Lieder von Lessing | Page 8

Gotthold Ephraim Lessing
drei Reiche der Natur
Ich trink, und trinkend f?llt mir bei,?Warum Naturreich dreifach sei.?Die Tier und Menschen trinken, lieben,?Ein jegliches nach seinen Trieben:?Delphin und Adler, Floh und Hund?Empfindet Lieb und netzt den Mund.?Was also trinkt und lieben kann,?Wird in das erste Reich getan.
Die Pflanze macht das zweite Reich,?Dem ersten nicht an G��te gleich:?Sie liebet nicht, doch kann sie trinken;?Wenn Wolken tr?ufelnd niedersinken,?So trinkt die Zeder und der Klee,?Der Weinstock und die Aloe.?Drum, was nicht liebt, doch trinken kann,?Wird in das zweite Reich getan.
Das Steinreich macht das dritte Reich;?Und hier sind Sand und Demant gleich:?Kein Stein f��hlt Durst und zarte Triebe,?Er w?chset ohne Trunk und Liebe.?Drum, was nicht liebt noch trinken kann,?Wird in das letzte Reich getan.?Denn ohne Lieb und ohne Wein,?Sprich, Mensch, was bleibst du noch?--Ein Stein.
Die l��genhafte Phyllis
Mein Damon spricht:?Kind, l��ge nicht!?Sonst werd ich strafen m��ssen,?Und dich zur Strafe k��ssen.?Er droht mir, sieht verdr��?lich aus,?Und strafet mich schon im voraus.
Sonst log ich nicht.?Nur seit er spricht:?Du sollst mir fein mit K��ssen?Die losen L��gen b��?en,?Red ich kein wahres W?rtchen mehr.?Nun, Schwestern, sagt, wo k?mmt das her?
Die lehrende Astronomie
Dank sei dem Sch?pfer, der mein Haupt?Auf hohe feste Schultern baute,?Und mir die Pracht zu sehn erlaubt,?Die nie ein h?ngend Tieraug schaute!?Hier lern ich mich und ihn erkennen,?Und hier mich nichts, ihn alles nennen.?Was bin ich? Ich bin gro? genung,?Bin ich ein Punkt der Welt zu nennen.?Mein Wissen ist Verwunderung;?Mein Leben leichter Blitze Brennen.?Und so ein Nichts, verblendte Toren,?Soll sein zum Herrn der Welt geboren?
Der Stolz, der Torheit Eigentum,?Verkennt, zu eignem Trost, sich gerne;?Die Demut ist des Weisen Ruhm,?Und die lernt er bei euch, ihr Sterne!?Und wird nur gro?, weil er euch kennet,?Und euern Gott auch seinen nennet.
Auch wenn sein Ungl��ck ihn den Weg,?Den harten Weg der Pr��fung f��hret,?Und wenn, auf dem einsamen Steg,?Sich Lieb und Freund von ihm verlieret,?Lernt er bei euch, durch s��?e Grillen,?Oft allzuwahre Schmerzen stillen.
O Tugend! reizend Hirngedicht,?Erdachte Zierde unsrer Seelen!?Die Welt, o Tugend, hat dich nicht:?Doch wirst du auch den Sternen fehlen??Nein, starbst du gleich bei uns im Abel,?Du selbst bist viel zu sch?n zur Fabel.
Dort seh ich, mit erstauntem Blick,?Ein gl?nzend Heer von neuen Welten;?Getrost, vielleicht wird dort das Gl��ck?So viel nicht, als die Tugend, gelten.?Vielleicht dort in Orions Grenzen?Wird, frei vom Wahn, die Wahrheit gl?nzen!
"Das ��bel", schreit der Aberwitz,?"Hat unter uns sein Reich gewonnen."?Wohl gut, doch ist des Guten Sitz?In ungez?hlten gr??ern Sonnen.?Der Dinge Reihen zu erf��llen,?Schuf jenes Gott mit Widerwillen.
So, wie den Kenner der Natur?Auch Quarz und Eisenstein vergn��gen,?Nicht Gold- und Silberstufen nur?In F?chern, voller L��cken, liegen:?So hat das ��bel Gott erlesen?Der Welt zur F��llung, nicht zum Wesen.
O nahe dich, erw��nschte Zeit,?Wo ich, frei von der Last der Erde,?In wachsender Gl��ckseligkeit,?Einst be?re Welten sehen werde!?O Zeit, wo mich entbundne Schwingen?Von einem Stern zum andern bringen!
Gedanken! fliehet nur voran!?Verirrt euch in den weiten Sph?ren,?Bis ich euch selber folgen kann.?Wie lang, Geschick, wird es noch w?hren!?O Lust, hier seh ich schon die Kreise,?Die Wege meiner ewgen Reise!
Drum kr?nkt der blinde Damon sich?Nur in der Nacht um sein Gesichte.?Geruhig, Tag, vermi?t er dich,?Und deine Eitelkeit im Lichte;?Und w��nscht sich, von der Weltlust ferne,?Ein f��hlend Aug nur f��r die Sterne.
O selge Zeit der stillen Nacht,?Wo Neid und Bosheit schlafend liegen,?Und nur ein frommes Auge wacht,?Und sucht am Himmel sein Vergn��gen!?Gott sieht die Welt in diesen Stunden,?Und spricht, ich hab sie gut gefunden!
Berlin.?L.
Die schlafende Laura
Nachl?ssig hingestreckt,?Die Brust mit Flor bedeckt,?Der jedem L��ftchen wich,?Das s?uselnd ihn durchstrich,?Lie? unter jenen Linden?Mein Gl��ck mich Lauren finden.?Sie schlief und weit und breit?Schlug jede Blum ihr Haupt zur Erden,?Aus mi?vergn��gter Traurigkeit,?Von Lauren nicht gesehn zu werden.?Sie schlief, und weit und breit?Erschallten keine Nachtigallen,?Aus weiser Furchtsamkeit,?Ihr minder zu gefallen,?Als ihr der Schlaf gefiel,?Als ihr der Traum gefiel,?Den sie vielleicht itzt tr?umte,?Von dem, ich hoff' es, tr?umte,?Der staunend bei ihr stand,?Und viel zu viel empfand,?Um deutlich zu empfinden,?Um noch es zu empfinden,?Wie viel er da empfand.?Ich lie? mich sanfte nieder,?Ich segnete, ich k��?te sie,?Ich segnete, und k��?te wieder:?Und schnell erwachte sie,?Schnell taten sich die Augen auf.?Die Augen?--nein, der Himmel tat sich auf.
Die schlimmste Frau
Die Weiber k?nnen nichts als plagen.?Der Satz sagt viel und ist nicht neu.?Doch, Freunde, k?nnt ihr mir nicht sagen,?Welch Weib das schlimmste sei?
Ein Weib, das mit dem Manne scherzet?Wie ein gebildter Marmorstein,?Das ohne Glut und Reiz ihn herzet,?Das kann kein gutes sein.
Ein Weib, das wie ein Drache geizet,?Und gegen Kind und Magd genau,?Den Dieb, mich zu bestehlen reizet,?O eine schlimme Frau!
Ein Weib, das gegen alle lachet,?In Liebesstreichen frech und schlau?Uns t?glich neue Freunde machet,?O eine schlimmre Frau!
Ein Weib, das nichts als bet und singet,?Und bei der Kinder Zeitvertreib?Mit Seufzen ihre H?nde ringet,?O ein noch schlimmer Weib!
Ein Weib, das stolz aufs Eingebrachte,?(Und welche nimmt der Stolz nicht ein?)?Den Mann sich gern zum Sklaven machte,?Das mu? ein Teufel sein!
Ein Weib, das ihrem Manne fluchet,?Wenn er Gesellschaft, Spiel und Wein,?Wie heimlich sie Liebhaber, suchet,?Das mu?--ein Weibsbild sein!
Die verschlimmerten Zeiten
Anakreon trank, liebte, scherzte,?Anakreon trank, spielte, herzte,?Anakreon trank, schlief, und
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