hängen 
läßt! - von Pflichten gegen Gott und Menschen nicht zu reden - ich sage, 
von purem Genuß, von den kleinen unschuldigen Freuden, die einem 
jeden täglich vor den Füßen liegen.« 
Madame Mozart konnte oder wollte von der Richtung, die sein 
leichtbewegliches Gefühl hier mehr und mehr nahm, auf keine Weise 
ablenken, und leider konnte sie ihm nur von ganzem Herzen recht 
geben, indem er mit steigendem Eifer fortfuhr: »Ward ich denn je nur 
meiner Kinder ein volles Stündchen froh? Wie halb ist das bei mir und 
immer en passant! Die Buben einmal rittlings auf das Knie gesetzt, 
mich zwei Minuten mit ihnen durchs Zimmer gejagt, und damit basta, 
wieder abgeschüttelt! Es denkt mir nicht, daß wir uns auf dem Lande 
zusammen einen schönen Tag gemacht hätten, an Ostern oder Pfingsten, 
in einem Garten oder Wäldel, auf der Wiese, wir unter uns allein, bei 
Kinderscherz und Blumenspiel, um selber einmal wieder Kind zu 
werden. Allmittelst geht und rennt und saust das Leben hin - Herr Gott! 
bedenkt mans recht, es möcht einem der Angstschweiß ausbrechen!« 
Mit der soeben ausgesprochenen Selbstanklage war unerwartet ein sehr 
ernsthaftes Gespräch in aller Traulichkeit und Güte zwischen beiden 
eröffnet. Wir teilen dasselbe nicht ausführlich mit und werfen lieber 
einen allgemeinen Blick auf die Verhältnisse, die teils ausdrücklich und 
unmittelbar den Stoff, teils auch nur den bewußten Hintergrund der 
Unterredung ausmachten. 
Hier drängt sich uns voraus die schmerzliche Betrachtung auf, daß 
dieser feurige, für jeden Reiz der Welt und für das Höchste, was dem 
ahnenden Gemüt erreichbar ist, unglaublich empfängliche Mensch, 
soviel er auch in seiner kurzen Spanne Zeit erlebt, genossen und aus 
sich hervorgebracht, ein stetiges und rein befriedigtes Gefühl seiner 
selbst doch lebenslang entbehrte. 
Wer die Ursachen dieser Erscheinung nicht etwa tiefer suchen will, als 
sie vermutlich liegen, wird sie zunächst einfach in jenen, wie es scheint, 
unüberwindlich eingewohnten Schwächen finden, die wir so gern und 
nicht ganz ohne Grund mit alle dem, was an Mozart der Gegenstand 
unserer Bewunderung ist, in eine Art notwendiger Verbindung bringen.
Des Mannes Bedürfnisse waren sehr vielfach, seine Neigung zumal für 
gesellige Freuden außerordentlich groß. Von den vornehmsten Häusern 
der Stadt als unvergleichliches Talent gewürdigt und gesucht, 
verschmähte er Einladungen zu Festen, Zirkeln und Partien selten oder 
nie. Dabei tat er der eigenen Gastfreundschaft innerhalb seiner näheren 
Kreise gleichfalls genug. Einen längst hergebrachten musikalischen 
Abend am Sonntag bei ihm, ein ungezwungenes Mittagsmahl an 
seinem wohlbestellten Tisch mit ein paar Freunden und Bekannten, 
zwei-, dreimal in der Woche, das wollte er nicht missen. Bisweilen 
brachte er die Gäste, zum Schrecken der Frau, unangekündigt von der 
Straße weg ins Haus, Leute von sehr ungleichem Wert, Liebhaber, 
Kunstgenossen, Sänger und Poeten. Der müßige Schmarotzer, dessen 
ganzes Verdienst in einer immer aufgeweckten Laune, in Witz und 
Spaß, und zwar vom gröberen Korn, bestand, kam so gut wie der 
geistvolle Kenner und der treffliche Spieler erwünscht. Den größten 
Teil seiner Erholung indes pflegte Mozart außer dem eigenen Hause zu 
suchen. Man konnte ihn nach Tisch einen Tag wie den andern am 
Billard im Kaffeehaus und so auch manchen Abend im Gasthof finden. 
Er fuhr und ritt sehr gerne in Gesellschaft über Land, besuchte als ein 
ausgemachter Tänzer Bälle und Redouten und machte sich des Jahrs 
einige Male einen Hauptspaß an Volksfesten, vor allen am 
Brigitten-Kirchtag im Freien, wo er als Pierrot maskiert erschien. 
Diese Vergnügungen, bald bunt und ausgelassen, bald einer ruhigeren 
Stimmung zusagend, waren bestimmt, dem lang gespannten Geist nach 
ungeheurem Kraftaufwand die nötige Rast zu gewähren; auch 
verfehlten sie nicht, demselben nebenher auf den geheimnisvollen 
Wegen, auf welchen das Genie sein Spiel bewußtlos treibt, die feinen 
flüchtigen Eindrücke mitzuteilen, wodurch es sich gelegentlich 
befruchtet. Doch leider kam in solchen Stunden, weil es dann immer 
galt, den glücklichen Moment bis auf die Neige auszuschöpfen, eine 
andere Rücksicht, es sei nun der Klugheit oder der Pflicht, der 
Selbsterhaltung wie der Häuslichkeit, nicht in Betracht. Genießend oder 
schaffend kannte Mozart gleichwertig Maß und Ziel. Ein Teil der Nacht 
war stets der Komposition gewidmet. Morgens früh, oft lange noch im 
Bett, ward ausgearbeitet. Dann machte er von zehn Uhr an, zu Fuß oder 
im Wagen abgeholt, die Runde seiner Lektionen, die in der Regel noch 
einige Nachmittagsstunden wegnahmen. >Wir plagen uns wohl auch
rechtschaffen<, so schreibt er selber einmal einem Gönner, >und es hält 
öfter schwer, nicht die Geduld zu verlieren. Da halst man sich als 
wohlakkreditierter Cembalist und Musiklehrmeister ein Dutzend 
Schüler auf, und immer wieder einen neuen, unangesehn, was weiter an 
ihm ist, wenn er nur seinen Taler per marca bezahlt. Ein jeder 
ungrische Schnurrbart vom Geniekorps ist willkommen, den der Satan 
plagt, für nichts und wieder nichts Generalbaß und Kontrapunkt zu 
studieren: das übermütigste Komteßchen, das mich wie Meister 
Coquerel, den Haarkräusler, mit einem roten Kopf empfängt, wenn ich 
einmal nicht auf den Glockenschlag bei ihr anklopfe usw.< Und wenn 
er nun, durch diese    
    
		
	
	
	Continue reading on your phone by scaning this QR Code
	 	
	
	
	    Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the 
Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.