erfüllt von guten Nachrichten]: Raina! [Sie 
spricht Rahina mit Betonung des i.] Raina! [Sie geht an das Bett in der 
Erwartung, Raina dort zu finden.] Wo steckst du denn? [Raina wendet 
sich nach dem Zimmer um.] Um Gottes willen, Kind, warum da 
draußen in der Nachtluft statt im Bett! Du wirst dir den Tod holen. 
Louka sagte mir doch, daß du schliefest. 
Raina [eintretend]: Ich habe sie fortgeschickt, weil ich allein sein 
wollte--die Sterne sind so wundervoll. Was ist denn los? 
Katharina: Große Neuigkeiten--eine Schlacht ist geschlagen worden! 
Raina [mit weiten Augen]: Ah! [Sie wirft ihren Pelz auf die Ottomane 
und kommt in bloßem Nachtkleid, einem hübschen Kleidungsstück, 
doch sichtlich dem einzigen, das sie anhat, heftig auf Katharina zu.] 
Katharina: Eine große Schlacht, bei Slivnitza, ein Sieg! und Sergius hat 
ihn erfochten. 
Raina [mit einem Freudenschrei]: Ah--[Entzückt:] O Mutter! [Dann 
plötzlich ängstlich:] Ist der Vater gesund und unversehrt? 
Katharina: Selbstverständlich, von ihm kommt ja die Nachricht. 
Sergius ist der Held des Tages, der Abgott seines Regiments. 
Raina: Erzähle, erzähle! wie ist das zugegangen? [Ekstatisch:] O 
Mutter, Mutter, Mutter! [Sie drückt ihre Mutter auf die Ottomane 
nieder. Sie küssen einander leidenschaftlich.] 
Katharina [mit ungestümem Enthusiasmus]: Du kannst dir nicht 
vorstellen, wie herrlich es ist. Eine Kavallerieattacke, denke dir nur! Er 
hat unseren russischen Befehlshabern Trotz geboten, er handelte ohne 
Kommando. Auf eigene Faust führte er einen Angriff aus, er selbst an 
der Spitze. Er war der erste Mann, der die feindliche Artillerie 
durchbrach! Stell es dir nur einmal vor, Raina, wie unsere kühnen 
glänzenden Bulgaren mit blitzenden Schwertern und blitzenden Augen 
einer Lawine gleich herniederdonnerten und die elenden Serben mit
ihren geckenhaften österreichischen Offizieren wegfegten wie Spreu. 
Und du, du ließest Sergius ein Jahr lang warten, bis du ihm dein Jawort 
gabst. Oh, wenn du einen Tropfen bulgarischen Blutes in den Adern 
hast, wirst du ihn jetzt anbeten, wenn er zurückkommt. 
Raina: Was wird ihm an meiner armseligen Anbetung liegen, nachdem 
ihm eine Armee von Helden zugejubelt hat! Doch einerlei. Ich bin so 
glücklich, so stolz! [Sie steht auf und geht heftig bewegt auf und ab.] 
Es beweist mir, daß alle unsere Ideen doch Wahrheit waren. 
Katharina [indigniert]: Unsere Ideen Wahrheit? Was meinst du damit? 
Raina: Unsere Vorstellungen von dem, was ein Mann wie Sergius 
einmal vollbringen würde--unsere Vorstellungen von Patriotismus, von 
Heldentum. Ich zweifelte manchmal, ob sie etwas anderes als Träume 
wären. Oh, was für ungläubige kleine Geschöpfe wir Mädchen sind! 
Als ich Sergius den Säbel umgürtete, sah er so edel aus. Es war Verrat 
von mir, da an Enttäuschungen, Demütigung oder Mißerfolg zu denken, 
und doch--und doch...[Rasch:] Versprich mir, daß du es ihm niemals 
sagen wirst. 
Katharina: Verlange kein Versprechen von mir, bevor ich weiß, was ich 
eigentlich versprechen soll. 
Raina: Nun, als er mich in seinen Armen hielt und mir in die Augen 
blickte, da fiel es mir ein, daß wir vielleicht unsere Vorstellungen von 
Heldengröße bloß deshalb haben, weil wir gar so gerne Byron und 
Puschkin lesen und weil wir in diesem Jahre von der Oper in Bukarest 
so entzückt waren. Das wirkliche Leben gleicht so selten diesen 
Bildern--ja niemals, soweit ich es bis dahin kannte...[reuevoll:] Denk 
dir nur, Mutter, ich zweifelte an ihm. Ich fragte mich, ob nicht am Ende 
alle seine Soldateneigenschaften und sein Heldentum sich als 
Einbildung erweisen würden, sobald er sich in einer wirklichen 
Schlacht befände. Ich hatte eine unangenehme Angst, daß er am Ende 
gar eine klägliche Figur inmitten all der klugen russischen Offiziere 
abgeben würde. 
Katharina: Schämst du dich nicht--eine klägliche Figur? Die Serben 
haben österreichische Offiziere, die genau so klug sind wie unsere 
russischen, und wir haben sie trotzdem in jeder Schlacht geschlagen. 
Raina [lacht und setzt sich wieder]: Jawohl! ich war bloß ein 
poesieloser kleiner Feigling. Nein, zu denken, daß dies alles wahr 
ist--daß Sergius genau so edel und kühn ist, wie er aussieht--, daß die
Welt tatsächlich eine herrliche Welt für Frauen ist, die ihre Größe 
sehen können, und für Männer, die fähig sind, ihre Romantik 
darzustellen! Was für ein Glück, was für unaussprechliche 
Erfüllungen--ach! [Sie wirft sich neben ihrer Mutter auf die Knie und 
umschlingt sie leidenschaftlich mit den Armen.] 
[Sie werden durch den Eintritt Loukas unterbrochen, eines hübschen 
stolzen Mädchens in der hübschen bulgarischen Bauerntracbt mit 
Klappschürze. Sie benimmt sich so keck, daß ihr dienstliches Verhalten 
gegen Raina beinahe unverschämt aussieht; vor Katharina fürchtet sie 
sich, aber selbst mit ihr geht sie so weit, wie sie's nur immer wagen zu 
dürfen glaubt. Sie ist jetzt ebenso aufgeregt wie die anderen, aber sie 
sympathisiert nicht mit Rainas Begeisterung und blickt verachtungsvoll 
auf die Verzückung der beiden, bevor sie sie anredet.] 
Louka: Entschuldigen Sie, gnädige Frau, alle Fenster müssen 
geschlossen und alle Läden verriegelt werden. Man sagt, daß vielleicht 
in den Straßen geschossen werden wird. [Raina und Katharina erheben 
sich gleichzeitig erschrocken.] Die Serben werden durch den Paß 
zurückgejagt, und    
    
		
	
	
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