Ehstnische Märchen. Zweite Hälfte | Page 2

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satt werden konnten. Hatte einer das Hundeleben ein viertel oder halbes Jahr ertragen, so zwang ihn Hunger, wieder davon zu laufen; und als es endlich in der Runde umher bekannt geworden war, warum das Gesinde nicht blieb, da wurde es dem knauserigen Wirthe ganz unm?glich, noch Bedienung zu bekommen. Weit in Allentacken[1] lebte ein berühmter Weiser, zu dem eilte der Wirth sich Raths zu erholen, brachte ihm einen Sack voll Geld und andere Geschenke und fragte bei ihm an: ob es nicht m?glich sei, Knecht und Magd zu finden, die sich mit weniger Nahrung begnügten und den Wirth nicht kapp und kahl fr??en. Der Weise erwiderte: ?M?glich ist das Ding wohl, allein es geht über meine Kraft, da mu?t du zum alten[2] Wirthe gehen, der dir allein helfen kann.? Darauf gab er weitere Anleitung, wie der Mann an drei Donnerstagen Abends, kurz vor Mitternacht, einen schwarzen Hasen im Sacke, auf den Kreuzweg gehen und dort pfeifen müsse, damit der alte Wirth komme. ?Versuche dann selbst, wie ihr Handels eins werdet,? sagte der Weise, ?ich kann hier nicht weiter helfen. Aber la? dich nicht betrügen.? Als der Mann fragte, wo er einen schwarzen Hasen her kriegen solle, hie? ihn der Weise eine schwarze Katze mitnehmen.
Als nun der n?chste Donnerstag gekommen war, steckte der Wirth die Katze in den Sack und ging auf den Kreuzweg, obwohl ihm etwas b?nglich zu Muthe war. Er pfiff und wartete, aber es kam Niemand. Endlich pfiff er noch einmal und dachte dabei: wenn er jetzt nicht kommt, so habe ich den Weg umsonst gemacht. Da erhob sich in der Luft ein Ger?usch, als ob ein Blasebalg in der Schmiede getreten würde, dann sah er eine dunkle Masse oben in der Luft schweben und eine Stimme fragte: ?Was willst du, Brüderchen?? -- ?Ich habe einen schwarzen Hasen zu verkaufen,? erwiderte der Mann. ?Komm n?chsten Donnerstag, ich habe heute keine Zeit, mit dir einen Handel zu machen,? sagte die Stimme und damit entschwand auch die dunkle Masse den Blicken des hinaufschauenden. Der Mann war wohl etwas verdrie?lich, da? er den Weg umsonst gemacht hatte, allein was half's, H?heren gegenüber muss ein geringer Mann immer geduldig sein. Den zweiten Donnerstag ging die Sache etwas besser von Statten. Gleich auf sein erstes Pfeifen erschien ein altes M?nnchen mit einem Schultersack und fragte: ?Was willst du, Brüderchen?? Der Mann antwortete wieder: ?Ich habe einen schwarzen Hasen zu verkaufen.? ?Was kostet er?? fragte der fremde Alte. Der Mann erwiderte: ?Ich verlange für den Hasen weiter nichts als einen Knecht und eine Magd, die mir dienen, aber mich nicht kapp und kahl fressen.? ?Auf wie viele Jahre willst du den Vertrag abschlie?en?? fragte der alte Wirth. ?Meinethalben auf die Zeit meines Lebens,? gab der Bauer zur Antwort. Aber der Fremde bedeutete ihn, da? dies durchaus nicht angehe und da? sie keinen andern Vertrag miteinander abschlie?en k?nnten als auf sieben oder zweimal sieben Jahre. ?So komme n?chsten Donnerstag, und bringe deinen schwarzen Hasen mit, ich werde dir dann einen Knecht und eine Magd bringen, denen du weder Speise noch Trank zu geben brauchst, nur mu?t du sie bei der Hitze des Nachts zum Weichen in's Wasser legen, sonst welken sie und sind nicht mehr im Stande zu arbeiten.?
Der Mann war am Abend des dritten Donnerstags wieder am Kreuzwege und pfiff, worauf der alte Wirth sogleich erschien, aber allein, weder ein Knecht noch eine Magd waren mitgekommen. ?Du mu?t mir von deinem Ringfinger drei Tropfen Blut[3] zur Festmachung des Vertrages geben, damit du nicht zurücktreten kannst,? sagte der Fremde. Der Mann fragte, wo denn der Knecht und die Magd w?ren. ?Im Sacke? erwiderte der alte Wirth. Da nun der Schultersack nur klein war, fürchtete der Bauer einen Betrug. Der Fremde, welcher dessen Gedanken zu errathen schien, sagte: ?Ich betrüge dich nicht!? Dann ergriff er den Sack und warf einen Quast von der Gr??e einer Hedekunkel heraus, indem er sagte: ?Hier ist dein Knecht!? Ein langer breitschult'riger Mann stand sofort neben dem alten Papa. Ein zweiter Quast flog aus dem Sacke und es war ein M?dchen daraus geworden. ?Deine Diener sind hier, sie werden nicht zu essen verlangen, sagte der Fremde. ?Jetzt gieb mir die Blutstropfen zur Besiegelung und den schwarzen Hasen, dann kannst du nach Hause gehen.? Der Mann that wie verlangt und fragte zuletzt, wie denn die neuen Diener wohl hie?en. ?Des Knechtes Name ist Baumling und der Magd Name ist Borkling,? sagte der alte Wirth, steckte den vermeintlichen Hasen in den Sack und ging seiner Wege! Der Bauer aber ging mit seinem Gesinde heim.
Der Knecht und die Magd thaten Tag für Tag vom Morgen bis zum Abend ihre Arbeit, ohne jemals Nahrung zu fordern, was den Wirth sehr erfreute, und wenn sie manchmal an einem hei?en Sommertage zu welken schienen, so wurden sie zur Nacht eingeweicht und waren am andern Morgen so frisch
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