Wallensteins Lager | Page 3

Friedrich von Schiller
sind wir den Friedländers Regiment,
Man muß uns ehren und
respektieren.
Erster Jäger.
Das ist für uns andre kein Kompliment,
Wir ebensogut seinen Namen
führen.
Wachtmeister.
Ja, ihr gehört auch so zur ganzen Masse.
Erster Jäger.
Ihr seid wohl von einer besondern Rasse?
Der ganze Unterschied ist
in den Röcken,
Und ich ganz gern mag in meinem stecken.
Wachtmeister.
Herr Jäger, ich muß Euch nur bedauern,
Ihr lebt so draußen bei den
Bauern;
Der feine Griff und der rechte Ton,
Das lernt sich nur um
des Feldherrn Person.
Erster Jäger.
Sie bekam Euch übel, die Lektion.
Wie er räuspert und wie er spukt,

Das habt Ihr ihm glücklich abgeguckt;
Aber sein Genie, ich meine
sein Geist,
Sich nicht auf der Wachparade weist.

Zweiter Jäger.
Wetter auch! wo Ihr nach uns fragt,
Wir heißen des Friedländers
wilde Jagd
Und machen dem Namen keine Schande--
Ziehen frech
durch Feindes und Freundes Lande,
Querfeldein durch die Saat,
durch das gelbe Korn--
Sie kennen das Holkische Jägerhorn!--
In
einem Augenblick fern und nah,
Schnell wie die Sündflut, so sind wir
da--
Wie die Feuerflamme bei dunkler Nacht
In die Häuser fähret,
wenn niemand wacht--
Da hilft keine Gegenwehr, keine Flucht,

Keine Ordnung gilt mehr und keine Zucht.--
Es sträubt sich--der
Krieg hat kein Erbarmen--
Das Mägdlein in unsern sennigten
Armen--
Fragt nach, ich sag’s nicht, um zu prahlen;
In Bayreuth, im
Voigtland, in Westfalen,
Wo wir nur durchgekommen sind--

Erzählen Kinder und Kindeskind
Nach hundert und aber hundert
Jahren
Von dem Holk noch und seinen Scharen.
Wachtmeister.
Nun da sieht man’s! Der Saus und Braus,
Macht denn der den
Soldaten aus?
Das Tempo macht ihn, der Sinn und Schick,
Der
Begriff, die Bedeutung, der feine Blick.
Erster Jäger.
Die Freiheit macht ihn! Mit Euren Fratzen!
Daß ich mit Euch soll
darüber schwatzen.--
Lief ich darum aus der Schul’ und der Lehre,

Daß ich die Fron und die Galeere,
Die Schreibstub’ und ihre engen
Wände
In dem Feldlager wiederfände?--
Flott will ich leben und
müßiggehn,
Alle Tage was Neues sehn,
Mich dem Augenblick
frisch vertraun,
Nicht zurück, auch nicht vorwärts schauen--
Drum
hab ich meine Haut dem Kaiser verhandelt,
Daß keine Sorg’ mich
mehr anwandelt.
Führt mich ins Feuer frisch hinein,
Über den
reißenden, tiefen Rhein,
Der dritte Mann soll verloren sein;
Werde
mich nicht lang sperren und zieren.--

Sonst muß man mich aber, ich

bitte sehr,
Mit nichts weiter inkommodieren.
Wachtmeister.
Nu, nu verlangt Ihr sonst nichts mehr?
Das ließ’ sich unter dem
Wams da finden.
Erster Jäger.
Was war das nicht für ein Placken und Schinden
Bei Gustav dem
Schweden, dem Leuteplager!
Der machte eine Kirch’ aus seinem
Lager,
Ließ Betstunde halten, des Morgens, gleich
Bei der Reveille,
und beim Zapfenstreich.
Und wurden wir manchmal ein wenig
munter,
Er kanzelt’ uns selbst wohl vom Gaul herunter.
Wachtmeister.
Ja, es war ein gottesfürchtiger Herr.
Erster Jäger.
Dirnen, die ließ er gar nicht passieren,
Mußten sie gleich zur Kirche
führen.
Da lief ich, konnt’s nicht ertragen mehr.
Wachtmeister.
Jetzt geht’s dort auch wohl anders her.
Erster Jäger.
So ritt ich hinüber zu den Ligisten,
Sie täten sich just gegen
Magdeburg rüsten.
Ja, das war schon ein ander Ding!
Alles da
lustiger, lose ging,
Soff und Spiel und Mädels die Menge!

Wahrhaftig, der Spaß war nicht gering,
Denn der Tilly verstand sich
aufs Kommandieren.
Dem eigenen Körper war er strenge,
Dem
Soldaten ließ er vieles passieren,
Und ging’s nur nicht aus seiner
Kassen,
Sein Spruch war : leben und leben lassen.
Aber das Glück

blieb ihm nicht stet--
Seit der Leipziger Fatalität
Wollt’ es eben
nirgends mehr flecken,
Alles bei uns geriet ins Stecken;
Wo wir
erschienen und pochten an,
Ward nicht gegrüßt noch aufgetan.
Wir
mußten uns drücken von Ort zu Ort,
Der alte Respekt war eben fort.--

Da nahm ich Handgeld von den Sachsen,
Meinte, da müßte mein
Glück recht wachsen.
Wachtmeister.
Nun, da kamt Ihr ja eben recht
Zur böhmischen Beute.
Erster Jäger.
Es ging mir schlecht.
Sollten da strenge Mannszucht halten,

Durften nicht recht als Feinde walten,
Mußten des Kaisers Schlösser
bewachen,
Viel Umständ’ und Komplimente machen,
Führten den
Krieg, als wär’s nur Scherz,
Hatten für die Sach’ nur ein halbes Herz,

Wollten’s mit niemand ganz verderben,
Kurz, da war wenig Ehr zu
erwerben,
Und ich wär bald für Ungeduld
Wieder heimgelaufen
zum Schreibepult,
Wenn nicht eben auf allen Straßen
Der
Friedländer hätte werben lassen.
Wachtmeister.
Und wie lang denkt Ihr’s hier auszuhalten?
Erster Jäger.
Spaßt nur! solang der tut walten,
Denk ich Euch, mein Seel! an kein
Entlaufen.
Kann’s der Soldat wo besser kaufen?--
Da geht alles
nach Kriegessitt’,
Hat alles ’nen großen Schnitt.
Und der Geist, der
im ganzen Korps tut leben,
Reißtet gewaltig, wie Windesweben,

Auch den untersten Reiter mit.
Da tret ich auf mit beherztem Schritt,

Darf über den Bürger kühn wegschreiten
Wie der Feldherr über der
Fürsten Haupt.
Es ist hier wie in den alten Zeiten,
Wo die Klinge

noch alles tät bedeuten;
Da gibt’s nur ein Vergehn und Verbrechen:

Der Ordre fürwitzig widersprechen!
Was nicht verboten ist, ist
erlaubt;
Da fragt niemand, was einer glaubt.
Es gibt nur zwei Ding’
überhaupt:
War zur Armee gehört und nicht;
Und nur der Fahne bin
ich verpflicht’.
Wachtmeister.
Jetzt gefallt Ihr mir, Jäger! Ihr sprecht
Wie ein Friedländischer
Reitersknecht.
Erster Jäger.
Der führt’s Kommando nicht wie ein Amt,
Wie eine Gewalt, die vom
Kaiser stammt!
Es ist ihm nicht um des Kaisers Dienst--
Was
bracht’ er dem Kaiser für Gewinst?
Was hat er mit seiner großen
Macht
Zu des Landes Schirm und Schutz vollbracht?
Ein Reich von
Soldaten wollt’ er gründen,
Die
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