Thron geholfen? Wir alle? Wir sind 
bereit, für sie zu sterben, nur das, das eine, das nicht! Sie kann sich 
unsern Gründen nicht verschließen. 
Lassunsky 
Sie wird aus deinen Gründen einen Strick für den Henker drehen. 
Chidrowo 
Herrgott, Michael Jefimowitsch, sie ist doch eine kluge Frau!
Lassunsky 
Sie ist verliebt. 
Chidrowo 
Was ist denn an einem Orlow zu lieben? 
Lassunsky 
Was wir an ihm hassen. 
Chidrowo 
Sein Ehrgeiz macht ihn verrückt. 
Lassunsky 
Er ist schön, und stark wie ein Bär. 
Chidrowo 
Er hat keine Erziehung. 
Lassunsky 
Umso weniger ist er gehemmt. 
Chidrowo 
(leise durch die Zähne) 
Ich sage dir: er wird sie ermorden, so wie er den Zaren ermordet hat. 
Lassunsky 
Dummkopf! Er war nur die Hand. Katharina ist tausendmal schlauer als 
er. O, das ist ein Weib, mein Lieber, die steckt uns alle in den Sack. 
Chidrowo
Wo ist da die Schlauheit? Die Mariage ist projektiert. Es muß ein 
Mittel gefunden werden, sie davon abzubringen. 
Lassunsky 
Du bist Soldat und mußt schweigen. 
Chidrowo 
Schweigen kostet Herzblut. 
Lassunsky 
Ich meinerseits will nicht Politik treiben, da hast du's. 
Chidrowo 
Aber die Zähne knirschen? Das ist auch eine Art von Politik und eine 
schlechte. Wie stumpf du bist! 
Lassunsky 
Stumpf? 
Chidrowo 
Oder du weißt mehr als du sagen willst. 
Lassunsky 
Wohl möglich. Vielleicht wirst du heute noch alles erfahren. 
Chidrowo 
Wie ist's? warum wollte der Großkanzler mit Rasumowsky verhandeln? 
Lassunsky 
Ist dir nicht bekannt, daß Alexei Grigorjewitsch heimlich vermählt war
mit der verstorbenen Kaiserin Elisabeth Petrowna? 
Chidrowo 
Dies ist mir wohl bekannt, allein -- wie hängt das zusammen? 
Lassunsky 
(sieht sich um) 
Schweig, schweig. 
Chidrowo 
Im Hause Rasumowskys sind die Wände taub. 
Lassunsky 
Nicht um die Wände handelt sich's. (Steht auf.) Aber er! Er! Dieser 
furchtlose Mann! Der furchtloseste, der in Rußland lebt. Wie ich ihn 
verehre, Fedor Alexandrowitsch! Wüßtest du wie ich ... In wunderbarer 
Verschwiegenheit ist er der Geliebte einer Kaiserin gewesen. Niemals 
hat ihn eine Miene, nie ein Lächeln verraten. Nie hat er Schacher 
getrieben mit seinem Glück. Nie war er ungerecht. Und jetzt 
(schmerzlich) jetzt soll er sich ausliefern. Weil ein Orlow mit der 
Vergangenheit dieses gerechten Mannes seine Zukunft gründen will! 
Chidrowo 
Ausliefern? Ich verstehe dich nicht, Michael Jefimowitsch. Kein Wort 
verstehe ich von allem was du sagst. 
Lassunsky 
(kummervoll) 
Und er wird Grigorij Orlow empfangen. Er wird ihn einlassen, ich weiß 
es.
Chidrowo 
Du meinst, weil er sich nicht getrauen wird, den ersten Günstling der 
Krone von seiner Türe zu weisen? 
Lassunsky 
Nicht deshalb, Fedor Alexandrowitsch, nicht deshalb. Sondern eben, 
weil er so gerecht ist. Und wenn Orlow vor ihm steht, dieser 
Sturmwind, dieser Leopard, kannst du ermessen, was dann geschieht? 
Mich jammert's, Fedor Alexandrowitsch, und ich fühle mich machtlos. 
Die Dinge geschehen, und wir sind machtlos. 
Chidrowo 
Du schwaches russisches Herz! So will ich dir sagen: Rasumowsky 
wird Grigorij Orlow nicht empfangen. 
Lassunsky 
(aufmerksam) 
Schon vorhin hast du angedeutet, daß Orlow es nicht wagen würde ... 
Da steckt was dahinter. 
Chidrowo 
Weißt du nicht, was sich am Ostertag auf der Morskaja zugetragen hat? 
Lassunsky 
Kein Sterbenswort. 
Chidrowo 
Wahrlich, in unserm Leben sind die Geschehnisse wie Träume ... (Faßt 
sich an die Stirn.) So kurz die Zeit, so weit entrückt. (Besinnt sich.) So 
war's ...
Lassunsky 
Erzähle, Fedor Alexandrowitsch ... mir ist jetzt selbst als hätten sie in 
der Wachtstube davon berichtet. Zuviel drängt sich in einen Tag. 
Chidrowo 
So war's ... (Mit Gesten, als ob er auf einen Plan wiese.) Da ist die 
Morskaja. Da ist die Gasse von den Kasernen. Da ist eine enge Gasse 
zum Newski-Prospekt. Orlow hatte die Regimenter Astrachan und 
Ingermanland zum Gehorsam gezwungen. Mit seinen zwanzig oder 
dreißig Getreuesten stürmt er zum Winterpalast, um es der Kaiserin zu 
melden. Rast auf seinem Gaul an der Spitze der Schar mitten durch die 
Stadt. Die Funken spritzen, das Pflaster dröhnt. So gelangen sie auf die 
Morskaja. Da spielen zwei Kinder auf der Straße, schöne, blonde 
Kinderchen, ein Mädchen und ein Knabe, sitzen friedlich da und 
spielen. Denken offenbar, die Reiter werden ausweichen, denn die 
Straße ist ja breit, und so staunen sie dem Schauspiel entgegen und 
freuen sich. Orlow aber sprengt mittenwegs auf sie zu, als könnt er 
nicht, wollt er nicht aus der Bahn, zu spät rufen Leute aus den Fenstern, 
strecken die Arme, zu spät erkennen die Kleinen die Gefahr und starren, 
gütige Unschuld, wie wenn ihr Schutzpatron sie geblendet hätte. Orlow 
fletscht die Zähne, spornt noch das Roß, starrt gerade vor sich hin, als 
sähe er nichts, Weiber kreischen, Männer stürzen aus den Häusern ... 
alles umsonst, die beiden Mäuschen sind unter den Hufen 
verschwunden, eh' man's denkt, zerrissen, zertreten, und man schaut 
nur noch blutige Klumpen. 
Lassunsky 
O Menschheit! 
Chidrowo 
Im selben Augenblick kommt Alexei Rasumowsky aus der engen 
Gasse, wohin die Reiter wollen, und vor der sie sich stauen wie Wasser 
vor einem Wehr. Rasumowsky blickt hin über die Luft, blickt hin    
    
		
	
	
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