Frau Bovary 
 
The Project Gutenberg EBook of Frau Bovary, by Gustave Flaubert 
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Title: Frau Bovary 
Author: Gustave Flaubert 
Translator: Arthur Schurig 
Release Date: April 26, 2005 [EBook #15711] 
Language: German 
Character set encoding: ISO-8859-1 
*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK FRAU 
BOVARY *** 
 
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Proofreading Team. 
 
Frau Bovary 
von 
Gustave Flaubert 
 
Erstes Buch
Erstes Kapitel 
Es war Arbeitsstunde. Da trat der Rektor ein, ihm zur Seite ein »Neuer«, 
in gewöhnlichem Anzuge. Der Pedell hinter den beiden, 
Schulstubengerät in den Händen. Alle Schüler erhoben sich von ihren 
Plätzen, wobei man so tat, als sei man aus seinen Studien 
aufgescheucht worden. Wer eingenickt war, fuhr mit auf. 
Der Rektor winkte ab. Man setzte sich wieder hin. Darauf wandte er 
sich zu dem die Aufsicht führenden Lehrer. 
»Herr Roger!« lispelte er. »Diesen neuen Zögling hier empfehle ich 
Ihnen besonders. Er kommt zunächst in die Quinta. Bei löblichem Fleiß 
und Betragen wird er aber in die Quarta versetzt, in die er seinem Alter 
nach gehört.« 
Der Neuling blieb in dem Winkel hinter der Türe stehen. Man konnte 
ihn nicht ordentlich sehen, aber offenbar war er ein Bauernjunge, so 
ungefähr fünfzehn Jahre alt und größer als alle andern. Die Haare trug 
er mit Simpelfransen in die Stirn hinein, wie ein Dorfschulmeister. 
Sonst sah er gar nicht dumm aus, nur war er höchst verlegen. So 
schmächtig er war, beengte ihn sein grüner Tuchrock mit schwarzen 
Knöpfen doch sichtlich, und durch den Schlitz in den 
Ärmelaufschlägen schimmerten rote Handgelenke hervor, die 
zweifellos die freie Luft gewöhnt waren. Er hatte gelbbraune, durch die 
Träger übermäßig hochgezogene Hosen an und blaue Strümpfe. Seine 
Stiefel waren derb, schlecht gewichst und mit Nägeln beschlagen. 
Man begann die fertigen Arbeiten vorzulesen. Der Neuling hörte 
aufmerksamst zu, mit wahrer Kirchenandacht, wobei er es nicht einmal 
wagte, die Beine übereinander zu schlagen noch den Ellenbogen 
aufzustützen. Um zwei Uhr, als die Schulglocke läutete, mußte ihn der 
Lehrer erst besonders auffordern, ehe er sich den andern anschloß. 
Es war in der Klasse Sitte, beim Eintritt in das Unterrichtszimmer die 
Mützen wegzuschleudern, um die Hände frei zu bekommen. Es kam 
darauf an, seine Mütze gleich von der Tür aus unter die richtige Bank 
zu facken, wobei sie unter einer tüchtigen Staubwolke laut aufklatschte. 
Das war so Schuljungenart. 
Sei es nun, daß ihm dieses Verfahren entgangen war oder daß er nicht 
gewagt hatte, es ebenso zu machen, kurz und gut: als das Gebet zu 
Ende war, hatte der Neuling seine Mütze noch immer vor sich auf den 
Knien. Das war ein wahrer Wechselbalg von Kopfbedeckung.
Bestandteile von ihr erinnerten an eine Bärenmütze, andre an eine 
Tschapka, wieder andre an einen runden Filzhut, an ein Pelzbarett, an 
ein wollnes Käppi, mit einem Worte: an allerlei armselige Dinge, deren 
stumme Häßlichkeit tiefsinnig stimmt wie das Gesicht eines 
Blödsinnigen. Sie war eiförmig, und Fischbeinstäbchen verliehen ihr 
den inneren Halt; zu unterst sah man drei runde Wülste, darüber 
(voneinander durch ein rotes Band getrennt) Rauten aus Samt und 
Kaninchenfell und zu oberst eine Art Sack, den ein vieleckiger 
Pappdeckel mit kunterbunter Schnurenstickerei krönte und von dem 
herab an einem ziemlich dünnen Faden eine kleine goldne Troddel hing. 
Diese Kopfbedeckung war neu, was man am Glanze des Schirmes 
erkennen konnte. 
»Steh auf!« befahl der Lehrer. 
Der Junge erhob sich. Dabei entglitt ihm sein Turban, und die ganze 
Klasse fing an zu kichern. Er bückte sich, das Mützenungetüm 
aufzuheben. Ein Nachbar stieß mit dem Ellenbogen daran, so daß es 
wiederum zu Boden fiel. Ein abermaliges Sich-darnach-bücken. 
»Leg doch deinen Helm weg!« sagte der Lehrer, ein Witzbold. 
Das schallende Gelächter der Schüler brachte den armen Jungen 
gänzlich aus der Fassung, und nun wußte er gleich gar nicht, ob er 
seinen »Helm« in der Hand behalten oder auf dem Boden liegen lassen 
oder aufsetzen sollte. Er nahm Platz und legte die Mütze über seine 
Knie. 
»Steh auf!« wiederholte der Lehrer, »und sag mir deinen Namen!« 
Der Neuling stotterte einen unverständlichen Namen her. 
»Noch mal!« 
Dasselbe Silbengestammel machte sich hörbar, von dem Gelächter der 
Klasse übertönt. 
»Lauter!« rief der Lehrer. »Lauter!« 
Nunmehr nahm sich der Neuling fest zusammen, riß den Mund weit auf 
und gab mit voller Lungenkraft, als ob er jemanden rufen wollte, das 
Wort von sich: »Kabovary!« 
Höllenlärm erhob sich und wurde immer stärker; dazwischen gellten 
Rufe. Man brüllte, heulte, grölte wieder und wieder: »Kabovary! 
Kabovary!« Nach und nach verlor sich der Spektakel in vereinzeltes 
Brummen, kam mühsam zur Ruhe, lebte aber in den Bankreihen 
heimlich weiter, um da und dort plötzlich als halbersticktes Gekicher
wieder aufzukommen, wie eine    
    
		
	
	
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