Prinz Friedrich von Homburg | Page 2

Heinrich von Kleist
einzuwinden.
Der Kurfürst. Was!
Hohenzollern. In der Tat! Schau hier herab: da sitzt er!
(Er leuchtet von der Rampe auf ihn nieder.)
Der Kurfürst. Im Schlaf versenkt? Unmöglich!
Hohenzollern. Fest im Schlafe! Ruf ihn bei Namen auf, so fällt er
nieder.
(Pause.)
Die Kurfürstin. Der junge Mann ist krank, so wahr ich lebe.
Prinzessin Natalie. Er braucht des Arztes--!
Die Kurfürstin. Man sollt ihm helfen, dünkt mich, Nicht den Moment
verbringen, sein zu spotten!
Hohenzollern (indem er die Fackel wieder weggibt). Er ist gesund, ihr
mitleidsvollen Frauen, Bei Gott, ich bins nicht mehr! Der Schwede
morgen Wenn wir im Feld ihn treffen, wirds empfinden! Es ist nichts

weiter, glaubt mir auf mein Wort, Als eine bloße Unart seines Geistes.
Der Kurfürst. Fürwahr! Ein Märchen glaubt ichs!--Folgt mir Freunde,
Und laßt uns näher ihn einmal betrachten.
(Sie steigen von der Rampe herab.)
Ein Hofkavalier (zu den Pagen). Zurück! die Fackeln!
Hohenzollern. Laßt sie, laßt sie, Freunde! Der ganze Flecken könnt in
Feuer aufgehn, Daß sein Gemüt davon nicht mehr empfände, Als der
Demant, den er am Finger trägt.
(Sie umringen ihn; die Pagen leuchten.)
Der Kurfürst (über ihn gebeugt). Was für ein Laub denn flicht
er?--Laub der Weide?
Hohenzollern. Was! Laub der Weid, o Herr!--Der Lorbeer ists, Wie ers
gesehn hat, an der Helden Bildern, Die zu Berlin im Rüstsaal
aufgehängt.
Der Kurfürst. --Wo fand er den in meinem märkschen Sand?
Hohenzollern. Das mögen die gerechten Götter wissen!
Der Hofkavalier. Vielleicht im Garten hinten, wo der Gärtner Mehr
noch der fremden Pflanzen auferzieht.
Der Kurfürst. Seltsam beim Himmel! Doch, was gilts, ich weiß, Was
dieses jungen Toren Brust bewegt?
Hohenzollern. O--was! Die Schlacht von morgen, mein Gebieter!
Sterngucker sieht er, wett ich, schon im Geist, Aus Sonnen einen
Siegeskranz ihm winden.
(Der Prinz besieht den Kranz.'
Der Hofkavalier. Jetzt ist er fertig!

Hohenzollern. Schade, ewig schade, Daß hier kein Spiegel in der Nähe
ist! Er würd ihm eitel, wie ein Mädchen nahn, Und sich den Kranz bald
so, und wieder so, Wie eine florne Haube aufprobieren.
Der Kurfürst. Bei Gott! Ich muß doch sehn, wie weit ers treibt!
(Der Kurfürst nimmt ihm den Kranz aus der Hand; der Prinz errötet
und sieht ihn an. Der Kurfürst schlingt seine Halskette um den Kranz
und gibt ihn der Prinzessin; der Prinz steht lebhaft auf. Der Kurfürst
weicht mit der Prinzessin, welche den Kranz erhebt, zurück; der Prinz
mit ausgestreckten Armen, folgt ihr.)
Der Prinz von Homburg (flüsternd). Natalie! Mein Mädchen! Meine
Braut!
Der Kurfürst. Geschwind! Hinweg!
Hohenzollern. Was sagt der Tor?
Der Hofkavalier. Was sprach er?
(Sie besteigen sämtlich die Rampe.)
Der Prinz von Homburg. Friedrich! Mein Fürst! Mein Vater!
Hohenzollern. Höll und Teufel!
Der Kurfürst (rückwärts ausweichend). Öffn' mir die Pforte nur!
Der Prinz von Homburg. O meine Mutter!
Hohenzollern. Der Rasende! Er ist--
Die Kurfürstin. Wen nennt er so?
Der Prinz von Homburg (nach dem Kranz greifend) O! Liebste! Was
entweichst du mir? Natalie!
(Er erhascht einen Handschuh von der Prinzessin Hand.)

Hohenzollern. Himmel und Erde! Was ergriff er da?
Der Hofkavalier. Den Kranz?
Natalie. Nein, nein!
Hohenzollern (öffnet die Tür). Hier rasch herein, mein Fürst! Auf daß
das ganze Bild ihm wieder schwinde!
Der Kurfürst. Ins Nichts mit dir zurück, Herr Prinz von Homburg, Ins
Nichts, ins Nichts! In dem Gefild der Schlacht, Sehn wir, wenns dir
gefällig ist, uns wieder! Im Traum erringt man solche Dinge nicht!
(Alle ab; die Tür fliegt rasselnd vor dem Prinzen zu.)
(Pause.)

Zweiter Auftritt
Der Prinz von Homburg (bleibt einen Augenblick, mit dem Ausdruck
der Verwunderung, vor der Tür stehen, steigt dann sinnend, die Hand,
in welcher er den Handschuh hält, vor die Stirn gelegt, von der Rampe
herab; kehrt sich sobald er unten ist, um, und sieht wieder nach der Tür
hinauf).

Dritter Auftritt
Der Graf von Hohenzollern tritt von unten, durch eine Gittertür, auf.
Ihm folgt ein Page.--Der Prinz von Homburg.
Der Page (leise). Herr Graf, so hört doch! Gnädigster Herr Graf!
Hohenzollern (unwillig). Still! die Zikade!--Nun? Was gibts?
Page. Mich schickt--!

Hohenzollern. Weck ihn mit deinem Zirpen mir nicht auf! Wohlan!
Was gibts?
Page. Der Kurfürst schickt mich her! Dem Prinzen möchtet Ihr, wenn
er erwacht, Kein Wort, befiehlt er, von dem Scherz entdecken, Den er
sich eben jetzt mit ihm erlaubt!
Hohenzollern (leise). Ei, So leg dich im Weizenfeld aufs Ohr, Und
schlaf dich aus! Das wußt ich schon! Hinweg!
(Der Page ab.)

Vierter Auftritt
Der Graf von Hohenzollern und der Prinz von Homburg.
Hohenzollern (indem er sich in einiger Entfernung hinter dem Prinzen
stellt, der noch immer unverwandt die Rampe hinaufsieht). Arthur!
(Der Prinz fällt um.)
Da liegt er; eine Kugel trifft nicht besser!
(Er nähert sich ihm.)
Nun bin ich auf die Fabel nur begierig, Die er ersinnen wird, mir zu
erklären, Warum er hier sich schlafen hat gelegt.
(Er beugt sich über ihn.)
Arthur! He! Bist des
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