der Tiefe, 
als sie die Falltür zurückgeschlagen hatte, und erfüllte bald alles mit 
einem feinen feuchten Staube, der wie ein zartes Gewölk zwischen den 
Säulen emporstieg. 
Sinnend und in der frischen Kühle aufatmend, ging Maren umher. Da 
begann zu ihren Füßen ein neues Wunder. Wie ein Hauch rieselte ein 
lichtes Grün über die verdorrte Pflanzendecke, die Halme richteten sich 
auf, und bald wandelte das Mädchen durch eine Fülle sprießender 
Blätter und Blumen. Am Fuße der Säulen wurde es blau von 
Vergißmeinnicht; dazwischen blühten gelbe und braunviolette Iris auf 
und verhauchten ihren zarten Duft. An den Spitzen der Blätter 
klommen Libellen empor, prüften ihre Flügel und schwebten dann 
schillernd und gaukelnd über den Blumenkelchen, während der frische 
Duft, der fortwährend aus dem Brunnen stieg, immer mehr die Luft
erfüllte und wie Silberfunken in den hereinfallenden Sonnenstrahlen 
tanzte. 
Indessen Maren noch des Entzückens und Bestaunens kein Ende finden 
konnte, hörte sie hinter sich ein behagliches Stöhnen wie von einer 
süßen Frauenstimme. Und wirklich, als sie ihre Augen nach der 
Vertiefung des Brunnens wandte, sah sie auf dem grünen Moosrande, 
der dort emporgekeimt war, die ruhende Gestalt einer wunderbar schön 
blühenden Frau. Sie hatte ihren Kopf auf den nackten glänzenden Arm 
gestützt, über den das blonde Haar wie in seidenen Wellen herabfiel, 
und ließ ihre Augen oben zwischen den Säulen an der Decke wandern. 
Auch Maren blickte unwillkürlich hinauf. Da sah sie nun wohl, daß das, 
was sie für große Spinngewebe gehalten, nichts andres war als die 
zarten Florgewebe der Regenwolken, die durch den aus dem Brunnen 
aufsteigenden Duft gefüllt und schwer und schwerer wurden. Eben 
hatte sich ein solches Gewölk in der Mitte der Decke abgelöst und sank 
leise schwebend herab, so daß Maren das Gesicht der schönen Frau am 
Brunnen nur noch wie durch einen grauen Schleier leuchten sah. Da 
klatschte diese in die Hände, und sogleich schwamm die Wolke der 
nächsten Fensteröffnung zu und floß durch dieselbe ins Freie hinaus. 
"Nun!" rief die schöne Frau. "Wie gefällt dir das?" Dabei lächelte ihr 
roter Mund, und ihre weißen Zähne blitzten. 
Dann winkte sie Maren zu sich, und diese mußte sich neben ihr ins 
Moos setzen; und als eben wieder ein Duftgewebe von der Decke 
niedersank, sagte sie: "Nun klatsch in deine Hände!" Und als Maren 
das getan und auch diese Wolke, wie die erste, ins Freie hinausgezogen 
war, rief sie: "Siehst du wohl, wie leicht das ist! Du kannst es besser 
noch als ich!" 
Maren betrachtete verwundert die schöne übermütige Frau. "Aber", 
fragte sie, "wer seid Ihr denn so eigentlich?" 
"Wer ich bin? Nun, Kind, du bist aber einfältig!" 
Das Mädchen sah sie noch einmal mit ungewissen Augen an; endlich
sagte sie zögernd: "Ihr seid doch nicht gar die Regentrude?" 
"Und wer sollte ich denn anders sein?" 
"Aber verzeiht! Ihr seid ja so schön und lustig jetzt!" 
Da wurde die Trude plötzlich ganz still. "Ja", rief sie, "ich muß dir 
dankbar sein. Wenn du mich nicht geweckt hättest, wäre der 
Feuermann Meister geworden, und ich hätte wieder hinab müssen zu 
der Mutter unter die Erde." Und indem sie ein wenig wie vor innerem 
Grauen die weißen Schultern zusammenzog, setzte sie hinzu: "Und es 
ist ja doch so schön und grün hier oben!" 
Dann mußte Maren erzählen, wie sie hierhergekommen, und die Trude 
legte sich ins Moos zurück und hörte zu. Mitunter pflückte sie eine der 
Blumen, die neben ihr emporsproßten, und steckte sie sich oder dem 
Mädchen ins Haar. Als Maren von dem mühseligen Gange auf dem 
Weidendamme berichtete, seufzte die Trude und sagte: "Der Damm ist 
einst von euch Menschen selbst gebaut worden; aber es ist schon lange, 
lange her! Solche Gewänder, wie du sie trägst, sah ich nie bei ihren 
Frauen. Sie kamen damals öfters zu mir, ich gab ihnen Keime und 
Körner zu neuen Pflanzen und Getreiden, und sie brachten mir zum 
Dank von ihren Früchten. Wie sie meiner nicht vergaßen, so vergaß ich 
ihrer nicht, und ihre Felder waren niemals ohne Regen. Seit lange aber 
sind die Menschen mir entfremdet, es kommt niemand mehr zu mir. Da 
bin ich denn vor Hitze und lauter Langerweile eingeschlafen, und der 
tückische Feuermann hätte fast den Sieg erhalten." 
Maren hatte sich währenddessen ebenfalls mit geschlossenen Augen 
auf das Moos zurückgelegt, es taute so sanft um sie her, und die 
Stimme der schönen Trude klang so süß und traulich. 
"Nur einmal", fuhr diese fort, "aber das ist auch schon lange her, ist 
noch ein Mädchen gekommen, sie sah fast aus wie du und trug fast 
ebensolche Gewänder. Ich schenkte ihr von meinem Wiesenhonig, und 
das war die letzte Gabe, die ein Mensch aus meiner Hand empfangen 
hat."
"Seht nur", sagte Maren, "das hat sich gut getroffen! Jenes Mädchen 
muß die Urahne von meinem Schatz gewesen sein, und der Trank, der 
mich heute so gestärkt hat, war gewiß von Eurem Wiesenhonig!" 
Die Regenfrau dachte wohl    
    
		
	
	
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