Zuchthausgeschichten von einem 
ehemaligen Züchtling 
 
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ehemaligen 
Züchtling, by Joseph M. Hägele This eBook is for the use of anyone 
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Title: Zuchthausgeschichten von einem ehemaligen Züchtling Zweiter 
Theil 
Author: Joseph M. Hägele 
Commentator: Alban Stolz 
Release Date: July 13, 2005 [EBook #16279] 
Language: German 
Character set encoding: ISO-8859-1 
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ZUCHTHAUSGESCHICHTEN *** 
 
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Zuchthausgeschichten 
von 
einem ehemaligen Züchtling 
* * * * * 
Mit einem Vorwort 
von 
#DR. ALBAN STOLZ# 
Professor an der Universität zu Freiburg. 
* * * * * 
#ZWEITER THEIL# 
* * * * * 
Münster, 1853. 
#Der Duckmäuser# 
Wir befinden uns im Krankensaale des Zuchthauses zu Freiburg. Es ist 
ein helles, freundliches, trauliches Gemach; die reinlichen Betten mit 
ihren Täfelchen oben an der Wand, die einfachen, doch stets blank 
gescheuerten Nachttische, der lange Tisch mitten in der Stube, dort an 
der Säule die Schwarzwälderuhr mit ihrem bunten Zifferblatte und 
schwerfälligem, regelmäßigen Picken, der große Kachelofen dort neben 
der Thüre, dessen gelb glasirte Kacheln mit dem mattgrünen 
Wandanstriche harmoniren, der Ordinationskasten mit seinen Flaschen, 
Gläsern, Schüsseln und Düten obendrauf, all dieses zusammen macht 
einen gemüthlichen, wohlthuenden Eindruck und das geschäftige Hin-
und Hereilen des Krankenwärters, das freundlich stille Benehmen des 
Aufsehers, das menschenfreundliche des Arztes und der Beamten bei 
ihren Besuchen lassen Einen schier vergessen, daß man ein 
Zuchthäusler, ein Gefangener sei und dies um so mehr, weil die Tracht 
der Sträflinge durch die langen weißen Röcke der Genesenden in 
Vergessenheit gebracht und der Lärm der Arbeitssäle nur von weitem 
zu hören ist. 
Dort an einem Fenster sitzt ein bleicher, hohläugiger Bursche, hüstelt 
zuweilen und schaut mit seinen großen Augen, aus welchen bereits der 
Lichtschimmer einer andern Welt leuchtet, schwermüthig und 
sehnsüchtig in die herrliche Landschaft hinaus. Das nahe Gebirge mit 
seinen bunten Wäldern, langen Kämmen und Felsenwänden, die Hügel 
mit ihren Kapellen, Schlössern, Höfen, Obstgärten, Weinbergen und 
wogenden Saatfeldern, das weite sonnige Rheinthal mit seinen 
blitzenden Quellen und Bächen, unübersehbaren Matten und Feldern, 
Alleen und kleinen Wäldchen, aus denen die Kirchthürme vieler Dörfer 
herüberwinken, im Hintergrunde eine lange im Duft verschwindende 
Waldlinie, weiter hinten eine Hügelkette voll Dörfern, gleichsam 
mitten in einem ungeheuern Garten stehend, vom dunkeln, den 
Gebirgszug abschließenden Walde umzäumt; zuletzt hinter diesem 
mächtigen Zaune das mächtige, wie eine dunkle Wolkenmasse in das 
gartenähnliche Rheinthal herüberstarrende Vogesen-Gebirge, auf 
welches sich das tiefe Blau des Himmelsdomes zu stützen scheint--all 
dieses gewährt einen Anblick, dessen entzückende Schönheit der 
roheste Sträfling tief empfindet, wenn er auch seine Empfindung 
niemals auszusprechen und noch weniger mit dem Messer des 
Verstandes anatomisch zu zergliedern versteht. 
Und wenn erst die leuchtende Königin des Tages hinabtaucht in einem 
Gluthmeere voll unaussprechlicher Farbe, ihre halbe Scheibe hinter den 
dunkeln Vogesen vollends versinkt, ihre letzten Strahlen aus hundert 
Fenstern und Quellen blitzen und zucken, das weite Rheinthal, die 
Höhen des Schwarzwaldes mit einem rosigen Verklärungsschimmer 
übergießen, der mehr und mehr, die Ebene dem Sohne der Nacht, dem 
Schatten überlassend die Höhen emporfließt, von den höchsten Gipfeln 
noch einen Scheideblick in das dämmernde Thal hinabwirft und dann
zum Himmel zurückkehrt--ach, man glaubt Gott über das Land 
schreiten zu sehen, in ein versinkendes Paradies hineinzuschauen! ... 
Im kranken Gefangenen wird der Verbrecher vergessen, wenn er nicht 
selbst daran erinnert, das Damoklesschwert der Hausordnung hängt 
minder drohend über seinem Haupte, an die Stelle unerbittlicher 
Beamten tritt der heilende Arzt. 
Der Gefangene nähert sich einigermaßen dem Zustande der Freiheit, 
die Krankenstube verbindet ihn durch die Aussicht in den Marktlärm 
des Stadtlebens mit der Gesellschaft, durch die Aussicht in die 
wunderliebliche Landschaft mit der Natur, durch beides mit Gott etwa? 
Selten! ... 
Alle Vortheile, aber auch alle Nachtheile der Krankenstuben 
ordentlicher Spitäler finden sich in diesem Saale des Zuchthauses 
vereiniget. 
Gegenwärtig liegen nur wenige Kranke in den Betten, mehrere sitzen 
auf dem Rande derselben oder auf einfachen Stühlen, andere am langen 
Tische, um Kaffeebohnen auszulesen oder Düten zu fabriziren. 
Mild und freundlich schaut die Sonne herein, der ergraute Aufseher 
macht ein Schläfchen, wer wollte es ihm verübeln? Tausende von 
Nächten hat er in einer langen Reihe von Jahren treulich durchwacht, 
schon seit zwölf Uhr Nachts ist er wieder auf den alten Beinen, die 
Natur überwältiget ihn, er mag immerhin duseln und träumen von einer 
bessern Besoldung! ... 
Mehrere Gestalten sind uns bekannt. 
Auf jenem Bette liegt halbaufgerichtet der Mordbrenner aus der Baar, 
stützt das Bulldoggengesicht in die schwielenharte Faust und starrt 
finster und trotzig durch die hellen Scheiben in    
    
		
	
	
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