Schelmuffskys wahrhaftige, kuriöse und sehr gefährliche Reisebeschreibung zu Wasser und z | Page 9

Christian Reuter
wieder und sagte, wie
daß ich nämlich ein brav Kerl wäre, desgleichen man wohl wenig in der
Welt antreffen würde, und es hätte nichts auf sich, weil ich indem vor
meines Herrn Bruder Grafen seinem Schnarchen nicht einschlafen
können. Als ich ihr dieses nun so mit einer überaus artigen Miene zur
Antwort gab, so bat sie mich, daß ich ihr die Begebenheit doch noch
einmal von der Ratte erzählen sollte, da man sie wegen des
zerfressenen seidenen Kleides mit dem Besen totschlagen wollen.
Ich erzählte der Charmante hierauf augenblicks die ganze Begebenheit,
so gab sie hernach Freiens bei mir vor und sagte, ich sollte sie nehmen;
ich antwortete der Charmante aber hierauf sehr artig wieder und sagte,
wie daß ich nämlich ein brav Kerl wäre, aus dem was Rechts noch erst
werden würde, wenn er weiter in die Welt hineinkäme, und daß ich so
balde noch nicht Lust hätte, eine Frau zu nehmen. Doch wollte ich ihrs
nicht abschlagen, sondern es ein wenig überlegen. O sapperment! wie
fing das Mensche an zu heulen und zu gransen, da ich ihr von dem
Korbe schwatzte, die Tränen liefen ihr immer die Backen herunter, als
wenn man mit Mulden gösse, und machte sich da ein paar Augen wie
die größesten Schafkäsenäpfe groß.
Wollte ich nun wohl oder übel, daß sie sich nicht gar über mich zu
Tode heulen möchte, mußte ichs, der Tebel hol mer, zusagen, daß ich
keine andere als sie zur Frau haben wollte. Da nun solches geschehen,
gab sie sich wieder zufrieden, und nahm ich selben Abend von ihr
Abschied und ließ mich durch die Servante mit der papiernen Laterne
wieder auf meine Stube leuchten und legte mich zu meinem Herrn
Bruder Grafen ins Bette, welcher noch eben auf der Stelle dalag und in
einem weg schnarchte. Ich war kaum ins Bette wieder hinein, so kriegte
ich auch etwa seine Laune, und schnarchten da alle beide wie ein altes
Pferd, welches dem Schinder entlaufen war. Den andern Tag früh, da es
etwa um neun Uhr sein mochte und ich im besten Schlafe lag, so stieß

jemand mit beiden Beinen an unsere Stubentür lästerlich an, daß ich
aus dem Schlafe klaffternhoch vor Erschrecknis in die Höhe fuhr. Des
Anschlagens wollte aber kein Ende nehmen, ich war her und sprang
flugs mit gleichen Beinen aus dem Bette heraus, zog mein Hemde an
und wollte sehen, wer da war. Wie ich aufmachte, so stund des einen
Staatens aus Holland sein Junge draußen, welcher fragte, ob der von
Schelmuffsky seine Stube hier hätte. Da ich dem Jungen nun zur
Antwort gab, daß ichs selber wäre, sagte er weiter, sein Herr, der hielte
mich vor keinen braven Kerl, sondern vor einen Erzbärenhäuter, wenn
ich nicht zum allerlängsten um zehn Uhr heute vormittag mit einem
guten Degen auf der großen Wiese vor dem Altonaischen Tore
erschiene, und da wollte er mir weisen, was Räson wäre. O sapperment!
wie verdroß mich das Ding, als mir der Kerl durch seinen Jungen
solche Worte sagen ließ. Ich fertigte den Jungen aber alsobald mit
folgender Antwort ab und sagte: Höre, Hundsfott, sprich du zu deinem
Herrn wieder, ich ließe ihm sagen, warum er denn nicht selbst zu mir
gekommen wäre und mir solches gesagt, ich hätte bald mit ihm fertig
werden wollen; damit er aber sehen sollte, daß ich mich vor ihm nicht
scheute, so wollte ich kommen und ihm nicht allein zu Gefallen einen
guten Degen, welches ein Rückenstreicher wäre, mitbringen, sondern
es sollten auch ein paar gute Pistolen zu seinen Diensten stehen, damit
wollte ich ihm weisen, wie er den bravsten Kerl von der Fortuna ein
andermal besser respektieren sollte, wenn er was an ihm zu suchen
hätte. Hierauf ging des Staatens sein Junge fort und muckte nicht ein
Wort weiter, ausgenommen, wie er an die Treppe kam, so schielte er
mich von der Seite mit einer höhnischen Miene recht sauer hinterrücks
an und lief geschwinde die Treppe hinunter.
Ich aber war her, ging in die Stube wieder hinein, zog mich geschwinde
an und pfiff dem Hausknechte, daß er eiligst zu mir kommen mußte.
Welcher sich auch flugs augenblicks bei mir einstellte und sagte: Was
belieben Euere Gnaden? Das Ding gefiel mir sehr wohl von dem Kerl,
daß er so bescheidentlich antworten kunnte. Ich fragte ihn hierauf, ob er
mir nicht ein paar gute Pistolen schaffen könnte, das und das ginge vor
sich, wollte ihm keinen Schaden daran tun und er sollte dafür ein
Trinkgeld zu gewarten haben. O sapperment! als der Kerl von dem
Trinkgelde hörte, wie sprang er zur Stubentüre hinaus und brachte mir

im Augenblick ein paar wunderschöne Pistolen geschleppt, welche dem
Wirte waren; die eine mußte er mir mit großen Hasenschroten und die
andere mit kleiner Dunst füllen und zwei Kugeln draufstopfen. Da
solches geschehen, gürtete ich meinen Rückenstreicher an die Seite, die
Pistolen steckte ich
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