ich, 
daß letztere auch eine mir sehr zusagende, in unserer Stadt aber sonst 
gänzlich unbekannte Mehlspeise zu bereiten verstand und auch nicht 
unterließ, mich dann und wann zu Gast zu bitten.--So waren denn dort 
der Anziehungskräfte für mich genug. Von meinem Vater aber wurde 
mein Verkehr in dem tüchtigen Bürgerhause gern gesehen. "Sorge nur, 
daß du nicht lästig fällst!" war das einzige, woran er in dieser 
Beziehung zuweilen mich erinnerte. Ich glaube indessen nicht, daß ich 
meinen Freunden je zu oft gekommen bin. 
Da geschah es eines Tages, daß in meinem elterlichen Hause einem 
alten Herrn aus unserer Stadt das neueste und wirklich ziemlich 
gelungene Werk meiner Hände vorgezeigt wurde. 
Als dieser seine Bewunderung zu erkennen gab, bemerkte mein Vater 
dagegen, daß ich ja aber auch schon seit fast einem Jahr bei Meister 
Paulsen in der Lehre sei. 
"So, so", erwiderte der alte Herr; "bei Pole Poppenspäler!" 
Ich hatte nie gehört, daß mein Freund einen solchen Beinamen führe, 
und fragte, vielleicht ein wenig naseweis, was das bedeuten solle. 
Aber der alte Herr lächelte nur ganz hinterhältig und wollte keine 
weitere Auskunft geben.-Zum kommenden Sonntag war ich von den 
Paulsenschen Eheleuten auf den Abend eingeladen, um ihnen ihren 
Hochzeitstag feiern zu helfen. Es war im Spätsommer, und da ich mich 
frühzeitig auf den Weg gemacht und die Hausfrau noch in der Küche 
zu wirtschaften hatte, so ging Paulsen mit mir in den Garten, wo wir 
uns zusammen unter der großen Linde auf die Bank setzten. Mir war 
das "Pole Poppenspäler" wieder eingefallen, und es ging mir so im 
Kopf herum, daß ich kaum auf seine Reden Antwort gab; endlich, da er 
mich fast ein wenig ernst wegen meiner Zerstreutheit zurechtgewiesen 
hatte, fragte ich ihn gradezu, was jener Beiname zu bedeuten habe. 
Er wurde sehr zornig. "Wer hat dich das dumme Wort gelehrt?" rief er, 
indem er von seinem Sitze aufsprang. Aber bevor ich noch zu 
antworten vermochte, saß er schon wieder neben mir. "Laß, laß!" sagte 
er, sich besinnend, "es bedeutet ja eigentlich das Beste, was das Leben 
mir gegeben hat.--Ich will es dir erzählen; wir haben wohl noch Zeit 
dazu."--
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In diesem Haus und Garten bin ich aufgewachsen, meine braven Eltern 
wohnten hier, und hoffentlich wird einst mein Sohn hier wohnen!--Daß 
ich ein Knabe war, ist nun schon lange her; aber gewisse Dinge aus 
jener Zeit stehen noch, wie mit farbigem Stift gezeichnet, vor meinen 
Augen. 
Neben unserer Haustür stand damals eine kleine weiße Bank mit 
grünen Stäben in den Rück- und Seitenlehnen, von der man nach der 
einen Seite die lange Straße hinab bis an die Kirche, nach der andern 
aus der Stadt hinaus bis in die Felder sehen konnte. An 
Sommerabenden saßen meine Eltern hier, der Ruhe nach der Arbeit 
pflegend; in den Stunden vorher aber pflegte ich sie in Beschlag zu 
nehmen und hier in der freien Luft und unter erquickendem Ausblick 
nach Ost und West meine Schularbeiten anzufertigen. 
So saß ich auch eines Nachmittags--ich weiß noch gar wohl, es war im 
September, eben nach unserem Michaelis-Jahrmarkte--und schrieb für 
den Rechenmeister meine Algebra-Exempel auf die Tafel, als ich unten 
von der Straße ein seltsames Gefährt heraufkommen sah. Es war ein 
zweirädriger Karren, der von einem kleinen rauhen Pferde gezogen 
wurde. Zwischen zwei ziemlich hohen Kisten, mit denen er beladen 
war, saß eine große blonde Frau mit steifen hölzernen Gesichtszügen 
und ein etwa neunjähriges Mädchen, das sein schwarzhaariges 
Köpfchen lebhaft von einer Seite nach der andern drehte; nebenher 
ging, den Zügel in der Hand, ein kleiner, lustig blickender Mann, dem 
unter seiner grünen Schirmmütze die kurzen schwarzen Haare wie 
Spieße vom Kopfe abstanden. 
So, unter dem Gebimmel eines Glöckchens, das unter dem Halse des 
Pferdes hing, kamen sie heran. Als sie die Straße vor unserem Hause 
erreicht hatten, machte der Karren halt. "Du Bub", rief die Frau zu mir 
herüber, "wo ist denn die Schneiderherberg?" 
Mein Griffel hatte schon lange geruht; nun sprang ich eilfertig auf und 
trat an den Wagen. "Ihr seid grad davor", sagte ich und wies auf das 
alte Haus mit der viereckig geschorenen Linde, das, wie du weißt, noch 
jetzt hier gegenüber liegt. 
Das feine Dirnchen war zwischen den Kisten aufgestanden, streckte das 
Köpfchen aus der Kapuze ihres verschossenen Mäntelchens und sah 
mit ihren großen Augen auf mich herab; der Mann aber, mit einem
"Sitz ruhig, Diendl!" und "Schönen Dank, Bub!" peitschte auf den 
kleinen Gaul und fuhr vor die Tür des bezeichneten Hauses, aus dem 
auch schon der dicke Herbergsvater in seiner grünen Schürze ihm 
entgegentrat. 
Daß die Ankömmlinge nicht zu den zunftberechtigten Gästen des 
Hauses gehörten, mußte mir freilich klar sein; aber es pflegten 
dort--was mir jetzt, wenn ich es bedenke, mit der Reputation des 
wohlehrsamen Handwerks sich keineswegs reimen will--auch andere, 
mir viel angenehmere Leute einzukehren. Droben im zweiten Stock, wo 
noch heute statt der Fenster nur einfache Holzluken auf die Straße    
    
		
	
	
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