darüber verga?. Wer die einfachen und kühlen Sitten des Volkes und die ehrbare Gleichgültigkeit, mit der die Geschlechter sich hier begegnen, bedenkt, wird das gro?e ?rgernis begreifen, das ein solches Betragen erweckt. Auch waren die meisten ganz überzeugt, die Moidi sei nur halb bei ihren Sinnen, und man müsse sie gew?hren lassen, da man sie doch nicht füglich vom Kirchgang zurückhalten k?nne, ohne den b?sen Geistern noch gr??ere Macht über sie einzur?umen. Die jungen Burschen aber dachten minder christlich und hie?en sie einfach mannstoll, und da sich auch die M?dchen von ihr zurückzogen, war die schon von der Natur Gezeichnete desto auffallender, wenn sie einsam und ohne Gesellin den Küchelberg herab in die Messe ging, mit den durchdringenden Augen weit voraus unter den versammelten M?nnern am Kirchplatz nach ihrem Erkorenen suchend. Dann geschah es wohl, besonders nach der Vesper, wo schon der Wein in den K?pfen den Ton angab, da? einer der Hartherzigsten die sch?ne Passeirer Altjungfernklage zu singen anfing:
Was mu? ich armes Madl anheben, Da? ich grad' einmal bekomm' ein'n Mann? Die Buben, die tun kein' Achtung mehr geben, Vor mir lauft ein jeder darvon. Jetzt ist mir nimmer wohl, Wei? nit, was ich tun soll, Da? ich halt nur grad' einen erlang'!
Und wenn der Refrain des Gel?chters ein wenig verschollen war, die zweite Strophe:
Fünfundzwanzigmal bin ich schon kirchfahrtengangen, Nüchtern, und han mir nicht z' essen getraut. Han gemeint bei Gott die Gnad' zu erlangen, Da? ich dies Jahr m?cht' werden a Braut. Jetzt--und ist alles nichts; Die Fastnacht ist auch schon für-- Ach, ich arme verlassene Haut!
Der Joseph, wenn er sich auch zu vornehm hielt, um mit einzustimmen, h?rte doch mit sichtbarer Befriedigung zu und hoffte, dieses singende Gassenlaufen würde der armen Tollen die verliebten Grillen austreiben. Sie aber schien, sobald sie ihn nur sah, so v?llig taub zu sein, da? sie das Schimpflied weder h?rte, noch sich zu Gemüte zog. Auch für die erbitterten Scheltreden ihrer Brüder war sie ganz unempfindlich, erwiderte kein Wort, ?nderte aber um kein Haar ihr Betragen, und selbst das scharfe Vermahnen des Pfarrers, dem etwas davon zu Ohren gekommen, vermochte so wenig über diesen seltsamen Zustand, wie beim Eisen das Abraten hilft, wenn der Magnet ihm nahe kommt.
Da übernahm es endlich eine mitleidige unter den M?dchen, der Moidi den Kopf zurechtzusetzen. Sie hinterbrachte ihr--wahr oder zweckm??ig erfunden, wissen wir nicht--, da? der Hirzersepp gesagt habe: Wenn's ihm drum zu tun w?re, schwarze Pudel in die Wiege zu bekommen, würde er die Moidi heiraten.--Die Predigt über diesen kurzen und bündigen Text scheint eindringlich genug gewesen zu sein. Denn seit dem Tage war "die Schwarze" wie verwandelt, lie? sich nirgend sehen, stahl sich vor Tagesgrauen in die Frühmesse, wo sie im hintersten Winkel der Kirche kniete, und wenn droben auf dem Berg ein Bursch ihr begegnete, wandte sie das Gesicht ab und schwieg auf alle Anrede. Die Putzsucht war vollends verschwunden. Das Schlechteste und Gr?bste trug sie am liebsten, und ihre krausen Haare flogen, wochenlang ohne Pflege, ihr um die Schl?fen, da? sie fast unheimlich anzuschauen war und niemand mit ihr zu tun haben mochte.
Im übrigen tat sie ihre harte Arbeit ohne Murren, und so waren die Eltern wohl mit ihr zufrieden und lie?en sie in allem gew?hren. Der Winter ging so hin. Als im Frühling die Wiesen zu grünen anfingen, kam sie eines Tages zum Vater und bat um seine Erlaubnis, auf eine Alpe ziehen zu dürfen, die h?chste und einsamste im Passeier. Der Vater, der von allen noch die klarste Ahnung ihres unseligen Gemütszustandes hatte, willigte unbedenklich ein, und so war einen Sommer lang die schwarze Moidi v?llig verschollen.
Desto heftiger erstaunte alle Welt, als im Herbst die Herden von den Bergen heimkamen und das Gerücht mit ihnen ging: des alten Ingram Tochter habe einen Buben mitgebracht, ein so sauberes, blühwei?es und rosenfarbenes Kind, als nur jemals sich ohne Vater beholfen habe, mit schwarzen, aber gar nicht mohrenhaften H?rlein, ein wahrer Staatsbub. Auch sei die Moidi, trotz der Schande, ganz wohlvergnügt, habe die Schl?ge, mit denen die Mutter sie empfangen, ohne Klage hingenommen, dem Vater aber auf das h?rteste Verh?r nicht beichten wollen, wer der Schuldige sei. In dem Schuppen, wohin die Mutter sie versto?en, damit sie den Schimpf nicht vor Augen h?tte, habe die Tochter sich darauf, so gut es ging, einen warmen Winkel für ihr Kind zurechtgemacht und sei Tag und Nacht nicht von ihm wegzubringen.
Wem dies alles, zumal die gerühmte Sch?nheit des Knaben, unglaublich schien, der hatte am n?chsten Sonntag Gelegenheit, sich von der Wahrheit des Gerüchts zu überzeugen. Denn am hellen Tage kam die Vielgeschm?hte vom Küchelberg herab, das Kind wie im Triumph in den Armen in ihre besten Linnen und Tücher gewickelt, und trug es mit herausforderndem Mutterstolz zur Taufe. Wenn einer sich ihr n?herte und neugierig nach dem kleinen Weltwunder schielte, stand sie sogleich still, schlug den

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