Ich bin's, Mirza! Mädchen, lässest du den Vater In der 
Dämmrung so allein? 
Mirza. Ach, verzeiht, ich wollte sehen-- 
Massud. Ob er komme? 
Mirza. Ach, ja wohl. 
Massud. Nun, und--? 
Mirza. Keine Spur. 
Massud. 's ist spät. 
Mirza. Nacht beinahe. Alle Jäger Ringsum aus der ganzen Gegend Sind 
zurück schon von den Bergen. Glaubt mir, denn ich kenne alle, Die in 
jenen Bergen jagen, Muß ich sie nicht täglich zählen, Wenn den letzten 
ich erwarte? Alle Jäger sind zurück, Er allein streift noch im Dunkeln. 
Massud. Ja, fürwahr, ein wilder Geist Wohnt in seinem düstern Busen, 
Herrscht in seinem ganzen Tun Und läßt nimmerdar ihn ruhn. Nur von 
Kämpfen und von Schlachten, Nur von Kronen und Triumphen, Von 
des Kriegs, der Herrschaft Zeichen Hört man sein Gespräch ertönen; Ja, 
des Nachts, entschlummert kaum, Spricht von Kämpfen selbst sein 
Traum. Während wir des Feldes Mühn Und des Hauses Sorge teilen, 
Sieht man ihn bei Morgens Glühn Schon nach jenen Bergen eilen. Dort, 
nur dort im düstern Wald Ist des Rauhen Aufenthalt, Du bist, alles ist 
vergessen, Und es scheint ihm hohe Lust, Mal die Wildheit seiner Brust 
An des Waldes Wild zu messen. Das ist ein unselig Treiben! Ich 
beklage dich, mein Kind. 
Mirza. Scheltet drum ihn nicht, mein Vater! War er doch nicht immer 
so. Oh, ich weiß wohl eine Zeit, Wo er sanft war, fromm und mild, Wo 
er stundenlange saß Auf dem Grund zu meinen Füßen, Bald des Hauses 
Arbeit teilend, Bald ein Märchen mir erzählend, Bald--o glaubt mir, 
lieber Vater, Er war damals sanft und gut. Hat er seither sich verändert, 
Ei, er kann sich wieder ändern Und er wird's, gewiß, er wird's. 
Massud. Wähnst du mich zu überzeugen, Und kannst es dich selber 
nicht? 
Mirza. Glaubt, mein Vater, dieser Sklave, Zanga, er trägt alle Schuld.
Seit er trat in unsre Hütte, Seit erklang sein Schmeichelwort, Floh die 
Ruh' aus unsrer Mitte Und aus Rustans Busen fort. Rustan, wahr ist's, 
schon als Knabe Horcht' er gerne großen Taten, Übt' er gerne 
Ungewohntes, Wollt' er gerne was er kann, Wär' das schlimm? Er ist 
ein Mann. Stets doch hielt er die Gedanken In des Hauses frommen 
Schranken Und gebot dem raschen Mut. Zanga kam. Sein Hauch, 
verstohlen, Blies die Asche von den Kohlen Und entflammte hoch die 
Glut. Oh, ich habe sie belauscht! Oft, wenn Rustan mir versprochen, 
Nicht zu gehen nach den Bergen, Und er still und ruhig saß; Da trat 
Zanga vor ihn hin, Und von Schlachten hört' ich's tönen, Und von 
Kämpfen und von Siegen. Hoch empor und immer höher Stieg die Glut 
in Rustans Wangen, Jede seiner Fibern zuckte, Und die Hände ballten 
sich; Aus den tiefgezognen Brauen, Schossen Blitze wilden Feuers, 
Und zuletzt-- da sprang er auf, Langte von der Wand den Bogen, Warf 
den Köcher um den Nacken, Und hinaus--hinaus zum Walde! 
Massud. Armes Kind! und achtet nicht, Hart und sorglos, der Verkehrte! 
Deines Kummers, deiner Angst. 
Mirza. Angst? Warum denn Angst, mein Vater? Oh, ich weiß, der 
starke Rustan Kennt nicht Furcht und nicht Gefahr. Dann ist Zanga ja 
mit ihm. 
Massud. (Doch) nur zwei. 
Mirza. Er zählt für viele. 
Massud. In der Nacht-- 
Mirza. Er kennt den Pfad. 
Massud. Wie so leicht ein wildes Tier-- 
Mirza. Oh, es (flieht) das Wild den Jäger! 
Massud. Oder gar-- 
Mirza. Was, Vater, was? Sprecht es aus und tötet mich! 
Massud. Armes Kind, das ist dein Los, Wenn dich, wie ich sonst wohl 
dachte, Einst an ihn ein festres Band-- 
Mirza. Vater, es wird kühl, wir wollen In die Hütte doch zurück. Eh' 
wir's denken, kommt auch er. 
Massud. Nun, so sei's denn, wie es ist! Die dort oben mögen walten. 
Was ihn heut zurückehält, Denk ich wohl beinah zu wissen. 
Mirza. Wie? Ihr wißt? O sprecht! 
Massud. Dein Derwisch, Der besorgte fromme Mann, Der dort haust in 
jenem Walde, Sandte kaum nur schnelle Botschaft, Mir zu melden, daß
man sage, Rustan habe Streit erhoben Auf der Jagd mit einem 
Weidmann. 
Mirza. Streit? Mit wem? 
Massud. Mit Osmin, heißt es, Unsers Emirs ältstem Sohn, Der am Hof 
zu Samarkand In des Königs Kammer dienet, Und, mit Urlaub bei dem 
Vater, Sich den Jägern beigesellt. Rustan schlug nach ihm und-- 
Mirza. Mehr noch? 
Massud. Und sie griffen zu den Waffen. 
Mirza. Waffen? 
Massud. Doch man schied sie schnell, Und der Streit ward ausgetragen. 
Mirza. Doch vielleicht-- 
Massud. Sei ruhig, Kind! Osmin ist schon heimgekehrt Und nichts 
weiter zu besorgen. Aber Rustan ahnet wohl, Daß mir Kunde seiner 
Raschheit, Und er scheut, mir zu begegnen. Kaum wird's vollends 
Nacht, so schleicht er, Seines Oheims Blick vermeidend, Leise wohl in 
sein Gemach. Darum, Mirza, laß uns gehn; Unsre Gegenwart, bedünkt 
mich, Hielt ihn wohl so lange fern. 
Mirza. Und Ihr zürnt ihm? 
Massud. Sollt' ich nicht? Siehst du mich schon flehend an? Oh, ich 
weiß wohl, jedes Wort, Tadelnd,    
    
		
	
	
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