Drum laß uns Freunde sein! (Er will sie umfassen.)
Edrita. Verwegener! Man rühmt die feinen Sitten deines Volks, Du
aber bist entartet und gemein. Was sahst du wohl an mir, was sprach,
was tat ich, Das dich zu solcher Dreistigkeit berechtigt? Und wenn
denn auch--
Leon. Mein Kind, wohl gar ein Tränchen? Hörst du? Das Köpfchen
hübsch zu mir gewandt! Ich bitte dich: verzeih! Bist nun zufrieden?
Edrita. Wohlan, ich bin's. Ich mag nicht gerne grollen. Auch nahm ich
es wohl minder schmerzlich auf, Ja, wies den Kühnen früher schon
zurück, Wenn du mir nicht gefielst, fürwahr gleich anfangs. Sie
sprechen viel von Euern fränk'schen Leuten, Von ihren Sitten, Künsten;
und der erste nun, Auf den ich stieß, so ungeschlacht und roh--
Leon. Verzeih! noch einmal, und: ich tu's nicht wieder. Wir haben
unsre Weise nun erkannt In Zukunft soll kein Zank uns mehr betrüben.
Edrita. In Zukunft? Ja, was nennst du Zukunft denn? Mein Bräutigam
ist hier, und morgen schon Gibt man ihm meine Hand drin in der Halle.
Dann noch zwei Tage höchstens oder drei, Und wir ziehn fort auf seine
ferne Hube.
Leon. So bist du Braut? Je sieh, das tut mir leid. Wer ist dein
Bräutigam? Wie heißt, was treibt er?
Edrita. Ich nenn ihn nur den dummen Galomir.
Leon. Den dummen Galomir? O weh!
Edrita. Ja wohl! Doch ist er unser nächster Stammverwandter, Und so
gebührt ihm meine Hand.
Leon. Je freilich! Und was die Klugheit, die ihm fehlt, betrifft: Mein
Kind, die dummen Männer sind die besten.
Edrita. So dacht' ich auch.
Leon. Sie lassen sich was bieten.
Edrita. Und fordern alles nicht nach ihrem Kopf. Doch siehst du,
manchmal, wenn auch nicht so oft, Spricht man doch gern einmal ein
kluges Wort.
Leon. Kommt dir die Lust, ein kluges Wort zu sprechen, So geh in
Wald hinaus und sag's den Bäumen, Dann kehr erleichtert in dein Haus
zurück. Denn was dir selber nützt, taugt nicht für viele. Was vielen
frommt, das wächst mit Gras und Kraut.
Edrita. Ganz faß ich's nicht, doch will ich's also halten. Nur freilich
wünscht man Antwort, wenn man spricht.
Leon. Das findet sich, eh man's gedacht. Doch nun Laß uns den Tag
benützen, der uns bleibt. Führ mich ins Feld hinaus, zeig mir die
Gegend. Auch möcht ich, wie's erfordert mein Geschäft, Nach Wurzeln
etwa suchen, Würze, Kräutern. O Atalus!
Edrita. Wie sagst du?
Leon. Atalus.
Edrita. Ist das ein Kräutlein auch?
Leon. Wie du's nun nimmst.
Edrita. Ein nährendes?
Leon. Mir nährt es Herz und Sinn. Doch will ich dich nicht eben nur
betrügen. Der Name eines Freunds ist's, den ich suche. Du lachst?
Edrita. Ei, eines Atalus gedenk ich, Der hier bei uns.
Leon. Ein Franke?
Edrita. Ja, vom Rhein.
Leon. Der Neffe--?
Edrita. Sieh, ich weiß nicht, was er ist, Doch liegt er hier als Geisel
unsrer Herrn. Das ist ein trockner Bursch und gut zu necken. Wenn du
versprichst, recht fromm zu sein und artig, Und etwa zu entfliehen nicht
versuchst--
Leon. Sorgst du um mich?
Edrita. Denk nur, das viele Geld, Das kurz nur erst für dich der Vater
gab.
Leon. Ei, geizig, wie die Weiber alle sind!
Edrita. Doch weißt du ja, unmöglich ist die Flucht. Ich nehme denn das
Körbchen, und du folg.
Leon. Doch naht dort jemand.
Edrita. Ei, wer immer!
Galomir (der auf der Brücke erscheint). Eh!
Edrita. Was kümmerst du mich, dummer Galomir!
Galomir (poltert die Brücke hinan, ins Haus zurück).
Edrita. Ei, sag's dem Vater nur, mich stört das wenig. Nun komm, eh'
man uns hindert. Folg mir rasch, Ich zeige dir den Garten und die
Gegend. Dann unsern Atalus, der auch, wer weiß? Der deine wohl.
Zum mindsten ist's ein Landsmann, Des Anblick dich entschädigt für
den unsern. Verstell dich nicht, so ist's. Willst du, so komm! (Sie geht
gegen das Tor zu.)
Leon. Das geht ja rascher, als ich dacht' und hoffte. Der Himmel,
scheint's, kürzt ab mir mein Geschäft. Ich nehm es dankbar an.--Sieh
nur, hier bin ich!
(Er folgt ihr. Beide gehen ab.)
--------
Kurze Gegend, mit Bäumen besetzt.
Der Schaffer kommt, vor ihm her Atalus.
Schaffer. Bist du schon wieder müßig, wie du pflegst? Dort gehn die
Pferde weiden. Hier dein Platz. Und wenn sich eins verliert, so wär' dir
besser, Du hättst dich selbst verloren, als das Tier.
(Atalus setzt sich im Vorgrunde rechts auf die Erde. Der Schaffer geht.
Nachdem dieser fort ist.)
Atalus. Geh nur, du grober Bauer, geh! Ich wollt', Vergiften könnt' ich
sie mit einem Blick. (Er schnitzt an einem Stock.) Hab ich den derben
Stock erst zugeschnitzt, Dann nah' mir einer nur. Verwünschtes Volk!
Und auch das grobe Hemd kratzt mir die Haut, Und nichts als Brot und
grüne Kost zur Nahrung. Wär' ich erst wieder heim bei meinem Ohm!
Der denkt nicht mein und läßt sich's wohl ergehn,

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