aus dem Leben gegriffene Lustspiel 
von ächtem Nationalgehalt, lenkte seinen Blick zugleich auf die großen 
Weltereignisse des siebenjährigen Krieges. Neben dem bedeutenden 
Stoff bewunderte er besonders die concise Behandlung. Ein solches 
Muster zu erreichen, traute er sich nicht zu. Schon sein beschränkter 
Umgang mit vielseitig gebildeten Personen verhinderte ihn daran. In 
den eignen Busen mußte er greifen, wenn es ihm darum zu thun war, 
seinen Gedichten durch Empfindung oder Reflexion eine feste Basis zu 
geben. Fühlbar ward ihm wenigstens, daß er, um bei seinen poetischen 
Producten zu einer klaren Anschauung der einzelnen Gegenstände zu 
gelangen, aus dem Kreise, der ihn umgab und ihm ein Interesse 
einflößte, nicht heraustreten durfte. Solchen Ansichten verdankten 
mehrere lyrische Gedichte Goethe's, von denen sich jedoch nur wenige 
erhalten haben, ihre Entstehung. Goethe gab diesen Gedichten meistens 
die Form des Liedes, bisweilen auch ein freieres Versmaß. Es waren 
weniger Produkte einer sehr lebhaften Phantasie, als des ruhigen 
Verstandes, wofür schon die epigrammatische Wendung in einigen 
jener Gedichte zu sprechen schien. Unverändert blieb seinem Geiste die 
Richtung, Alles, was ihn erfreute, beunruhigte oder überhaupt in irgend
einer Weise lebhaft beschäftigte, in ein poetisches Gewand zu kleiden. 
Seine Natur, die leicht von einem Extrem in's andre geworfen ward, 
gelangte dadurch zu einer gewissen Ruhe. 
Aus seinem, durch eigene Schuld, vorzüglich durch grundlose 
Eifersucht wieder aufgelösten Lebensverhältniß schöpfte Goethe die 
Idee zu seinem ersten dramatischen Werke. 1769 dichtete er sein 
Schauspiel: "die Laune des Verliebten", das er jedoch erst nach einer 
bedeutenden Reihe von Jahren dem Druck übergab. Seinem Inhalt nach 
war das Stück dem später gedichteten Schauspiel: "Erwin und Elmire" 
ähnlich, so wesentlich es sich von demselben durch die Form und 
Behandlungsart unterschied. Erhalten hat sich unter mehreren 
literarischen Entwürfen aus jener Zeit nur der Anfang einer in 
Alexandrinern verfaßten Uebersetzung von Corneille's Lustspiel: Le 
Menteur, unter dem Titel: "der Lügner", und außerdem das Fragment 
eines in Briefen zwischen "Arianne und Wetty" geschriebenen Romans. 
Man findet diese Bruchstücke in den neuerlich von A. Scholl 
herausgegebenen Briefen und Aufsätzen Goethes aus den Jahren 
1766-1786. Vollendet ward von Goethe nur das Lustspiel: "Die 
Mitschuldigen." Er bedauerte in spätern Jahren, daß er über der ernsten 
Richtung in seinen ersten dramatischen Werken manchen heitern Stoff, 
den ihn das Studentenleben darbot, unbenutzt gelassen hatte. Seine 
Empfindungen legte er in einzelnen Liedern und Epigrammen nieder, 
die jedoch, nach seinem eignen Geständnisse in späterer Zeit, zu 
subjectiv waren, um außer ihn selbst, noch irgend Jemand zu 
interessiren. 
Einen frühen Jugendeindruck erneuerte in Goethe Gellerts wiederholte 
und dringende Ermahnung an seine Zuhörer, sich dem öffentlichen 
Gottesdienste und dem Genuß des heiligen Abendmahls nicht zu 
entziehen. Etwas Furchtbares hatte für Goethe von jeher die 
neutestamentliche Vorstellung gehabt: wer das Sakrament unwürdig 
genösse, äße und tränke sich selbst den Tod. Von mannigfachen 
Gewissensscrupeln beunruhigt, hatte er sich der Abendmahlsfeier lange 
entzogen, und Gellerts Ermahnungen fielen ihm um so schwerer aufs 
Herz. Ueber die ernsten Betrachtungen, denen er sich eine Zeit lang 
überließ, siegte indeß bald wieder angeborner Humor und jugendlicher 
Leichtsinn. 
Einflußreich und belehrend durch seine vielseitigen Sprach- und
Literaturkenntnisse ward für Goethe die Bekanntschaft mit dem 
Hofmeister eines jungen Grafen von Lindenau. Er hieß Behrisch, und 
war, nach Goethes eigner Schilderung, ungeachtet seines redlichen 
Charakters und seiner vielen löblichen Eigenschaften, einer der größten 
Sonderlinge. Trotz der Würde seines äußern Benehmens war er immer 
zu allerlei muthwilligen Possen aufgelegt. Durch seine sarkastischen 
Bemerkungen weckte er in Goethe den Hang zur Satyre. Zur besondern 
Zielscheibe seines Witzes wählte sich dieser den Professor Clodius, der 
die stylistischen Vorlesungen übernommen, welche Gellert, seiner 
Kränklichkeit wegen, hatte aufgeben müssen. Durch den Tadel eines 
Gedichts, mit welchem Goethe die Hochzeit eines Oheims in Frankfurt 
verherrlichen wollte, hatte Clodius seine Autoreitelkeit verletzt. 
Gemeinschaftlich mit seinem Freunde Behrisch rächte sich Goethe 
durch lauten Spott über die mittelmäßigen Oden, mit denen Clodius 
mehrmals bei feierlichen Gelegenheiten hervorgetreten war. Die darin 
enthaltenen Kraftsprüche und Sentenzen benutzte Goethe zu einer 
Parodie. Es war ein an den damals sehr beliebten Conditor Händel 
gerichtetes Gedicht, welches zwar nicht gedruckt, doch bald in 
mehreren Abschriften verbreitet ward. Die Wirkung seiner Parodie 
verstärkte Goethe noch durch einen satyrischen Prolog, den er bald 
nachher zu dem von Clodius geschriebenen Lustspiel: "Medon oder die 
Rache des Weisen" dichtete. Nach seiner eignen Schilderung in spätern 
Jahren hatte Goethe in jenem Prolog Harlekin mit zwei Säcken 
auftreten lassen, mit moralisch-ästhetischem Sande gefüllt, den die 
Schauspieler den Zuschauern in die Augen streuen sollten. Der eine 
Sack, äußerte Harlekin, sei mit Wohlthaten gefüllt, die nichts kosteten, 
der andere mit allerlei hochtrabenden Sentenzen, hinter denen nichts 
stecke. Darum möchten die Zuschauer ja die Augen zudrücken u.s.w. 
Getrennt von seinem Freunde Behrisch, dem seine vielseitigen 
Kenntnisse die Stelle eines Erziehers des Erbprinzen von Dessau 
verschafft hatten, sank Goethe wieder aus Mangel an Selbstständigkeit 
in das vielfach bewegte und leidenschaftliche Treiben zurück, dem er 
durch Behrisch kaum entrissen worden war. Auf einen bessern    
    
		
	
	
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