Luft und Sonne kein 
Hindernis finden. Dennoch ist es nicht heiß in den Zimmern, teils weil 
es überhaupt in England nicht heiß ist, teils wegen der wenigen Fenster, 
die aber so verständig angebracht sind, daß jeder Teil des Gebäudes 
sein hinlängliches Licht hat. 
Die äußere Ansicht der englischen Landhäuser ist aus unzähligen 
Kupferstichen bekannt genug. Selten herrscht ein ganz reiner 
Geschmack darin, oft sind sie mit Verzierungen überladen. Die 
Hauptfassade ist gewöhnlich mit Säulen geziert. Sind gleich die 
Verhältnisse derselben nicht immer die richtigsten, scheinen sie oft 
müßig dazustehen, so gewähren sie doch immer ein angenehmes, 
schattiges Plätzchen vor dem Hause, von welchem man recht behaglich 
ins Freie über den grünen Wiesenplan hinaussieht. Unter und vor 
diesen Säulen stehen unzählbare fremde Gesträuche und Blumen in 
Vasen, teils auf schönen Gestellen übereinander getürmt, teils auf den 
Stufen des Eingang und den Geländern zierlich geordnet. Der Luxus, 
den man mit diesen Pflanzen treibt, ist unglaublich. Täglich müssen die 
verblühten hinweggeschafft und andere an ihre Stelle gesetzt werden. 
Höchst reizend ist der Anblick dieser Shrubberies. Florens Schätze 
werden aus allen Ländern der Welt hierher gezaubert. Doch auch über 
diese schönsten Kinder der Natur herrscht in England das eiserne 
Zepter der Mode. In der Zeit, aus welcher diese Beschreibung stammt,
hatte sie gerade die Eriken oder Heidekräuter ihrer besonderen Huld 
gewürdigt. Man gab wohl fünfzig und mehr Guineen für so ein geruch-, 
oft farbenloses Kraut hin, wenn es nur aus einem recht entfernten 
Winkel der Erde herstammte. Große Orangerien sind in England, außer 
in den königlichen Gärten, selten anzutreffen. 
Die innere Einrichtung der Häuser richtet sich hier, wie überall, nach 
dem Reichtum und Geschmacke des Erbauers, des Bewohners und des 
Zeitalters, in welchem sie entstand. Die meisten haben große, 
vollkommen erleuchtete und hohe Souterrains, in welchen sich die 
Küche, die Gewölbe zur Bewahrung der Vorräte nebst den 
Bedientenzimmern befinden. Letztere sind durchaus gut möbliert, ja die 
der Haushälterin und des Haushofmeisters (in England Butler genannt) 
sogar elegant, hübsch tapeziert, mit Mahagonimöbeln und guten 
Fußteppichen. Auch bei den Bedienten wird die englische Sitte 
beobachtet, daß sie außer ihren Schlafzimmern noch Wohnzimmer und 
Speisezimmer haben. 
Aus dem Garten tritt man gewöhnlich zuerst in eine große, hohe, öfters 
von oben beleuchtete Halle, die mit Gemälden oder Statuen, Basreliefs 
oder Vasen geziert ist. Zu beiden Seiten liegen die verschiedenen Putz- 
und Wohnzimmer; ein langes Zimmer enthält die Bibliothek, deren 
schöne Schränke und zierliche Einbände sie zu einem der elegantesten 
Zimmer des Schlosses machen. In vielen Häusern ist es Sitte, daß die 
Familie sich zum Frühstück darin versammelt. Sonst gibt es noch 
Frühstückszimmer, Arbeitszimmer, Musikzimmer, 
Gesellschaftszimmer, (Drawingrooms), Wohnzimmer (Parlours), 
Speisezimmer, Spielzimmer in Menge, doch selten von ausgezeichneter 
Größe. Überall einfache Pracht, Fußböden, Treppen und Vorplätze mit 
schönen Teppichen belegt. 
In vielen Häusern wechselt man im Sommer die warmen 
Winterteppiche mit kühlen, von gemalter Wachsleinwand, welche von 
beträchtlicher Dicke eigens dazu fabriziert wird. Mahagoniholz sieht 
man meistens nur an Treppengeländern, großen Eßtischen, Bettstellen; 
die Möbel in den herrschaftlichen Zimmern sind von fremden 
köstlicheren oder kunstreich lackierten Hölzern.
Man findet es bürgerlich, unmodisch, lächerlich, die Möbel an den 
Wänden hinzustellen, wie es in Deutschland gebräuchlich ist; in den 
Wohn- und Gesellschaftszimmern stehen alle in einem großen Kreis 
umher, so daß noch ein beträchtlicher Raum zum Spazieren zwischen 
den Stühlen, Sofas, Tischen und den Wänden übrig bleibt. Die 
Schreibtische sowohl als die Pianofortes sind immer mitten im Zimmer, 
wo eben das Licht am günstigsten fällt und man nicht von der Hitze 
nahe am Kamin oder vom Zug nahe am Fenster leidet. Noch müssen 
wir der Kamine gedenken, die, künstlich in Marmor gearbeitet oder mit 
brillantiertem Stahl geschmückt, eine der größten Zierden der Zimmer 
ausmachen. Schöne Vasen und prächtige Kandelaber prangen auf ihren 
Gesimsen. Der zweite Stock enthält die Schlafzimmer, welche indessen 
den Fremden nur selten gezeigt werden. Diese, besonders die der 
Damen, sind ein Heiligtum, in welches kein sterbliches Auge dringen 
darf. Oft hörten wir Engländerinnen mit wahrem Grausen von der Sitte 
der Französinnen sprechen, welche gerade ihre Schlafzimmer zum 
Besuchszimmer vorzugsweise erwählen. 
So viel von der inneren Einrichtung der englischen Villen im 
allgemeinen. Kehren wir jetzt zurück zu den nächsten äußeren 
Umgebungen derselben. 
Die Obst- und Gemüsegärten, die Treibhäuser liegen mit allen zur 
inneren Ökonomie gehörigen Gebäuden ganz nahe am herrschaftlichen 
Hause, werden aber durch mancherlei Vorkehrungen dem Auge 
entzogen. Diese Bezirke sind es, was der Engländer eigentlich Gärten 
(Gardens) nennt. Der zur Fußpromenade bestimmte Teil der Besitzung 
heißt Pleasure-Ground und liegt ganz nahe am Hause. Hier trifft man 
Ähnlichkeit mit den deutschen Parks: Gänge, die sich bald durch dichte 
Schatten, bald mehr im Freien hinschlängeln, Tempel, Säulen, 
Denkmäler, Ruheplätze und den ganzen architektonischen Reichtum 
der neueren Gartenkunst. Alle Gebäude sind von Stein, alle Geländer 
und Türen von schönem eisernen Gitterwerk. Hier blühen und grünen 
die vielen einheimischen Gesträuche, Bäume und Blumen neben den 
aus fremden Ländern herübergebrachten, die stark genug sind, den    
    
		
	
	
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