mag, auch nicht über längern
Aufenthalt in dem Hause, wo ihr gewesen seyd; hör ich das mindeste,
Pompey, so will ich euch in euer Lager zurük schlagen, und ein
strenger Cäsar gegen euch seyn; aufrichtig zu sprechen, Pompey, ihr
hättet verdient, daß ich euch ein wenig abpeitschen liesse; und hiemit,
Pompey, gehabt euch für dißmal wohl.
Harlequin. Ich danke Euer Gnaden für den guten Rath; ich werde ihm
folgen, wie das Schiksal, und Fleisch und Blut es erlauben werden--
(für sich)
Sapperment! Ein dapfrer Mann läßt sich nicht sogleich aus seinem
Handwerk peitschen.
(Geht ab.)
Fünfte Scene.
Escalus. Kommt zu mir hieher, Meister Ellbogen; kommt her, Herr
Commis; wie lang ist es, daß ihr dieses Amt in euerm Quartier
verwaltet?
Ellbogen. Sieben und ein halb Jahr, Gnädiger Herr.
Escalus. Ich dachte, nach euerer Fertigkeit in diesem Amte zu urtheilen,
ihr hättet es schon eine gute Zeit getrieben. Sieben ganze Jahre, sagt
ihr?
Ellbogen. Und ein halbes, Gnädiger Herr.
Escalus. Es wird euch viele Mühe gemacht haben, mein guter Mann;
sie meynen es nicht gut mit euch, daß sie euch so oft dazu anstrengen;
hat es denn keine Leute in euerm Kirchspiel, die im Stande wären es zu
versehen?
Ellbogen. Mein Treu, Gnädiger Herr, nicht viele die den Verstand zu
solchen Geschäften haben; wenn sie gewählt werden, so ist es ihnen
immer eine Gefälligkeit, wenn ich den Dienst für sie versehe; sie
bezahlen mich dafür, und so trag ich eben das Amt für alle.
Escalus. Seht ihr, bringt mir die Namen von sechs oder sieben, die die
tauglichsten in euerm Kirchspiel sind.
Ellbogen. In Euer Gnaden Haus?
Escalus. In mein Haus; behüt euch Gott.
(Ellbogen geht ab.)
(Zum Richter.)
Wie viel denkt ihr daß die Gloke ist?
Richter. Eilfe, Gnädiger Herr.
Escalus. Ich bitte euch, kommt mit mir zum Mittag-Essen.
Richter. Ich danke euer Gnaden unterthänig.
Escalus. Ich kränke mich herzlich über Claudios Tod; aber es ist nicht
zu helfen.
Richter. Der Freyherr Angelo ist streng.
Escalus. Es ist nur allzu nöthig; Güte hört auf es zu seyn, wenn sie
immer die gleiche Mine macht; und Nachsicht ist allemal die Mutter
neuer Verbrechen. Und doch--armer Claudio! Es ist nicht zu helfen!--
Folget mir, mein Herr.
(Gehen ab.)
Sechste Scene. (Der Kerkermeister, ein Bedienter.)
Bedienter. Er giebt nur einer Partey Gehör; er wird gleich kommen: Ich
will ihm sagen, daß ihr hier seyd.
Kerkermeister. Ich bitte euch, thut es; ich möchte wissen, was sein
Wille ist; vielleicht ihn wieder frey zu lassen--Ach! Er hat kaum mehr
als in einem Traum gesündiget; alle Stände, alle Alter riechen nach
diesem Laster--und er soll dafür sterben. (Angelo zu den Vorigen.)
Angelo. Nun, was giebt es, Kerkermeister?
Kerkermeister. Ist es Euer Gnaden Wille, daß Claudio morgen sterben
solle?
Angelo. Sagt' ich dir nicht schon, ja? Hast du nicht Befehl? Wozu
brauchst du noch einmal zu fragen?
Kerkermeister. Aus Furcht, ich möchte zu rasch seyn. Mit Euer Gnaden
Erlaubniß, ich habe den Fall schon erlebt, da der Richter nach der
Vollziehung sein Urtheil gerne wiederruffen hätte.
Angelo. Thu du deine Pflicht, und laß das meine Sorge seyn; thu deine
Pflicht, oder gieb dein Amt auf; und es soll dir keine Mühe mehr
gemacht werden.
Kerkermeister. Ich bitt' unterthänig um Verzeihung, Gnädiger
Herr--Und was soll ich mit der winselnden Juliette anfangen? Sie ist
ihrer Entbindung sehr nahe.
Angelo. Bringe sie an einen bequemem Ort, und das unverzüglich.
Der Bediente. Gnädiger Herr, hier ist die Schwester des verurtheilten
Manns, und bittet vor Euer Gnaden gelassen zu werden.
Angelo. Hat er eine Schwester?
Kerkermeister. Ja, Gnädiger Herr, eine sehr tugendhafte junge Person,
die im Begriff ist eine Klosterfrau zu werden, wenn sie es nicht schon
ist.
Angelo. Gut; laß sie herein kommen.
(Bedienter geht ab.)
Sorgt ihr davor, daß die Hure in einen andern Ort gebracht werde; laßt
ihr bloß die nothdürftige, und keine überflüssige Unterhaltung geben;
es soll Befehl deshalb ertheilt werden.
Siebende Scene. (Lucio und Isabella, zu den Vorigen.) (Kerkermeister
will abtreten.)
Angelo. Bleibt noch ein wenig--
(Zu Isabella.)
Seyd willkommen; was ist euer Begehren?
Isabella. Ich bin eine bekümmerte Person, die eine Bitte an Euer
Gnaden thun möchte, wenn es euch gefiele mich anzuhören.
Angelo. Gut; was ist eure Bitte?
Isabella. Es ist ein Laster, das ich von Herzen verabscheue; das ich
gestraft zu sehen wünsche, und für welches ich keine Fürbitte thun
würde, wenn ich nicht müßte.
Angelo. Gut, zur Sache.
Isabella. Ich habe einen Bruder der zum Tod verurtheilt ist; ich bitte
euch, laßt das Urtheil auf sein Verbrechen, und nicht auf meinen
Bruder fallen.
Kerkermeister (leise.) Der Himmel gebe dir die Gnade, ihn zu rühren;
Angelo. Das Verbrechen verurtheilen, und nicht den Thäter? Ein jedes
Verbrechen ist schon verurtheilt, eh es gethan wird. Was würde mein
Amt seyn, wenn ich die Verbrechen fände, deren Strafe die Geseze
bestimmt haben, und die Thäter gehen liesse?

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