zeigte uns seine Bilder und 
erklärte uns manches in denselben. Er sagte, daß er nur alte habe, die 
einen gewissen Wert besitzen, den man immer haben könne, wenn man 
einmal genötigt sein sollte, die Bilder zu verkaufen. Er zeigte uns, 
wenn wir spazieren gingen, die Wirkungen von Licht und Schatten, er 
nannte uns die Farben, welche sich an den Gegenständen befanden, und 
erklärte uns die Linien, welche Bewegung verursachten, in welcher 
Bewegung doch wieder eine Ruhe herrsche, und Ruhe in Bewegung sei 
die Bedingung eines jeden Kunstwerkes. Er sprach mit uns auch von 
seinen Büchern. Er erzählte uns, daß manche da seien, in welchen das 
enthalten wäre, was sich mit dem menschlichen Geschlechte seit 
seinem Beginne bis auf unsere Zeiten zugetragen habe, daß da die 
Geschichten von Männern und Frauen erzählt werden, die einmal sehr 
berühmt gewesen seien und vor langer Zeit, oft vor mehr als tausend 
Jahren gelebt haben. Er sagte, daß in anderen das enthalten sei, was die 
Menschen in vielen Jahren von der Welt und anderen Dingen, von ihrer 
Einrichtung und Beschaffenheit in Erfahrung gebracht hätten. In 
manchen sei zwar nicht enthalten, was geschehen sei, oder wie sich 
manches befinde, sondern was die Menschen sich gedacht haben, was 
sich hätte zutragen können, oder was sie für Meinungen über irdische 
und überirdische Dinge hegen. 
In dieser Zeit starb ein Großoheim von der Seite der Mutter. Die Mutter 
erbte den Schmuck seiner vor ihm gestorbenen Frau, wir Kinder aber 
sein übriges Vermögen. Der Vater legte es als unser natürlicher 
Vormund unter mündelgemäßer Sicherheit an und tat alle Jahre die 
Zinsen dazu.
Endlich waren wir so weit herangewachsen, daß der gewöhnliche 
Unterricht, den wir bisher genossen hatten, nach und nach aufhören 
mußte. Zuerst traten diejenigen Lehrer ab, die uns in den 
Anfangsgründen der Kenntnisse unterwiesen hatten, die man 
heutzutage für alle Menschen für notwendig hält, dann verminderten 
sich auch die, welche uns in den Gegenständen Unterricht gegeben 
hatten, die man Kindern beibringen läßt, welche zu den gebildeteren 
oder ausgezeichneteren Ständen gehören sollen. Die Schwester mußte 
nebst einigen Fächern, in denen sie sich noch weiter ausbilden sollte, 
nach und nach in die Häuslichkeit eingeführt werden und die 
wichtigsten Dinge derselben erlernen, daß sie einmal würdig in die 
Fußstapfen der Mutter treten könnte. Ich trieb noch, nachdem ich die 
Fächer erlernt hatte, die man in unseren Schulen als Vorkenntnisse und 
Vorbereitungen zu den sogenannten Brotkenntnissen betrachtet, 
einzelne Zweige fort, die schwieriger waren und in denen eine 
Nachhilfe nicht entbehrt werden konnte. Endlich trat in Bezug auf mich 
die Frage heran, was denn in der Zukunft mit mir zu geschehen habe, 
und da tat der Vater etwas, was ihm von vielen Leuten sehr übel 
genommen wurde. Er bestimmte mich nehmlich zu einem 
Wissenschafter im Allgemeinen. Ich hatte bisher sehr fleißig gelernt 
und jeden neuen Gegenstand, der von den Lehrern vorgenommen 
wurde, mit großem Eifer ergriffen, so daß, wenn die Frage war, wie ich 
in einem Unterrichtszweige genügt habe, das Urteil der Lehrer immer 
auf großes Lob lautete. Ich hatte den angedeuteten Lebensberuf von 
dem Vater selber verlangt und er dem Verlangten zugestimmt. Ich hatte 
ihn verlangt, weil mich ein gewisser Drang meines Herzens dazu trieb. 
Das sah ich wohl trotz meiner Jugend schon ein, daß ich nicht alle 
Wissenschaften würde erlernen können; aber was und wie viel ich 
lernen würde, das war mir eben so unbestimmt, als mein Gefühl 
unbestimmt war, welches mich zu diesen Dingen trieb. Mir schwebte 
auch nicht ein besonderer Nutzen vor, den ich durch mein Bestreben 
erreichen wollte, sondern es war mir nur, als müßte ich so tun, als liege 
etwas innerlich Gültiges und Wichtiges in der Zukunft. Was ich aber 
im Einzelnen beginnen und an welchem Ende ich die Sache anfassen 
sollte, das wußte weder ich, noch wußten es die Meinigen. Ich hatte 
nicht die geringste Vorliebe für das eine oder das andere Fach, sondern 
es schienen alle anstrebenswert, und ich hatte keinen Anhaltspunkt, aus
dem ich hätte schließen können, daß ich zu irgend einem Gegenstande 
eine hervorragende Fähigkeit besäße, sondern es erschienen mir alle 
nicht unüberwindlich. Auch meine Angehörigen konnten kein Merkmal 
finden, aus dem sie einen ausschließlichen Beruf für eine Sache in mir 
hätten wahrnehmen können. 
Nicht die Ungeheuerlichkeit, welche in diesem Beginnen lag, war es, 
was die Leute meinem Vater übelnahmen, sondern sie sagten, er hätte 
mir einen Stand, der der bürgerlichen Gesellschaft nützlich ist, befehlen 
sollen, damit ich demselben meine Zeit und mein Leben widme, und 
einmal mit dem Bewußtsein scheiden könne, meine Schuldigkeit getan 
zu haben. 
Gegen diesen Einwurf sagte mein Vater, der Mensch sei nicht zuerst 
der menschlichen Gesellschaft wegen da, sondern seiner selbst willen. 
Und wenn jeder seiner selbst willen auf die beste Art da sei, so sei er es 
auch für die menschliche Gesellschaft. Wen Gott zum besten Maler auf 
dieser Welt geschaffen hätte, der würde der Menschheit einen 
schlechten Dienst tun,    
    
		
	
	
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