irreführen. Meine Ironie ist 
naiv wie mein Pathos. Ich vermag Unglaubliches ironisch zu sagen, 
ohne eine Spur von frivoler Empfindung ..., ja vielleicht schrieb ich es 
mit ernsthaftester Miene, ohne ein andres Lachen als das eines in sich 
heiteren unbewegten Geistes. 
* * * * * 
Traum 
Ich fange das Raubvogelgesindel meiner häßlichen Gedanken und brate
sie am Spieß, der über einem Feuer sich dreht. Ach, vergebens. 
* * * * * 
Nach einer Zoten-Posse 
Je älter ich werde, einen desto tieferen, bittreren, inbrünstigeren 
Widerwillen empfinde ich gegen die Zote. Weniger gegen die, welche 
etwa von Mann zu Mann kursiert, obschon ich auch sie vollständig 
entbehren könnte, als gegen die öffentliche Zote von der Bühne herab. 
Wenn plötzlich Hunderte versammelter Menschen jede Scham 
voreinander verlieren und in wiehernder Freude über eine nicht 
mißzuverstehende Andeutung übereinstimmen, dann sinkt mir der 
Mensch unter das Tier und ein schmerzlicher Unwille zieht mir das 
Herz zusammen. 
Ich habe doch für vieles Leichtsinn und nicht zum mindesten für die 
Liebe jeglicher Art, aber vor der berechneten Zote vergeht mir aller 
Übermut. Da schaue ich nur in einen Abgrund von Gemeinheit und 
Häßlichkeit. Wir jungen Männer, die wir etwas auf uns halten, sollten 
jenen Aufführungen beizuwohnen nicht als uns angemessen erachten 
und am wenigsten Weiber, die wir ehren, mit uns in jene niedrige und 
widerwärtige Sphäre hinabziehen. 
* * * * * 
Mein Skeptizismus ist vielleicht gerade das Charakteristische des 
philosophischen Dilettanten. Der philosophische Dilettant ist immer 
schnell am Ende aller Dinge, weil er nur die Ergebnisse der bereits 
gewonnenen Erkenntnis im Auge hat, ohne die Wege zu gehen, ja oft 
auch nur zu kennen, auf denen jene erreicht worden sind. 
* * * * * 
Jedes Jahr habe ich mindestens Eine Periode fürchterlichsten Zweifels 
an mir selbst. Dann lebe ich mit beständigen Todesgedanken. 
 
1897 
Die Sehnsucht meines Lebens ist eine oft übermächtige Sehnsucht nach 
praktischem Schaffen im Großen. Plastik wäre (und Architektur) mein 
höchster Fall. Meine höchste Liebe galt immer dem Gegenständlichen, 
der Linie, der Farbe, dem Ton an sich. Schon er allein vermochte mich 
zu entzücken, wievielmehr erst seine organischen Verbindungen. 
* * * * * 
Mein Hang zu philosophischem Nachdenken beruht auf der einfachen
Grundlage, daß ich in jedem Augenblick über das kleinste Stück Natur 
irgendwelcher Art in höchste Verwunderung geraten kann. 
* * * * * 
Dieser Norden! Da wacht man in der verheißendsten Stimmung auf. 
Griesgrämig, grau, teilnahmslos ruhen die großen Augen der Fenster 
auf dir, als wollten sie sagen: wozu regst du dich so auf? was willst du 
mit deinen törichten Idealen? Alles ist eitel. 
* * * * * 
Ich verbrenne an meinem eigenen Maßstab. 
* * * * * 
Träume 
Die wilde Jagd. 
Der Schächer am Kreuz. 
* * * * * 
Mein Herz kommt mir heut vor wie ein Pfefferkuchenherz, das lange 
im Nassen gelegen hat. 
 
1904 
Es ist etwas in mir, das jagt und jagt einem Ziele zu. Das läßt mich in 
keiner Trägheit ganz ruhn, in keinem Glück ganz vergessen. 
 
1905 
Ich möchte am liebsten auf einem Turm wohnen. Täglich im Leben 
drunten ein Bad nehmen, untertauchen, und dann wieder hinaufsteigen 
in sein Luginsland, sein au dessus de la vie. 
* * * * * 
So oft ich unter neue Menschen gehe, so oft komme ich mit Wunden 
bedeckt von ihnen zurück. Es sind freilich nur leichte oberflächliche 
Schrammen, die bald wieder verheilen, aber sie haben, da sie 
entstanden, wie zehrendes Feuer gebrannt und besser vielleicht als eine 
tiefe Verwundung ihr Werk an meiner Seele getan. 
* * * * * 
Ich kann ungeklärte Verhältnisse einfach nicht ertragen. Warum 
können die Menschen nicht offen gegeneinander sein? Reine Luft 
zwischen uns! 
* * * * *
Ich mag die Verärgerten nicht leiden. 
* * * * * 
Meine Natur hat sich von früh auf mit Apathie beholfen. Diese 
Langsamkeit zu reagieren, hat alles, was auf mich einbrach, auf eine 
breitere Fläche verteilt, und was mir in einer Stunde unzweifelhaft den 
Atem abgeschnürt hätte, wurde mir so in Tagen und Wochen zu einem 
dumpfen Druck, der mein Leben nicht eben zerstörte, aber langsam und 
sicher ermattete. 
* * * * * 
Und das Verhaßteste von allem wird einst geschehen: Man wird mir 
'Milderungsgründe zubilligen'. ('Er war ein guter Mensch, er wollte das 
Beste usw.') 
* * * * * 
Was muß ich auf die Menschen für einen Eindruck machen, daß sie 
mich so oft wie ein unmündiges Kind behandeln wollen. 
* * * * * 
Ich trage keine Schätze in mir, ich habe nur die Kraft, vieles, was ich 
berühre, in etwas von Wert zu verwandeln. Ich habe keine Tiefe, als 
meinen unaufhörlichen Trieb zur Tiefe. 
* * * * * 
Mein nächstes Buch soll 'Auferstehung' heißen, wenn mir noch eine 
Auferstehung beschieden sein sollte, im größten Sinne. 
* * * * * 
Ich will gern alles    
    
		
	
	
	Continue reading on your phone by scaning this QR Code
 
	 	
	
	
	    Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the 
Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.
	    
	    
