aber noch blieb die Starrheit m?chtig über ihr, keine Wimper zuckte, kaum fühlte er einen Hauch aus ihrem Munde gehen, und die weit offenen Augen schienen ihn durch und durch zu blicken wie leere Luft. Da setzten mit tiefem Klang die Glocken der Pfarrkirche ein zum Vespergel?ut und l?sten den Bann, langsam, aber wohlt?tig. Sie seufzte schwer aus der Brust, die Augenlider schlossen sich erst, dann, als sie sich wieder ?ffneten und die erwachende Seele

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