Die Kurtisane Jamaica | Page 8

Hans Bethge
in die Sonne vor eine grünumsponnene Laube und skizzierte sie. Komte? Anna und Charlotte gingen ans Wasser hinab. Sie schritten singend über eine Brücke. Singend entschwanden sie.
Ich skizzierte Leonore von vorn. Das Licht lag spielend in ihrem Haar. Es flirrte über die wei?e Stirn und die rosigen Wangen, und das Grün der Laube gab der Haut und dem wei?en Kleid einen eigentümlichen Ton; dies alles war schwierig zu malen.
Leonore plauderte. Erst antwortete ich, wenn auch zerstreut, dann h?rte ich nicht mehr hin. Schlie?lich sagte sie nichts mehr. Es kam etwas Mattes in ihre Züge, ich merkte es wohl. ?Verzeihen Sie?, sagte ich, ?wenn ich schlecht darauf achte, was Sie sagen. Ich bin zu sehr besch?ftigt mit dieser Studie. Wenn mich etwas malerisch in Anspruch nimmt, empfinde ich nichts andres. Verzeihen Sie.?
?Aber bitte?, entgegnete sie. Es klang müde, es klang ein wenig trotzig, es klang herb. Damals achtete ich nicht darauf, ich malte sie ja, das war mir genug. Ich hatte keinen andern Wunsch, als Bilder nach ihr zu malen, ich alberner Geselle!
Die Skizze wurde gut. Ich h?rte zur richtigen Zeit auf, so da? sie das Unmittelbare, im Moment Empfundene behielt. Es war Leben darauf, das Gesicht lebte und das Licht der Junisonne auch.
?So habe ich doch wenigstens einen Begriff, einen Anhaltspunkt?, sagte ich. ?Ich danke Ihnen.?
Auch ihr gefiel die Studie. Wir schritten zusammen zum Schlo? hinüber, ich sprach vom Malen im Freien im allgemeinen. Unterwegs pflückte sie eine rosa Rose und reichte sie mir. Dann ging sie ins Schlo? und ich ins Kavalierhaus, um mir eine andre Leinwand zu holen. Die Rose legte ich oben auf den Tisch, ich verga?, sie ins Wasser zu stellen. Es war ja auch nur eine Rose, es gab deren viele im Park von Carnin.
Dann kam wieder einer der sch?nen Abende. Wir sa?en wie meist auf der Terrasse, der Mond stand am Himmel, die Sterne hatten einen metallisch blanken Glanz. Die Gr?fin, ein wei?seidenes Tuch um die Schultern, griff Akkorde auf der Gitarre und sang ein franz?sisches Lied. Dann spielte sie deutsche Volkslieder, und wir sangen mit. In den Pausen h?rten wir ein sü?es T?nen aus der Ferne, das waren die wandernden M?dchen in Carnin. Einmal h?rten wir ein unterdrücktes Kichern ganz in der N?he. Der Graf wu?te sofort, was es zu bedeuten hatte. Er sah zu den Fenstern hinauf, hinter denen Fred und Klaus jetzt eigentlich schlafen sollten. Die Jungen lugten in ihren Hemden zum Fenster hinaus und h?rten unserm Singen zu. Jetzt, da der Graf sie energisch zu Bett schickte, riefen sie noch einmal ?Gute Nacht!?, man h?rte, wie sie lachten, dann schlossen sie die Fenster, und es war wieder still.
Man begab sich in den Salon, um noch eine Tasse Tee zu trinken. Vorher verabschiedete sich Charlotte, da ihre Schlafenszeit gekommen war. ?Charlotte?, sagte ich, ?morgen ist Pfingsten, da kommen ganz früh die Elben von der Geest herunter, um die Maien zu bringen, du wei?t. Ich m?chte die Elben gern zu Gesicht bekommen, hoffentlich finde ich früh genug aus dem Bett. Ich werde sie für Dich um eine kleine Maie extra bitten,?-- ja??
?Das w?re reizend?, sagte sie, ?aber Sie müssen auch für Fr?ulein Leonore eine Maie zu bekommen suchen, sie hat doch heute so fein stillgehalten beim Malen.?
?Das ist wahr?, sagte ich.
?Fr?ulein Leonore liebe ich sehr?, flüsterte Charlotte, als verkünde sie mir ein Geheimnis, ?ihr Mund ist doch bezaubernd, und auch ihre Augen,?-- nicht wahr??
Dann ging sie, ich sah dem Schreiten ihrer Kinderfü?e nach. Darauf sah ich zu Leonore hinüber. Sie sa? in einem gro?en geblümten Polsterstuhl und führte gerade eine Schale Tee an die Lippen. Das rote Licht einer Lampe, auf der ein karmoisinfarbener Schirm lag, fiel auf sie. Natürlich sah ich sofort wieder ein Bild. Es war mein Verh?ngnis, da? ich immer Bilder, Bilder, Bilder sah, wenn meine Augen auf dies M?dchen fielen. Das r?tliche Licht war magisch um sie her. Der zwanglos gehobene Arm, das schimmernde Haar,?-- ich war schon wieder ganz mit einem malerischen Problem besch?ftigt. Da brachte mir ein Diener Tee. Und kurz darauf trat der Assessor auf mich zu und verstrickte mich in ein Gespr?ch.
Der Graf machte, ehe er sich zurückzog, einen Vorschlag, der von allen freudig begrü?t wurde. Er schlug n?mlich vor, da? man am folgenden Tage in den seidenen Kostümen des achtzehnten Jahrhunderts, deren es in der Kleiderkammer des Schlosses eine Menge gab, zum Diner kommen sollte. Auch er und die Gr?fin versprachen, sich zu kostümieren.
Man trennte sich. Der Assessor und ich sa?en noch eine Weile in den alten Lederstühlen der Bibliothek bei Tabak und Bier.
Endlich fingen wir an zu g?hnen, erhoben uns und schlenderten zum Kavalierhaus hinüber. Es war eine laue, windstille Nacht, der Jasmin duftete bet?ubend. Unsere Schritte klangen einsam hallend auf dem hellen Kies, sonst h?rte man nichts.
?übrigens, dies Fr?ulein Helfinger?, sagte der Assessor, ehe wir in das Kavalierhaus eintraten, ?ein entzückendes
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