mich 
beständig mit in seinen Garten, gab mir sogar ein klein Fleckchen Land 
zum Eigentum und ließ mich sehen und lernen, was zur Gartenarbeit 
gehörte. Hier legte ich Obstkerne; ich verpflanzte, ich pfropfte und 
okulierte; ich begoß und pflegte meine Gewächse. Meine 
Kernstämmchen wuchsen heran, und sieben von diesen 
selbstgezogenen Bäumen sind noch (wie sehr es mir auch um sie leid 
tat, da ich jetzt der Besitzer des nämlichen Gartens bin) in der letzten 
französischen Belagerung umgehauen worden. 
An dieses kleine, aber für mich unschätzbare Grundstück, dessen 
Pflege noch in diesem Augenblicke die Freude meines Alters ausmacht, 
heften sich ein paar meiner frühesten und lebendigsten Erinnerungen. 
* * * * * 
Ich mochte wohl ein Bürschchen von fünf oder sechs Jahren sein und 
noch in meinen ersten Höschen stecken (also etwa um das Jahr 1743 
oder 44), als es hier bei uns, und im Lande weit umher, eine so 
schrecklich knappe und teure Zeit gab, daß viele Menschen vor Hunger 
starben, denn der Scheffel Roggen kostete einen Taler acht Groschen. 
Es kamen, von landeinwärts her, viele arme Leute nach Kolberg, die 
ihre kleinen hungrigen Würmer auf Schiebkarren mit sich brachten, um 
Korn von hier zu holen, weil man Getreideschiffe in unserem Hafen 
erwartete, die der grausamen Not steuern sollten. Alle Straßen bei uns 
lagen voll von diesen unglücklichen ausgehungerten Menschen. Meine 
Großmutter, bei der ich, wie schon gesagt, erzogen ward, ließ täglich 
mehrere Körbe voll Grünkohl in unserm Garten pflücken, kochte einen 
Kessel voll nach dem andern für unsere verschmachtenden Gäste, und 
mir ward das gern übernommene Ehrenämtchen zuteil, ihnen diese 
Speise in kleinen Schüsselchen nebst einer Brotschnitte zuzutragen. Da 
rissen mir denn Alte und Junge meinen Napf begierig aus der Hand, 
oder auch wohl einander vor dem Munde weg. Ich kann nicht 
aussprechen, welch einen schauderhaften Eindruck diese Szene auf 
meine kindliche Seele machte.
Endlich langte ein Schiff mit Roggen auf der Reede an, dem sich 
tausend sehnsüchtige Augen und Herzen entgegenrichteten. Aber, o 
Jammer! beim Einlaufen in den Hafen stieß es gegen eine Steinküste 
des Hafendammes und nahm so beträchtlichen Schaden, daß es, im 
Strome selbst, nur wenige hundert Schritte weiter, der Münder Vogtei 
gegenüber, in den Grund sank. Sollte die kostbare Ladung nicht ganz 
verloren sein, so mußten schleunige Anstalten getroffen werden, das 
verunglückte Fahrzeug wieder über Wasser zu bringen. Dazu wurden 
dann zwei Schiffe benutzt, die eben auch im Hafen lagen, und wovon 
das eine von meines Vaters Bruder geführt ward. So war ich denn auch 
bei diesem Emporwinden, an welchem ich eine kindische Freude hatte, 
beständig zugegen; ward mitunter auch wohl als unnütz und hinderlich 
beiseite geschoben, und habe darüber all diese einzelnen Umstände nur 
um so besser im Gedächtnisse behalten. 
Ging nun gleich das Wiederflottmachen des Schiffes glücklich 
vonstatten, so war doch das Korn durchnäßt, zum Vermahlen untüchtig 
und die Hoffnung all der darauf vertrösteten Menschen vereitelt. Die 
Kolberger Bürger kauften den beschädigten Roggen um ein Viertel des 
geltenden Marktpreises, und da mein Vater damals königlicher 
Kornmesser im Orte war, so ging auf diese Weise die ganze geborgene 
Ladung durch seine Hände. Jeder suchte mit seinem Kauf so gut als 
möglich zurechtzukommen und ihn aufs schnellste zu trocknen. Alle 
Straßen waren auf diese Weise mit Laken und Schürzen überdeckt, auf 
welchen das Getreide der Luft und Sonne ausgesetzt wurde. Kurze Zeit 
darauf erschien ein zweites großes Kornschiff; und nun ward es endlich 
möglich, die fremde Armut zu befriedigen. 
Im nächstfolgenden Jahre erhielt Kolberg, durch des großen Friedrichs 
versorgende Güte, ein Geschenk, das damals hierzulande noch völlig 
unbekannt war. Ein großer Frachtwagen nämlich voll Kartoffeln langte 
auf dem Markte an; und durch Trommelschlag in der Stadt und auf den 
Vorstädten erging die Bekanntmachung, daß jeder Gartenbesitzer sich 
zu einer bestimmten Stunde vor dem Rathause einzufinden habe, indem 
des Königs Majestät ihm eine besondere Wohltat zugedacht habe. Man 
ermißt leicht, wie alles in stürmische Bewegung geriet, und das nur um 
so mehr, je weniger man wußte, was es mit diesem Geschenke zu
bedeuten habe. 
Die Herren vom Rate zeigten nunmehr der versammelten Menge die 
neue Frucht vor, die hier noch keiner gesehen hatte. Daneben ward eine 
umständliche Anweisung verlesen, wie diese Kartoffeln gepflanzt und 
bewirtschaftet, desgleichen wie sie gekocht und zubereitet werden 
sollten. Besser freilich wäre es gewesen, wenn man eine solche 
geschriebene oder gedruckte Instruktion gleich mit verteilt hätte; denn 
nun achteten in dem Getümmel die wenigsten auf jene Vorlesung. 
Dagegen nahmen die guten Leute die hochgepriesenen Knollen 
verwundert in die Hände, rochen, schmeckten und leckten dran; 
kopfschüttelnd bot sie ein Nachbar dem andern; man brach sie 
voneinander und warf sie den gegenwärtigen Hunden vor, die dran 
herumschnupperten und sie gleichmäßig verschmähten. Nun war ihnen 
das Urteil gesprochen! »Die Dinger«, hieß es, »riechen nicht und 
schmecken nicht, und nicht einmal die Hunde mögen sie fressen. Was 
wäre uns damit geholfen?« -- Am allgemeinsten war dabei der Glaube,    
    
		
	
	
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