deutschen Valuta gelangen? 
Als Abhilfsmittel könnte man zunächst an eine Reduktion des 
Verbrauchs denken. Diese ist aber kaum erreichbar, da die 
Mittelklassen und die Arbeiter weit unter dem Stande der Vorkriegszeit 
leben. Es kann sich also nur um die Hebung der Produktion und um die 
Vermehrung der Ausfuhr handeln. Eine derartige Vermehrung ist aber 
schwer, weil sich andere Völker gegen die Vermehrung der deutschen
Einfuhr wehren. Es bleibt das Mittel, die landwirtschaftliche 
Produktion zu heben, aber das erfordert Zeit bei den infolge des 
Krieges verschlechterten Bedingungen. 
Ich will jetzt im einzelnen von den Lasten sprechen, die auf 
Deutschland ruhen. Für 1922 beträgt das Budget 85 Milliarden 
ausschliesslich Reparationen und sonstigen Friedensvertragsleistungen. 
Um diese Last zu balanzieren, war es nötig, die Steuerlasten zu 
verdoppeln. 
Ich will hier nicht über die sehr wichtige Frage der vergleichenden 
Steuerbelastung sprechen. Wir haben Unterlagen vorbereitet und stellen 
sie zur Verfügung. Ich stelle unter Beweis, dass der Deutsche fernerhin 
eine schwerere Bürde trägt als der Bewohner irgend eines anderen 
Landes, insbesondere der Engländer oder der Franzose. Um den 
Staatshaushalt zu konsolidieren, wird es sich zunächst darum handeln, 
die Reichsbetriebe zu balanzieren, Eisenbahnen, Post, Telegraphen. Die 
Massnahmen sind ergriffen, um im Jahre 1922 diese Reichsbetriebe ins 
Gleichgewicht zu bringen. Ferner handelt es sich um die Beseitigung 
der Subsidien, die bisher zur Verbilligung der Lebensmittel und aus 
sozialen Gründen gegeben werden mussten. Ich trete in die 
Einzelheiten nicht ein. Massnahmen sind ergriffen, die dazu führen 
sollen, diese Subsidien allmählich abzubauen. 
Eine dritte Frage wegen des deutschen Budgets betrifft die Frage des 
Kohlenpreises. Der Kohlenpreis nähert sich sehr rasch dem 
Weltmarktpreis. Sobald der Preis des Dollars sich weiter ermässigt, 
überschreiten die deutschen Kohlenpreise den Weltmarktpreis und zwar 
zu verschiedenen Zeitpunkten, da die Preisverhältnisse der einzelnen 
Sorten verschieden sind. 
Bisher habe ich stets nur von einem Budget ohne Reparationen und 
ohne die inneren Kosten des Friedensvertrages gesprochen. Wenn ich 
von den bereits erwähnten 500 Millionen für 1922 ausgehe, wenn ich 
ferner ausgehe von Sachleistungen von 1450 Millionen Goldmark und 
dann noch die inneren Kosten des Friedensvertrages nehme, so komme 
ich zu folgenden Ziffern:
500 Millionen Gmk. zum Kurse von 50 = 25 Milld. Ppmk. 1450 " " = 
72,5 " " Friedensvertragsausgaben = 38 " " ------------------- 135,5 " " 
Diese Summen kämen also zusätzlich zu dem Budget von 1922 mit 
seinen 83 Milliarden Papiermark. Das Budget würde also etwa 150 
Prozent neue Belastung erfahren und sich damit auf 218,5 Milliarden 
Papiermark belaufen. Um die Bilanz herzustellen, gibt es nur zwei 
Mittel: 
eine Verdoppelung oder Verdreifachung der Steuern oder eine 
Riesenanleihe. 
Es wäre unmöglich, da das Land schwerer als seine Nachbarn belastet 
ist, die Steuern nochmals zu verdoppeln. Es bleibt also die Frage einer 
sehr grossen Anleihe. Ich glaube, dass man eine derartige Anleihe nicht 
im Auslande wird machen können. Die City von London hat sich schon 
geweigert, einen sehr viel kleineren Betrag für die Januar- und 
Februarzahlungen durch eine Anleihe zu finanzieren. Die Frage einer 
inneren Anleihe wird sehr ernsthaft erörtert werden. Aber in der 
gegenwärtigen Situation wird es kaum möglich sein, die notwendigen 
Reizmittel zu finden, um eine Anleihe auch nur annähernd des 
erforderlichen Umfanges unterzubringen. 
Ich lege Wert darauf, einen Vorwurf zu entkräften, der immer wieder 
auftaucht und der dahin geht, Deutschland sei doch dasselbe Land, es 
habe jetzt noch 60 Millionen Einwohner, darunter eine grosse 
landwirtschaftliche und industrielle Bevölkerung und reichliche 
Arbeitsmittel. Es habe keine Arbeitslosigkeit. Weshalb könne dieses 
tätige und angeblich reiche Land keinerlei Zahlungen leisten? 
Demgegenüber sage ich, wir haben keine Ersparnisse. Lassen Sie mich 
einen Augenblick die Frage der Ersparnisse, der national savings, 
prüfen. 
Wenn ich das Deutschland von jetzt und früher vergleiche, so fehlen 
uns zunächst die Reserven, die wir aus den Anlagen im Ausland hatten. 
Vor dem Kriege waren wir aus diesen Quellen mit 1,5 Milliarden aktiv, 
jetzt sind wir mit ¾ Milliarden passiv. Der zweite Faktor ist der Verlust 
an Gebiet und Bevölkerung. Gegenüber der Zeit vor dem Kriege haben
wir daran mehr als 10 Prozent verloren. 
Der dritte Faktor ist der bereits erläuterte Rückgang der Ausfuhr. Die 
Ausfuhr hat sich von 10 Milliarden Goldmark auf 3,5 oder unter 
Berücksichtigung des Weltindexes auf 2,5 Milliarden vermindert. Die 
Gewinne daraus sind deshalb ebenfalls entsprechend zurückgegangen. 
Ein vierter Faktor: Wir verloren einen grossen Teil unserer Rohstoffe, 
die wir jetzt einführen und mit Goldmark oder Ausfuhr bezahlen 
müssen. 
Der fünfte Faktor ist der, dass sich die landwirtschaftliche Bevölkerung 
mehr vermindert hat als die Gesamtbevölkerung, und dass gerade 
landwirtschaftliche Ueberschussgebiete verloren sind. 
Auch der sechste Faktor ist sehr beträchtlich. Es handelt sich um die 
Ermässigung der Dienste und ihres Ertrages, die Deutschland durch 
Schiffahrt, Aussenhandel und Bankverkehr im Ausland leistete. 
Auf Grund dieser Faktoren, wenn sie sich auch z. T. überdecken, 
besteht meiner Schätzung nach anstelle eines Ueberschusses, einer 
nationalen Ersparnis von 6 Milliarden Goldmark vor dem Kriege jetzt 
ein Defizit von 1 bis 2 Milliarden Goldmark    
    
		
	
	
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