geliebten Bruder! Den erklär' ich
Für 
meinen Todfeind und Beleidiger
Und werd' ihn hassen wie der Hölle 
Pforten,
Der den erloschnen Funken unsers Streits
Aufbläst zu 
neuen Flammen--Hoffe Keiner
Mir zu gefallen oder Dank zu ernten,
Der von dem Bruder Böses mir berichtet,
Mit falscher Dienstbegier 
den bittern Pfeil
Des raschen Worts geschäftig weiter sendet.
--Nicht Wurzeln auf der Lippe schlägt das Wort,
Das unbedacht dem 
schnellen Zorn entflohen;
Doch, von dem Ohr des Argwohns 
aufgefangen,
Kriecht es wie Schlingkraut endlos treibend fort
Und 
hängt ans Herz sich an mit tausend Ästen:
So trennen endlich in 
Verworrenheit
Unheilbar sich die Guten und die Besten! 
(Er umarmt den Bruder noch einmal und geht ab, von dem zweiten 
Chor begleitet.) 
Siebenter Auftritt. 
Don Manuel und der erste Chor. 
Chor. (Cajetan.)
Verwundrungsvoll, o Herr, betracht' ich dich,
Und 
fast muß ich dich heute ganz verkennen.
Mit karger Rede kaum 
erwiederst du
Des Bruders Liebesworte, der gutmeinend
Mit 
offnem Herzen dir entgegen kommt.
Versunken in dich selber stehst 
du da,
Gleich einem Träumenden, als wäre nur
Dein Leib zugegen, 
und die Seele fern.
Wer so dich sähe, möchte leicht der Kälte
Dich 
zeihn und stolz unfreundlichen Gemüths;
Ich aber will dich drum
nicht fühllos schelten,
Denn heiter blickst du, wie ein Glücklicher
Um dich, und Lächeln spielt um deine Wangen. 
Don Manuel.
Was soll ich sagen? was erwiedern? Mag
Der Bruder 
Worte finden! Ihn ergreift
Ein überraschend neu Gefühl; er sieht
Den alten Haß aus seinem Busen schwinden,
Und wundernd fühlt er 
sein verwandtes Herz.
Ich--habe keinen Haß mehr mitgebracht,
Kaum weiß ich noch, warum wir blutig stritten.
Denn über allen 
ird'schen Dingen hoch
Schwebt mir auf Freudenfittigen die Seele,
Und in dem Glanzesmeer, das mich umfängt,
Sind alle Wolken mir 
und finstre Falten
Des Lebens ausgeglättet und verschwunden.
--Ich 
sehe diese Hallen, diese Säle,
Und denke mir das freudige 
Erschrecken
Der überraschten, hoch erstaunten Braut,
Wenn ich als 
Fürstin sie und Herrscherin
Durch dieses Hauses Pforten führen 
werde.
--Noch liebt sie nur den Liebenden! Dem Fremdling,
Dem 
Namenlosen hat sie sich gegeben.
Nicht ahnet sie, daß es Don 
Manuel,
Messina's Fürst ist, der die goldne Binde
Ihr um die schöne 
Stirne flechten wird.
Wie süß ist's, das Geliebte zu beglücken
Mit 
ungehoffter Größe Glanz und Schein!
Längst spart' ich mir dies 
höchste der Entzücken,
Wohl bleibt es stets sein höchster Schmuck 
allein;
Doch auch die Hoheit darf das Schöne schmücken,
Der 
goldne Reif erhebt den Edelstein. 
Chor. (Cajetan.)
Ich höre dich, o Herr, vom langen Schweigen
Zum 
erstenmal den stummen Mund entsiegeln.
Mit Späheraugen folgt' ich 
dir schon längst,
Ein seltsam wunderbar Geheimniß ahnend;
Doch 
nicht erkühnt' ich mich, was du vor mir
In tiefes Dunkel hüllst, dir 
abzufragen.
Dich reizt nicht mehr der Jagden muntre Lust,
Der 
Rosse Wettlauf und des Falken Sieg.
Aus der Gefährten Aug 
verschwindest du,
So oft die Sonne sinkt zum Himmelsrande,
Und 
Keiner unsers Chors, die wir dich sonst
In jeder Kriegs--und 
Jagdgefahr begleiten,
Mag deines stillen Pfads Gefährte sein.
Warum verschleierst du bis diesen Tag
Dein Liebesglück mit dieser
neid'schen Hülle?
Was zwingt den Mächtigen, daß er verhehle?
Denn Furcht ist fern von deiner großen Seele. 
Don Manuel.
Geflügelt ist das Glück und schwer zu binden,
Nur in 
verschloßner Lade wird's bewahrt.
Das Schweigen ist zum Hüter ihm 
gesetzt,
Und rasch entfliegt es, wenn Geschwätzigkeit
Voreilig 
wagt, die Decke zu erheben.
Doch jetzt, dem Ziel so nahe, darf ich 
wohl
Das lange Schweigen brechen, und ich will's.
Denn mit der 
nächsten Morgensonne Strahl
Ist sie die Meine, und des Dämons 
Neid
Wird keine Macht mehr haben über mich.
Nicht mehr 
verstohlen werd' ich zu ihr schleichen,
Nicht rauben mehr der Liebe 
goldne Frucht,
Nicht mehr die Freude haschen auf der Flucht,
Das 
Morgen wird dem schönen Heute gleichen,
Nicht Blitzen gleich, die 
schnell vorüber schießen
Und plötzlich von der Nacht verschlungen 
sind,
Mein Glück wird sein, gleichwie des Baches Fließen,
Gleichwie der Sand des Stundenglases rinnt. 
Chor. (Cajetan.)
So nenne sie uns, Herr, die dich im Stillen
Beglückt, daß wir dein Loos beneidend rühmen
Und würdig ehren 
unsers Fürsten Braut.
Sag' an, wo du sie fandest, wo verbirgst,
In 
welches Orts verschwiegner Heimlichkeit?
Denn wir durchziehen 
schwärmend weit und breit
Die Insel auf der Jagd verschlungnen 
Pfaden,
Doch keine Spur hat uns dein Glück verrathen,
So daß ich 
bald mich überreden möchte,
Es hülle sie ein Zaubernebel ein. 
Don Manuel.
Den Zauber lös' ich auf, denn heute noch
Soll, was 
verborgen war, die Sonne schauen.
Vernehmet denn und hört, wie 
mir geschah.
Fünf Monde sind's, es herrschte noch im Lande
Des 
Vaters Macht und beugete gewaltsam
Der Jugend starren Nacken in 
das Joch--
Nichts kannt' ich als der Waffen wilde Freuden
Und als 
des Waidwerks kriegerische Lust.
--Wir hatten schon den ganzen Tag 
gejagt
Entlang des Waldgebirges--da geschah's,
Daß die 
Verfolgung einer weißen Hindin
Mich weit hinweg aus eurem 
Haufen riß.
Das scheue Thier floh durch des Thales Krümmen,
Durch Busch und Kluft und bahnenlos Gestrüpp,
Auf Wurfes Weite 
sah ich's stets vor mir,
Doch konnt' ich's nicht erreichen, noch 
erzielen,
Bis es zuletzt an eines Gartens Pforte mir
Verschwand. 
Schnell von dem Roß herab mich werfend
Dring' ich ihm nach, schon 
mit dem Speere zielend,
Da seh' ich wundern das erschrockne Thier
Zu einer Nonne Füßen zitternd liegen,
Die selbst mit zarten 
Händen schmeichelnd kost.
Bewegungslos starr' ich das Wunder an,
Den Jagdspieß in der Hand, zum Wurf ausholend--
Sie aber blickt 
mit großen Augen flehend
Mich an. So stehn wir schweigend gegen 
einander--
Wie lange Frist, das kann ich nicht ermessen,
Denn alles 
Maß der Zeiten war vergessen.
Tief in die Seele drückt sie mir den    
    
		
	
	
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