Der Mann des Schicksals | Page 2

George Bernard Shaw
dabei verlor, da? es nicht von Napoleon ebenso wie von Julius C?sar erobert wurde.)
(An jenem Mainachmittag des Jahres 1796 jedoch ist es noch fr��h in seinem Leben. Er ist erst sechsundzwanzig Jahre alt und erst k��rzlich General geworden, teilweise mit Hilfe seiner Frau, die er dazu benutzt hat, das Direktorium (das damals Frankreich regierte) zu verf��hren, und teilweise durch den bereits erw?hnten, infolge der Auswanderung entstandenen Mangel an Offizieren. Aber auch dank seiner F?higkeit, ein Land mit all seinen Stra?en, Fl��ssen, H��geln und T?lern wie die Fl?che seiner eigenen Hand zu kennen, und vor allem dank seinem neuen Glauben an die Wirkung der Kanonen auf Menschen. Seine Armee war, was die Disziplin betrifft, in einem Zustand, der moderne Historiker, vor denen das folgende St��ck aufgef��hrt worden ist, so sehr entsetzt hat, da? sie, eingesch��chtert von dem sp?teren Ruhme des "Empereur", sich geweigert haben, an solche Vorkommnisse zu glauben. Aber Napoleon ist noch nicht "l'Empereur", es wurde ihm eben erst der Titel "le petit caporal" verliehen, und er ist im Begriff, durch renommistische Tapferkeit Einflu? auf seine Leute zu gewinnen. Er ist nicht in der Lage, seinen Willen nach orthodoxer milit?rischer Art mit Hilfe der neunschw?nzigen Katze bei ihnen durchzusetzen. Die franz?sische Revolution, die nur durch die monarchische Gewohnheit, den Soldaten den Lohn wenigstens vier Jahre lang schuldig zu bleiben, dem Schicksal, unterdr��ckt zu werden, entging, hat, wo es irgend anging, diesen Brauch durch die Gewohnheit ersetzt, ��berhaupt keinen zu zahlen. Statt dessen werden die Leute mit Versprechungen und patriotischen Schmeicheleien abgespeist, die mit dem Milit?rgeist preu?ischer Art unvereinbar gewesen w?ren. Napoleon hat sich daher als ein Befehlshaber von zerlumpten Leuten ohne Geld, die nicht aufgelegt sind, sich viel Disziplin gefallen zu lassen, namentlich nicht von emporgekommenen Gener?len, den Alpen gen?hert. Dieser Umstand, der einen idealistischen Soldaten in Verlegenheit gebracht h?tte, ersetzte Napoleon tausend Kanonen. Er sprach zu seinen Soldaten: "Ihr habt Patriotismus und Mut; aber ihr habt kein Geld, keine Kleidung und kaum etwas zu essen. In Italien gibt es all diese Dinge und Ruhm noch dazu f��r eine ergebene Armee, die von einem General gef��hrt wird, der Pl��nderung als das nat��rliche Recht des Soldaten betrachtet. Ich bin ein solcher General. En avant, mes enfants!"--Das Resultat hat ihm vollkommen recht gegeben. Seine Soldaten eroberten Italien, wie die Wanderheuschrecken Cypern erobert haben. Sie k?mpften den ganzen Tag und marschierten die ganze Nacht, legten unm?gliche Entfernungen zur��ck, tauchten an unm?glichen Orten auf,--aber nicht etwa, weil jeder Soldat wu?te, da? er den Marschallstab in seinem Tornister trage, sondern weil jeder hoffte, am n?chsten Tage wenigstens ein halbes Dutzend silberner Gabeln fort zu tragen. Zugleich mu? man sich dar��ber klar sein, da? die franz?sische Armee nicht mit der italienischen Krieg f��hrt. Sie ist nur da, um Italien von der Tyrannei seiner ?sterreichischen Eroberer zu befreien und republikanische Einrichtungen herzustellen, so da? sie, wenn sie gelegentlich pl��ndert, nur ein wenig frei mit dem Eigentum ihrer Freunde umgeht, wof��r Italien sogar h?tte dankbar sein sollen, wenn Undankbarkeit nicht die sprichw?rtliche Schw?che der Italiener w?re. Die ?sterreicher, die sie bek?mpfen, haben eine recht ansehnliche regul?re, gut disziplinierte Armee, von Herren kommandiert, die in der bisher ge��bten Kriegskunst erfahren sind, an ihrer Spitze Beaulieu, der die klassische Kriegskunst aus��bt, nach Befehlen von Wien aus, und von Napoleon f��rchterlich geschlagen wird, der auf eigene Faust handelt, ohne R��cksicht auf milit?risches Herkommen und Befehle aus Paris. Selbst wenn die ?sterreicher eine Schlacht gewannen, brauchte man nur zu warten, bis sie nach ihrer Gewohnheit in ihre Hauptquartiere heimgekehrt waren, sozusagen zum Nachmittagstee, um sie dann zur��ckzugewinnen, ein Verfahren, das Napoleon sp?ter mit gl?nzendem Erfolge bei Marengo anzuwenden wu?te. Mit einem Wort, Napoleon versteht es, ohne heroische Wunder zu vollbringen, einem Feinde gegen��ber unwiderstehlich zu sein, der den Nachteil hat, von ?sterreichischer Staatsmannschaft, klassischer Generalsweisheit und den Forderungen der aristokratischen Wiener Gesellschaft geleitet zu werden. Die Welt jedoch liebt Wunder und Helden und ist ganz unf?hig, die Handlungsweise solcher M?chte, wie akademischer Militarismus und Wiener Boudoirunwesen sind, zu begreifen. Daher hat sie schon begonnen, das Wort "l'Empereur" zu pr?gen, und es dadurch hundert Jahre sp?ter den Romantikern erschwert, die folgende bis dahin unaufgezeichnete kleine Szene zu glauben, die sich in Tavazzano ereignet hat. Das beste Quartier in Tavazzano ist ein kleines Gasthaus, das erste, das der Wanderer antrifft, der auf dem Wege von Mailand noch Lodi den Ort ber��hrt. Es steht in einem Weingarten, und sein gr??tes Zimmer, ein angenehmer Zufluchtsort vor der Sommerhitze, ist gegen diesen Weingarten nach r��ckw?rts so weit ge?ffnet, da? es beinahe einer gro?en Veranda gleicht. Die mutigeren unter den Kindern, die durch Alarmsignale und die Ausf?lle der letzten Tage und durch den Einmarsch franz?sischer Truppen um sechs Uhr in gro?er Aufregung sind, wissen, da? der franz?sische Kommandeur sich in dieses Zimmer einquartiert hat, und schwanken zwischen dem Verlangen, durch das Vorderfenster verstohlene Blicke hineinzuwerfen, und einer t?dlichen
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