Der Mann im Nebel - Roman | Page 2

Gustav Falke
Zahlen machen kann. Natur! Natur! Aristokratie!! H?henmenschen. Was wollen Sie D��nger karren, statt uns Edelgew?chse zu ziehen.
K?nnt ich's nur, wie Sie. Aber bei mir ist alles nur Wollen, ohnm?chtiges Wollen. So muss ich mich denn mit der Natur begn��gen, dem einzigen, was Ersatz f��r mangelnde Produktivit?t gibt, die Natur, die uns erhebt, indem sie uns vernichtet. Die grosse Natur, die Herrscherin, die Zerst?rerin, die am gr?ssten ist, wenn sie t?tet. Das ist es, was ich an der Natur so liebe: ihre Grausamkeit! Oder besser ihre Gleichg��ltigkeit! ihre v?llige Verachtung des Menschen!
Das Meer! Nordsee! Sylt! Skagen! Nach Skagen m��ssen wir mal zusammen.
Hier ist es mir zu friedlich. Diese ewigen Wald- und Kornlandschaften, diese sanften H��gel. Alles riecht hier nach Arbeit, nach Schweiss. Unser t?glich Brot gib uns heute. Amen.
Ich will die Natur gross, frei, und den freien Menschen darin, nicht den Sklaven. Brot, Speck und Gotteswort. Und ��ber allem der Gendarm.
Und doch kann ich hier nicht wegfinden, liege hier so in einer Art Halbschlaf, der alle Energie lahmt und keine Entschl��sse aufkommen l?sst, Hans der Tr?umer!
Nette, liebe, einfache Leute hier, fromm und bieder. Landvolk! Nicht dieser ekelhafte Stadtp?bel, keine ?de Sozialdemokraterei, diese Weltanschauung aus Frechheit, Hunger, Halbbildung und Borniertheit zusammengeschweisst. Eine Weltanschauung, die riecht.
Ich gehe mit dem Plan um, Einsiedler zu werden. Ich brauche nicht viel; was ich von meiner Grosstante geerbt habe, reicht aus f��r zehn, zwanzig Jahre; so lange wird die Maschine wohl aushalten. H?lt sie l?nger vor als das ?l, so muss man sie zerschlagen. Das ist das beste am Leben, dass wir's wegwerfen k?nnen.
Sie kennen mein Ideal: einige Jahre Blockhauseinsamkeit am Meer, zwischen den Sch?ren Norwegens, am Amazonas oder irgendwo insulares S��dseeparadies. Und ein Weib, das Chopin spielt und Saint Sa?ns. Danse macabre. Und draussen orgelt der Sturm und die M?ven schreien, oder die Affen.
Schreiben sie bald, meine Adresse ist bis auf weiteres die hiesige.
Ihr Randers.

3.
Acht Tage war Randers schon in diesem Waldwinkel, statt an die See zu gehen, wie es seine Absicht war. Wenn ihm jemand vorhergesagt h?tte, er w��rde eine ganze Woche zwischen Feld und Wald in einem einsamen Schulhause leben, w��rde er ihn ausgelacht haben. Er war kein Idylliker. Er liebte weite Horizonte, Gr?sse, Erhabenheit in der Natur. Er liebte das Meer.
Was hielt ihn nur hier fest unter dem langgestreckten Ziegeldach des niedrigen Schulhauses mit dem kleinen b?uerischen Vorgarten voll greller Astern und plumper Georginen? Das sah ja von der Landstrasse aus ganz traulich und anheimelnd aus. Aber auf die Dauer war doch alles so eng, kleinlich, so muffig. Dazu die zwei langen Blitzableiter auf dem Dach, die dem ganzen so einen offiziellen Anstrich gaben: Dies ist eine Schule.
Und dann die Familie des Lehrers!
Doch die gefiel ihm, er hatte wirklich nichts gegen sie. Gute, brave, einfache Leute, und voller Aufmerksamkeit gegen ihren Sommergast. Sie hatten einen solchen gesucht. Er hatte es unterwegs im Provinzboten gelesen. Dann war er ihnen gleich vor die T��r gefahren. Auf ein paar Tage. Sie hatten ihn erst auf so kurze Zeit nicht aufnehmen wollen. Aber er versprach zu r?umen, wenn sie das Quartier besser vermieten k?nnten.
Mit weicher Neugier hatten sie ihn ausgefragt. Nicht auf einmal, aber so nach und nach. Sie mussten doch wissen, was er eigentlich war.
Ja, was war er? Eigentlich nichts.
Aber das h?tten sie nicht verstanden, er f��hlte instinktiv, dass diese Leute von seiner Jugend irgend eine n��tzliche T?tigkeit verlangen w��rden. Freilich, er war ihnen ja keine Rechenschaft schuldig. Aber es genierte ihn doch. Und so wollte er sich denn als Journalist vorstellen, besann sich aber und sagte Schriftsteller.
"Sie schreiben wohl f��r Bl?tter?"
"Ja, f��r Bl?tter."
Alle sahn ihn mit unverhohlener Neugier an, nicht ohne Misstrauen. Und der Lehrer sagte nochmal:
"So, f--ff--f��r die Bl?tter."
Er hatte eine ungelenke Zunge. Er umging das Stottern, indem er die widerspenstigen Laute vorsichtig anfasste und bed?chtig z?gernd wieder entliess.
Randers hatte schon am dritten Tag den Koffer wieder packen wollen, hatte es einen Tag aufgeschoben, weil es gerade regnete, einen andern, weil es zu heiss war und er sich m��de und unlustig f��hlte. Und nun war er immer noch hier, hatte sich unmerklich eingew?hnt und liess es gehen, wie es ging.
Tags��ber lag er auf dem R��cken im Waldmoos, eingelullt von dem leisen Rauschen des Buchenlaubes, dem einzigen Ger?usch, das ihm einigermassen den eint?nigen Gesang des Meeres ersetzen konnte, oder er dr?ngte sich mit seiner langen, hageren Figur durch das dichte Unterholz, auf schmalen, verwilderten Fusssteigen, wo es ihm besser gefiel als unter den hohen Buchen, die er freilich nirgends so pr?chtig gefunden hatte wie hier, ausgenommen nat��rlich in D?nemark, seinem geliebten D?nemark. Aber das niedere Dickicht hatte es ihm angetan. So ganz eingeschlossen in der gr��nen Wildnis, die ihn in Kopfh?he ��berdachte, in unmittelbarer Ber��hrung mit diesem Gewirr von Zweigen und Blattwerk, so ganz in dieser gr��nen Enge eingeschlossen war es ihm erst wohl.
Einmal in diesen acht Tagen hatte ihn seine Sehnsucht an die Ostsee
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