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Das blaue Fenster 
 
The Project Gutenberg EBook of Das blaue Fenster, by Hugo Salus 
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Title: Das blaue Fenster Novellen 
Author: Hugo Salus 
Release Date: November 22, 2005 [EBook #17130] 
Language: German 
Character set encoding: ISO-8859-1 
*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DAS 
BLAUE FENSTER *** 
 
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Das blaue Fenster 
Novellen
von 
Hugo Salus 
 
Egon Fleischel & Co. / Berlin / 1906 
 
Alle Rechte vorbehalten 
 
Inhalt 
Seite Pietà ..................... 1 Der Rächer ................ 57 Das 
Meerweibchen .......... 115 Der Spiegel ............... 173 
 
Pietà 
Ein einsames Kirchlein mitten im Walde hat immer etwas Verträumtes; 
es ist so, als hätten die Häuser der Menschen, deren Heiligtum es war, 
das Kirchlein verlassen, so daß es nun ganz allein zurückgeblieben ist, 
bis die Bäume des Waldes an seine Mauern hinanwuchsen; oder als 
wäre es, einsamkeitssüchtig und der Welt überdrüssig vom Tale 
heraufgeflogen, um fürder recht als ein Einsiedel hoch oben im grünen, 
stillen Forste zu träumen. 
In solch einem Kirchlein vertritt dann die Waldfrömmigkeit und der 
Märchenzauber des Wanderers etwa mangelnden Glauben; und er kniet 
in dem Heiligtume ehrlich und wundergläubig wie ein Kind. 
Ich habe im Sommer heuer solch ein einsames Kirchlein mitten im 
Hochwalde gefunden; es sah etwa wie eine kleine Dorfkirche aus, die 
sich aber seltsam genug an einen hohen und runden Turm anschmiegte: 
so daß es gleich den Anschein weckte, als wäre an einen alten 
Wartturm später die Kapelle angebaut worden. Ich war durch den 
schönen Wald wie immer in dem Gefühle gegangen, durch einen Dom
zu schreiten, so daß ich lächelnd nunmehr das kleine Gotteshaus mitten 
in der Heiligkeit des Domes gewahrte. Die Tür der Kapelle war leicht 
geöffnet und das Innere des Kirchleins hell und freundlich. Ich legte 
meinen Wanderhut auf eine der wenigen Bänke und ging auf ein 
Grabmal zu, das an der einen Seitenwand sich vom Boden erhob. Es 
war das langgestreckte Grabmal eines adeligen Fräuleins, und ihre 
Gestalt war aus dem Sandstein herausgemeißelt, so daß sie mit 
gefalteten Händen wie in ihrem Sarge da auf der Erde lag. Auf ihrem 
Gesichte spielte der Sonnenschein, der durch das Fenster der 
gegenüberliegenden Wand hereinleuchtete, aber seltsam bläulich 
schimmernd, so daß ich den Strahl gleich zu dem Fenster 
zurückverfolgte und dort mitten in dem Fenster eine blaue Glasscheibe 
gewahrte, von einem so tiefen und satten Blau, wie ich es noch nie 
gesehen habe. Da schaute ich mir das Gesicht der Schlummernden noch 
einmal an, ich beugte mich darüber, aber so, daß der bläuliche 
Schimmer nicht verdeckt wurde, und blickte nun in ein zartes, 
leidverklärtes Antlitz von einer solchen Reinheit der Linien, von einem 
so schmerzlich erkämpften Frieden, daß ich auf das innigste ergriffen 
ward. Schlicht gescheiteltes Haar umrahmte die eingesunkenen 
Schläfen, die Augen wölbten die zarten Lider wie große Kugeln vor, 
eine stolze, edelgeformte Nase ragte zwischen den eingefallenen, 
verhärmten Wangen umso ausgeprägter empor, aber das Wunder war 
doch der schmale und beinahe lächelnde Mund, um den ein Frieden, 
eine heilige Ruhe lagerten, wie sie der Tod nur solchen Lippen läßt, die 
viel, unendlich viel gelitten haben. 
Da setzte ich mich auf den Grabstein hin, ich fing wohl träumend die 
blauen Strahlen mit meinen Händen auf und goß sie dann wieder über 
das bleiche Totengesicht und las aus den süßherben Zügen ihre 
Geschichte. 
Und jetzt, da ich sie niederschreibe, ist es mir hier in meinem Zimmer 
wie ein Wunder, daß weit von hier, hoch in den Wäldern droben, ein 
Kirchlein steht und daß dort durch ein tiefblaues Kirchenfenster die 
Sonne auf ein schmales Angesicht scheint, seit Jahrhunderten und wohl 
noch jahrhundertelang, ein Angesicht voll Leid und erkämpftem 
Frieden.
* * * * * 
Meilenweit, hügelauf, hügelab Tannenwald um das weiße Schloß. Die 
Täler hinab bis an die Meierhöfe und kleinen Dörfer, die Berglehnen 
hinan und über die Bergrücken rauschender oder heiligstiller Forst mit 
sturmerprobten Bäumen bestanden; oben von dem einsamen 
Rundturme mit seinem spitzigen Dachhütlein schweift der Blick wie 
über ein großwelliges Meer über die hellgrünen Baumkronen in der 
Nähe, über die schon ferneren dunkelgrünen Wipfelfelder, über das 
bläuliche Grün der Forste am Horizonte, die wie breite Moosflächen 
sich an den runden Himmelsrand schmiegen. Und drüber über dem 
besonnten und doch so dunklen Grün schwebt auf breiten Schwingen 
ein Adler oder wiegt sich wohlig ein Edelfalke. Deutsche 
Waldlandschaft, Besitz des Grafen Otto Eberstein, der mit seinen 
fünfzig Jahren mächtig und eigensinnig in seinem Schlosse sitzt und 
doch schon ein Greis sein sollte, so viele Pfade und    
    
		
	
	
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