sich sofort wieder in Segen verkehre, sobald er von seiner 
Missethat ablasse.--Ein solcher scheinet den Hiob geschrieben zu haben; 
denn der Plan desselben ist ganz in diesem Geiste.-- 
§. 30. 
Aber unmöglich durfte die tägliche Erfahrung diesen Glauben 
bestärken: oder es war auf immer bey dem Volke, das diese Erfahrung 
hatte, auf immer um die Erkennung und Aufnahme der ihm noch 
ungeläufigen Wahrheit geschehen. Denn wenn der Fromme 
schlechterdings glücklich war, und es zu seinem Glücke doch wohl 
auch mit gehörte, daß seine Zufriedenheit keine schrecklichen 
Gedanken des Todes unterbrachen, daß er alt und lebenssatt starb: wie 
konnte er sich nach einem andern Leben sehnen? wie konnte er über 
etwas nachdenken, wornach er sich nicht sehnte? Wenn aber der 
Fromme darüber nicht nachdachte: wer sollte es denn? Der Bösewicht? 
der die Strafe seiner Missethat fühlte, und wenn er dieses Leben 
verwünschte, so gern auf jedes andere Leben Verzicht that? 
§. 31. 
Weit weniger verschlug es, daß der und jener Israelite die 
Unsterblichkeit der Seele und künftige Vergeltung, weil sich das 
Gesetz nicht darauf bezog, gerade zu und ausdrücklich leugnete. Das 
Leugnen eines Einzeln--wäre es auch ein Salomo gewesen,--hielt den 
Fortgang des gemeinen Verstandes nicht auf, und war an und für sich 
selbst schon ein Beweis, daß das Volk nun einen großen Schritt der 
Wahrheit näher gekommen war. Denn Einzelne leugnen nur, was 
Mehrere in Ueberlegung ziehen; und in Ueberlegung ziehen, warum
man sich vorher ganz und gar nicht bekümmerte, ist der halbe Weg zur 
Erkenntniß. 
§. 32. 
Laßt uns auch bekennen, daß es ein heroischer Gehorsam ist, die 
Gesetze Gottes beobachten, blos weil es Gottes Gesetze sind, und nicht, 
weil er die Beobachter derselben hier und dort zu belohnen verheissen 
hat; sie beobachten, ob man schon an der künftigen Belohnung ganz 
verzweifelt, und der zeitlichen auch nicht so ganz gewiß ist. 
§. 33. 
Ein Volk, in diesem heroischen Gehorsame gegen Gott erzogen, sollte 
es nicht bestimmt, sollte es nicht vor allen andern fähig seyn, ganz 
besondere göttliche Absichten auszuführen?--Laßt den Soldaten, der 
seinem Führer blinden Gehorsam leistet, nun auch von der Klugheit 
seines Führers überzeugt werden, und sagt, was dieser Führer mit ihm 
auszuführen sich nicht unterstehen darf?-- 
§. 34. 
Noch hatte das jüdische Volk in seinem Jehova mehr den Mächtigsten, 
als den Weisesten aller Götter verehrt; noch hatte es ihn als einen 
eifrigen Gott mehr gefürchtet, als geliebt: auch dieses zum Beweise, 
daß die Begriffe, die es von seinem höchsten einigen Gott hatte, nicht 
eben die rechten Begriffe waren, die wir von Gott haben müssen. Doch 
nun war die Zeit da, daß diese seine Begriffe erweitert, veredelt, 
berichtiget werden sollten, wozu sich Gott eines ganz natürlichen 
Mittels bediente; eines bessern richtigern Maaßstabes, nach welchem es 
ihn zu schätzen Gelegenheit bekam. 
§. 35. 
Anstatt daß es ihn bisher nur gegen die armseligen Götzen der kleinen 
benachbarten rohen Völkerschaften geschützt hatte, mit welchen es in 
beständiger Eifersucht lebte: fing es in der Gefangenschaft unter dem 
weisen Perser an, ihn gegen das Wesen aller Wesen zu messen, wie das
eine geübtere Vernunft erkannte und verehrte. 
§. 36. 
Die Offenbarung hatte seine Vernunft geleitet, und nun erhellte die 
Vernunft auf einmal seine Offenbarung. 
§. 37. 
Das war der erste wechselseitige Dienst, den beyde einander leisteten; 
und dem Urheber beyder ist ein solcher gegenseitiger Einfluß so wenig 
unanständig, daß ohne ihm eines von beyden überflüssig seyn würde. 
§. 38. 
Das in die Fremde geschickte Kind sahe andere Kinder, die mehr 
wußten; die anständiger lebten, und fragte sich beschämt: warum weiß 
ich das nicht auch? warum lebe ich nicht auch so? Hätte in meines 
Vaters Hause man mir das nicht auch beibringen; dazu mich nicht auch 
anhalten sollen? Da sucht es seine Elementarbücher wieder vor, die ihm 
längst zum Ekel geworden, um die Schuld auf die Elementarbücher zu 
schieben. Aber siehe! es erkennet, daß die Schuld nicht an den Büchern 
liege, daß die Schuld ledig sein eigen sey, warum es nicht längst eben 
das wisse, eben so lebe. 
§. 39. 
Da die Juden nunmehr, auf Veranlassung der reinern Persischen Lehre, 
in ihrem Jehova nicht blos den größten aller Nationalgötter, sondern 
Gott erkannten; da sie ihn als solchen in ihren wieder hervorgesuchten 
heiligen Schriften um so eher finden und andern zeigen konnten, als er 
wirklich darinn war; da sie vor allen sinnlichen Vorstellungen 
desselben einen eben so großen Abscheu bezeugten, oder doch in 
diesen Schriften zu haben angewiesen wurden, als die Perser nur immer 
hatten: was Wunder, daß sie vor den Augen des Cyrus mit einem 
Gottesdienste Gnade fanden, den er zwar noch weit unter dem reinen 
Sabeismus, aber doch auch weit über die groben Abgöttereyen zu seyn 
erkannte, die sich dafür des verlaßnen Landes der Juden bemächtiget
hatten? 
§. 40. 
So erleuchtet über ihre eignen unerkannten Schätze kamen sie zurück, 
und wurden ein ganz andres Volk, dessen erste Sorge es war, diese 
Erleuchtung unter sich dauerhaft zu machen.    
    
		
	
	
	Continue reading on your phone by scaning this QR Code
 
	 	
	
	
	    Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the 
Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.
	    
	    
