Heimatlos

Johanna Spyri
Heimatlos, by Johanna Spyri

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Title: Heimatlos Geschichten für Kinder und auch für solche, welche
die Kinder lieb haben, 1. Band
Author: Johanna Spyri
Release Date: March 8, 2007 [EBook #20780]
Language: German
Character set encoding: ISO-8859-1
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HEIMATLOS ***

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Heimatlos.
Zwei Geschichten für Kinder und auch für solche, welche die Kinder

lieb haben.
Von Johanna Spyri.
Siebzehnte Auflage. Mit vier Bildern.
Gotha. Friedrich Andreas Perthes A.-G.

Alle Rechte vorbehalten.

Inhalt. Seite
Am Silser- und am Gardasee 1
Wie Wiselis Weg gefunden wird 129

Am Silser- und am Gardasee.
[Illustration: Frontispiz]
[Illustration: Das Büblein schaute mit den großen, dunklen Augen
lange hinaus dem Vater nach]

Erstes Kapitel.
Im stillen Hause.
Im Ober-Engadin, an der Straße gegen den Maloja hinauf, liegt ein
einsames Dörfchen, das heißt Sils. Da geht man von der Straße
querfeldein, und hinten, ganz nahe an den Bergen, liegt ein kleiner Ort,
der heißt Sils-Maria. Da standen zwei Häuschen einander gegenüber,
ein wenig abseits im Felde. Die hatten beide uralte hölzerne Haustüren
und ganz kleine Fenster tief in der Mauer drinnen. Beim einen Haus

war ein kleines Stück Garten, da wuchs Kraut und Kohl und es standen
auch vier Blumenstöcke darin, die sahen aber mager aus und
aufgeschossen wie das Kraut. Beim anderen Häuschen war gar nichts
als ein kleiner Stall neben der Tür; da krochen zwei Hühner aus und ein.
Dies Häuschen war noch ziemlich kleiner als das andere, und die
hölzerne Tür war schwarz vor Alter.
Aus dieser Tür trat jeden Morgen um dieselbe Zeit ein großer Mann,
der mußte sich bücken, um hinauszukommen. Der große Mann hatte
ganz glänzend schwarze Haare und schwarze Augen, und unter der
schön geformten Nase fing gleich ein so dichter, schwarzer Bart an, daß
man vom übrigen Gesichte nichts mehr sah als die weißen Zähne, die
zwischen den Barthaaren durchblitzten, wenn der Mann einmal sprach;
aber er sprach sehr wenig. Alle Leute in Sils kannten den Mann, aber
niemand nannte ihn bei einem Namen, er hieß bei allen nur »der
Italiener«. Er ging regelmäßig den schmalen Weg querüber gegen Sils
hin und den Maloja hinauf. Dort wurde viel an der Straße gebaut, und
da hatte der Italiener seine Arbeit. Ging er aber nicht den Weg hinauf,
so ging er hinunter, dem Bade St. Moritz zu; dort baute man Häuser,
und er fand auch seine Arbeit. Da blieb er den Tag über und kehrte erst
am Abend wieder ins Häuschen zurück. Gewöhnlich, wenn er am
Morgen aus der Tür trat, stand hinter ihm ein Büblein; das stellte sich
auf die Türschwelle, wenn der Vater draußen war, und schaute mit den
großen, dunklen Augen lange hinaus dem Vater nach, oder sonst wohin,
man hätte nicht sagen können, wohin, denn es war, als ob die dunklen
Augen über alles wegschauten, was vor ihnen lag, und auf etwas hin,
das niemand sehen konnte.
Am Sonntagnachmittag, wenn die Sonne schien, dann traten die beiden
auch manchmal miteinander aus dem Häuschen und gingen
nebeneinander her die Straße hinauf. Und wenn man sie so ansah, so
sah man ganz dasselbe vor sich in den zwei Gestalten, nur bei dem
Büblein alles im kleinen, aber es war ganz wie vom Vater
abgeschnitten, bis auf den schwarzen Bart, den hatte es nicht, sondern
ein schmales, bleiches Gesichtchen war da zu sehen, mit dem
schöngeformten Näschen in der Mitte, und um den Mund herum lag
etwas Trauriges, wie wenn er nicht lachen möchte. Das konnte man

beim Vater nicht sehen vor dem Bart.
Wenn nun die beiden so nebeneinander hergingen, dann sagte keiner
ein Wort zu dem anderen; meistens summte der Vater leise ein Lied,
manchmal auch lauter, und das Büblein hörte zu. Wenn es aber regnete
am Sonntag, dann saß der Vater daheim im Häuschen auf der Bank am
Fenster, und das Büblein saß neben ihm, und sie sagten wieder nichts
zueinander. Aber der Vater zog eine Mundharmonika hervor und
spielte eine Melodie nach der anderen, und das Büblein hörte
aufmerksam zu. Manchmal nahm er auch einen Kamm oder ein
Baumblatt und lockte Melodien daraus hervor, oder er schnitt ein Stück
Holz zurecht und pfiff darauf ein Lied. Es war, als gäbe es keinen
Gegenstand, dem er nicht Musik entlocken könnte. Aber einmal hatte
er eine Geige mit nach Hause gebracht, die hatte das Büblein so
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