zu welchen in Nimbschen bei Einführung der 
neuen Aebtissin der Abt-Visitator eine Art Hirtenbrief als 
Erläuterung und Ergänzung der Ordensregel gegeben hatte, wurden 
alle Vierteljahre kapitelweise im Konvent gelesen und durch die 
Aebtissin oder Priorin Punkt für Punkt erklärt, damit jede 
Klosterjungfrau — namentlich aber die Neulinge — aus sich selbst 
die klösterliche Lebensweise und Lebenseinrichtung annähmen. 
In solche strenge Klosterzucht wurde nun das junge Mädchen 
eingeführt. Wenn auch die Praxis — wie sich bei jeder Visitation
zeigte, namentlich in der Verordnung von unnützen Reden — von 
der Theorie abwich, so war doch zu dieser Zeit ein stramme ernstliche 
Einhaltung der Ordensregel in Nimbschen durchgeführt. Man hatte 
nämlich gerade um 1500 auch hier wie in anderen Klöstern eine 
„Reformation“ der zerfallenen Klosterordnung erstrebt[43]. 
Neben dieser Erziehung zum Klosterleben gab es auch einigen 
_Unterricht_, der mit dem Ordensleben zusammen hing. Die Novizen 
mußten lesen lernen — was damals bei der krausen Schrift und dem 
noch krauseren Stil nicht so ganz leicht war[44]. Sogar ins Lateinische 
mußten die Nonnen notdürftig eingeführt werden: denn die 
Lesungen und Gebete, besonders aber die Gesänge waren meist in der 
Kirchensprache geschrieben — wenn es auch mit dem Verständnis 
der Fremdsprache nicht gerade weit her war: singen ja doch auch heute 
Kirchenchöre in Dorfgemeinden lateinische Hymnen und Messen. 
Auch schreiben hat Katharina im Kloster gelernt, wenn sie auch 
später — wie alle viel beschäftigten Frauen nicht gerne und viel 
schrieb und an Fremde und hochgestellte Personen ihre Gedanken 
lieber einem Studenten oder Magister in die Feder sagte. Sonst konnten 
nicht alle Klosterfrauen diese Kunst. Eine eigentliche Schule, worin die 
Schulmeidlein gelehrt wurden, gab es nicht, doch waren einige 
Klosterfrauen fähig, nach ihrem Austritt 
Mädchenschulmeisterinnen zu werden, so die Schwester von Staupitz 
und die Elsa von Kanitz[45]. 
Der Gesang spielte eine große Rolle im Kloster: waren doch alle 
religiösen Uebungen größtenteils gemeinschaftlich und mußten 
so zum Chorgesang werden. Es war eine Sängerin oder 
Sangmeisterin (Kapellenmeisterin) bestellt, welche die Gesänge 
einzuüben hatte. Und im Kloster war ein altes „Sangbuch“, 
welches 1417 für 2 Schock Groschen gekauft und vom 
markgräflichen Vogt zu Grimma bezahlt worden war. Es waren aber 
im Kloster fremde Gesänge aufgekommen und es wurde gegen die 
Regel des seligen Vaters Bernhard zu schnell und ungleich (d.h. 
rhythmisch) gesungen, und kam der Unfug auf, daß unvermittelt bald 
alle, bald wenige Stimmen sangen; der Abt von Pforta ordnete daher an, 
daß rund, eine Silbe wie die andere gesungen werde, einhellig und 
mit gleicher Stimme, nicht zu hoch und zu tief[46]. 
Im Jahre 1509, als Katharina von Bora zehn Jahre zählte, war sie kein
Kostkind oder Schulmeidlein mehr, sondern wurde schon unter die 
Klosterjungfrauen gezählt. Sie war also einstweilen wenigstens 
„Postulantin“, Anwärterin für die Pfründe. Da meist das 
vierzehnte Lebensjahr das Entscheidungsjahr für die 
Klostergelübde war, so hätte sie mit dem dreizehnten ihr Noviziat 
antreten und ein Jahr darauf Profeß thun können. Es ist auffällig, 
daß sich dies bei Katharina zwei Jahre hinausschob, und sogar die 
später eingetretene jüngere Ave Schönfeld vor ihr mit ihrer 
älteren Schwester Margarete eingesegnet wurde[47]. 
Mit ihrem 15. Jahre also wurde Katharina von Bora nach dem 
Herkommen der Sammlung von der Aebtissin „angegeben“ 
(vorgeschlagen) und von dem Konvent angenommen. Unter feierlichen 
Zeremonien in der Kirche wurden ihr die Haare abgeschnitten, die mit 
Weihwedel und Rauchfaß besprengten und beräucherten heiligen 
Kleider angethan: die weiße Kutte übergezogen, der weiße 
Weiler (das Kopftuch (velum, der sog. Schleier)) ums Haupt 
geschlungen; auf diesem wurde der Himmelsbraut der weiße 
Rosenkranz aufgesetzt und der Heiland im Kruzifix als Bräutigam in 
die Arme gelegt, dann hat sie ihm durch Opferung des Kranzes ewige 
Reinigkeit verheißen und geschworen. Darauf fiel die Postulantin der 
Reihe nach der Aebtissin und jeder der einzelnen Klosterfrauen 
demütig zu Füßen, wurde von ihnen aufgehoben und mit einem 
Kusse als Schwester in die Gemeinschaft aufgenommen[48]. 
Jetzt kam Katharina unter die strenge Zucht einer älteren Klosterfrau 
und mußte in dieser Probezeit im Ernst all die vielen Dinge üben 
in Haltung und Gang, in Gebärde und Rede, welche eine Nonne auf 
Schritt und Tritt zu beobachten hat, wenn sie nicht gegen die Regel 
sündigen und dafür Buße erleiden will. So erzählt eine Nonne: 
„Das Probejahr geschahe nur, daß wir Ordensweise lernten und 
uns versuchten, ob wir zum Orden tüchtig“[49]. 
Endlich, im Jahre 1515, „Montags nach Francisci Confessoris“, 
d.h. am 8. Oktober, war Katharinas „eynseghnug“. Da mußte 
sie „Profeß thun“, d.h. das ewig bindende Klostergelübde 
ablegen. Es wird ihr gegangen sein wie jener anderen Nonne, die um 
diese Zeit auch eingesegnet wurde und von sich erzählt: „Am 
Abend vor meiner Profession sagte mir die Aebtissin vor der ganzen 
Versammlung im Kapitel: man solle mir die Schwierigkeit der Regel
vorlegen und mich fragen, ob ich das gesinnet wäre zu halten? wäre 
aber nicht von nöten, denn ich hätte mich in der Einkleidung 
genugsam verpflichtet. Und wenn ich gleichwohl gefragt worden 
wäre, hätte ich doch nichts sagen    
    
		
	
	
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