ihren hellroten, 
duftenden Wänden und ihrem gedämpften Licht. 
»Sie haben es wirklich reizend«, sagte Maja, die ehrlich entzückt war. 
»Und dieser Duft hat etwas gradezu Betörendes.« 
Dem Käfer machte es Freude, daß Maja Gefallen an seiner Wohnstätte 
fand.
»Man muß wissen, wo man sich aufhält«, sagte er und lächelte 
wohlwollend. »'Sage mir, wo du umgehst, und ich werde dir sagen, 
wieviel du wert bist', sagt ein altes Sprichwort. Ist etwas Honig 
gefällig?« 
»Ach,« platzte Maja heraus, »das wäre mir wirklich sehr angenehm.« 
Der Käfer nickte und verschwand hinter einer der Wände. Maja sah 
sich glücklich um. Sie schmiegte ihre Wange und ihre Händchen an die 
zarten rotleuchtenden Vorhänge, atmete den köstlichen Duft tief ein 
und war beseligt vor Freude, sich in einer so schönen Wohnung 
aufhalten zu dürfen. Es ist doch wirklich ein großer Genuß zu leben, 
dachte sie, und diese Behausung ist den dumpfen und überfüllten 
Etagen nicht zu vergleichen, in denen wir leben und arbeiten. Schon 
diese Stille ist ganz herrlich. 
Da hörte sie den Käfer hinter den Wänden in ein lautes Schelten 
ausbrechen. Er brummte erregt und böse, und es war Maja, als packte 
er jemanden, den er unsanft vor sich herstieß. Dazwischen vernahm sie 
ein helles Stimmchen voll Angst und Verdruß und sie verstand die 
Worte: 
»Natürlich, wenn ich allein bin, dürfen Sie sich herausnehmen, mir zu 
nahe zu treten; aber warten Sie, wie es Ihnen ergehn wird, wenn ich 
meine Gefährten hole. Sie sind ein Grobian. Gut, ich gehe. Aber Sie 
werden die Bezeichnung, die ich Ihnen gegeben habe, niemals 
vergessen.« 
Maja war sehr erschrocken über die eindringliche Stimme des Fremden, 
die scharf und böse klang. Sie hörte dann noch, wie jemand sich eilig 
entfernte. 
Der Käfer kam zurück und warf mürrisch ein Klümpchen Honig hin. 
»Es ist ein Skandal,« sagte er, »nirgends hat man Ruhe vor diesem 
Gesindel.« 
Maja vergaß vor Hunger zu danken, sie nahm rasch einen Mund voll
und kaute, während der Käfer sich den Schweiß von der Stirn trocknete 
und seinen oberen Brustring etwas lockerte, um leichter atmen zu 
können. 
»Wer war denn da?« fragte Maja mit vollem Mund. 
»Essen Sie bitte erst den Mund leer, schlucken Sie erst herunter,« sagte 
der Käfer, »so versteht man Sie nicht.« 
Maja gehorchte, aber der erregte Hausbesitzer ließ ihr keine Zeit zu 
einer neuen Frage. Ärgerlich fuhr er heraus: 
»Eine Ameise war es. Glauben denn diese Leute, man sparte und sorgte 
sich Stunde für Stunde nur für sie. Und so ohne Gruß und Anstand in 
die Vorratskammern zu dringen! Es empört mich. Wenn ich nicht 
wüßte, daß es bei diesen Tieren in der Tat Mangel an Lebensart ist, 
würde ich keinen Augenblick anstehen, sie als Diebe zu 
kennzeichnen.« -- Er besann sich plötzlich und wandte sich Maja zu: 
»Sie verzeihen, ich vergaß mich Ihnen vorzustellen, ich heiße Peppi, 
von der Familie der Rosenkäfer.« 
»Ich heiße Maja,« sagte die kleine Biene schüchtern, »es freut mich 
sehr, Sie kennengelernt zu haben.« Sie betrachtete den Käfer Peppi 
genau. Er verbeugte sich wiederholt und breitete dabei seine Fühler wie 
zwei kleine braune Fächer aus. Das gefiel Maja außerordentlich. 
»Sie haben entzückende Fühler,« sagte sie, »einfach süß ...« 
»Nun ja,« meinte Peppi geschmeichelt, »darauf hält man. Wollen Sie 
auch die Rückseite sehn?« 
»Wenn ich bitten darf«, sagte Maja. 
Der Käfer drehte die gefächerten Fühler zur Seite und ließ einen 
Sonnenstrahl darüber gleiten. 
»Famos, nicht?« fragte er.
»Ich hätte so was nicht für möglich gehalten«, entgegnete Maja. 
»Meine eigenen Fühler sind sehr unscheinbar.« 
»Nun ja,« meinte Peppi, »jedem das Seine. Dafür haben Sie zweifellos 
schöne Augen und die goldene Färbung Ihres Körpers hat viel für 
sich.« 
Die kleine Maja strahlte vor Glück. Es hatte ihr noch niemand gesagt, 
daß etwas an ihr schön sei. Sie wurde ganz übermütig vor Lebensfreude 
und nahm rasch noch ein Klümpchen Honig. 
»Es ist eine ausgezeichnete Qualität«, sagte sie. 
»Bitte nehmen Sie nur noch,« sagte Peppi, etwas erstaunt über den 
Appetit seines Gastes, »es ist Rosenhonig erster Ernte. Man muß sich 
etwas in acht nehmen, damit man sich nicht den Magen verdirbt. Es ist 
auch noch Tau da, wenn Sie vielleicht Durst verspüren.« 
»Vielen Dank«, sagte Maja. »Ich möchte nun fliegen, wenn Sie 
erlauben.« 
Der Käfer lachte. 
»Fliegen und immer fliegen,« sagte er, »das liegt euch Bienen im Blut. 
Ich begreife diese ruhlose Art nicht recht. Es hat doch viel für sich, am 
Platze zu bleiben, finden Sie nicht?« 
»Ach, ich fliege so gern«, sagte die kleine Maja. 
Der Käfer öffnete ihr höflich den roten Vorhang. 
»Ich will Sie noch hinausbegleiten. Ich führe Sie zu einem 
Aussichtsblatt, von dem Sie bequem abfliegen können.« 
»O, danke,« sagte Maja, »ich kann abfliegen, wo ich will.« 
»Das haben Sie vor mir voraus,« sagte Peppi, »ich habe etwas Mühe 
mit der Entfaltung der unteren Flügel.«
Er drückte ihr die Hand und schob den letzten Vorhang zur Seite. 
»O Gott, der blaue Himmel,« jubelte    
    
		
	
	
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