zuweilen ein Wollflöckchen hing, von den wenigen Schafen und 
Ziegen, die zeitweise [4] hier herumgingen. Ferner war noch in 
ziemlicher Verbreitung die Wachholderstaude [5] da, im Weitern [6] 
aber kein andrer Schmuck mehr; man müßte nur [7] die fernen Berge 
hierher rechnen, die ein wunderschönes blaues Band um das 
mattfarbige Gelände [8] zogen. 
Wie es aber des Oeftern [9] geht, daß tiefsinnige Menschen, oder 
solche, denen die Natur allerlei wunderliche Dichtung und seltsame 
Gefühle in das Herz gepflanzt hatte, gerade solche Orte aussuchen und 
liebgewinnen, weil sie da ihren Träumen und innerem Klingklang 
nachgehen können: so geschah es auch auf diesem Haideflecke. Mit 
den Ziegen und Schafen nämlich kam auch sehr oft ein schwarzäugiger 
Bube von zehn oder zwölf Jahren, eigentlich [10] um dieselben zu 
hüten; aber wenn sich die Thiere zerstreuten--die Schafe um das kurze 
würzige Gras zu genießen, die Ziegen hingegen, für die im Grunde [11]
kein passendes Futter da war, mehr ihren Betrachtungen und der reinen 
Luft überlassen, nur so gelegentlich den einen oder andern weichen 
Sprossen pflückend--fing er inzwischen an, Bekanntschaft mit den 
allerlei Wesen zu machen, welche die Haide hegte [12], und schloß mit 
ihnen Bündniß und Freundschaft. 
Es war da ein etwas erhabener Punkt, an dem sich das graue Gestein, 
auch ein Mitbesitzer [13] der Haide, reichlicher vorfand, und sich 
gleichsam emporschob, ja sogar am Gipfel mit einer überhängenden 
Platte ein Obdach und eine Rednerbühne bildete. Auch der Wachholder 
drängte sich dichter an diesem Orte, sich breit machend in 
vielzweigiger Abstammung [14] und Sippschaft [15] nebst manch 
schönblumiger Distel. Bäume aber waren gerade hier weit und breit 
keine, weßhalb eben die Aussicht weit schöner war, als an andern 
Punkten, vorzüglich gegen Süden, wo das ferne Moorland, so ungesund 
für seine Bewohner, so schön für das entfernte Äuge, blauduftig [16] 
hinausschwamm in allen Abstufungen der Ferne. Man hieß den Ort den 
Roßberg [17]; aus welchen Gründen, ist unbekannt, da hier nie seit 
Menschenbesinnen ein Pferd ging, was überhaupt [18] ein für die Haide 
zu kostbares Gut gewesen wäre. 
Nach diesem Punkte nun [19] wanderte unser kleiner Freund am 
allerliebsten, wenn auch seine Pflegebefohlenen [20] weit ab in ihren 
Berufsgeschäften gingen, da er aus Erfahrung wußte, daß keines die 
Gesellschaft verließ, und er sie am Ende alle wieder vereint fand, wie 
weit er auch nach ihnen suchen mußte; ja, das Suchen war ihm selber 
abenteuerlich, vorzüglich, wenn er weit und breit wandern mußte. Auf 
dem Hügel des Roßberges gründete er sein Reich. Unter dem 
überhängenden Blocke bildete er nach und nach durch manche Zuthat, 
[21] und durch mühevolles, mit spitzen Steinen bewerkstelligtes [22] 
Weghämmern einen Sitz, anfangs für Einen, dann füglich für Drei 
geräumig [23] genug; auch ein und das andere Fach [24] wurde 
vorgefunden oder hergerichtet, oder andere bequeme Stellen und 
Winkel, wohin er seinen leinenen Haidesack legte, und sein Brot, und 
die unzähligen Haideschätze, die er oft hieher zusammen trug. 
Gesellschaft war im Uebermaße da. Vorerst [25] die vielen großen 
Blöcke, die seine Burg bildeten, ihm alle bekannt und benannt, jeder
anders an Farbe und Gesichtsbildung, der unzähligen kleinen gar nicht 
zu gedenken, die oft noch bunter und farbenfeuriger waren. Die großen 
theilte er ein, je nachdem sie ihn durch Abenteuerlichkeit entzückten, 
oder durch Gemeinheit ärgerten: die kleinen liebte er alle. Dann war 
der Wachholder, ein widerspenstiger [26] Geselle, unüberwindlich zähe 
in seinen Gliedern, wenn er einen köstlichen, wohlriechenden 
Hirtenstab sollte fahren lassen, [27] oder Platz machen für einen 
anzulegenden [28] Weg;--seine Aeste starrten [29] rings von Nadeln, 
strotzten [30] aber auch in allen Zweigen von Gaben der Ehre, die sie 
Jahr aus Jahr ein den reichlichen Haidegästen auftischten, [31] die 
millionenmal Millionen blauer und grüner Beeren. Dann waren die 
wundersamen Haideblümchen, glutfärbig oder himmelblau brennend, 
zwischen dem sonnigen Gras des Gesteines, oder jene unzählbaren 
kleinen, zwischen dem Wachholder sprossend, die ein weißes 
Schnäbelchen aussperren, mit einem gelben Zünglein darinnen--auch 
manche Erdbeere war hie und da, selbst zwei Himbeersträuche, und 
sogar, zwischen den Steinen emporwachsend, eine lange Haselruthe. 
Böse Gesellschaft fehlte wohl [32] auch nicht, die er vom Vater gar 
wohl kannte, wenn sie auch schön war, z. B. hie und da, aber sparsam, 
die Einbeeren, [33] die er nur schonte, weil sie so glänzend schwarz 
waren, so schwarz, wie gar nichts auf der ganzen Haide, seine Augen 
ausgenommen, die er freilich [34] nicht sehen konnte. 
Fast sollte man von der lebenden und bewegenden Gesellschaft nun gar 
nicht mehr reden, so viel ist schon da; aber diese Gesellschaft ist erst 
vollends ausgezeichnet. Ich will von den tausend und tausend goldenen, 
rubinenen, smaragdenen Thierchen und Würmchen gar nichts sagen, 
die auf Stein, Gras und Halm kletterten, rannten und arbeiteten, weil er 
von Gold, Rubinen und Smaragden noch nichts sah, außer was der 
Himmel und die Haide zuweilen zeigte;--aber von Anderem muß 
gesprochen werden. Da war einer seiner Günstlinge, ein schnarrender 
[35] purpurflügliger Springer, [36] der dutzendweise vor    
    
		
	
	
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