und Tellergeklapper. Sie 
mußten auf den Schrank gesprungen sein, auf den Frau Anken die 
Speisen für den andern Tag zurückzusetzen pflegte. 
Herr Bulemann stand oben an der Treppe und rief laut und scheltend 
nach der Alten; aber nur das Schweigen antwortete ihm oder von unten 
herauf aus den Winkeln des alten Hauses ein schwacher Widerhall. 
Schon schlug er die Schöße seines geblümten Schlafrocks übereinander 
und wollte selbst hinabsteigen, da polterte es drunten auf den Stiegen, 
und die beiden Katzen kamen wieder heraufgerannt. Aber das waren 
keine Katzen mehr; das waren zwei furchtbare, namenlose Raubtiere. 
Die stellten sich gegen ihn, sahen ihn mit ihren glimmenden Augen an 
und stießen ein heiseres Geheul aus. Er wollte an ihnen vorbei, aber ein 
Schlag mit der Tatze, der ihm einen Fetzen aus dein Schlafrock riß, 
trieb ihn zurück. Er lief ins Zimmer; er wollte ein Fenster aufreißen, um 
die Menschen auf der Gasse anzurufen; aber die Katzen sprangen 
hintendrein und kamen ihm zuvor. Grimmig schnurrend, mit 
erhobenem Schweif, wanderten sie vor den Fenstern auf und ab. Herr 
Bulemann rannte auf den Flur hinaus und warf die Zimmertür hinter 
sich zu; aber die Katzen schlugen mit der Tatze auf die Klinke und 
standen schon vor ihm an der Treppe. 
Wieder floh er ins Zimmer zurück, und wieder waren die Katzen da. 
Schon verschwand der Tag, und die Dunkelheit kroch in alle Ecken. 
Tief unten von der Gasse herauf hörte er Gesang; Knaben und Mädchen 
zogen von Haus zu Haus und sangen Weihnachtslieder. Sie gingen in 
alle Türen; er stand und horchte. Kam denn niemand in seine 
Tür?--Aber er wußte es ja, er hatte sie selber alle fortgetrieben; es 
klopfte niemand, es rüttelte niemand an der verschlossenen Haustür.
Sie zogen vorüber; und allmählich war es still, totenstill auf der Gasse. 
Und wieder suchte er zu entrinnen; er wollte Gewalt anwenden; er rang 
mit den Tieren, er ließ sich Gesicht und Hände blutig reißen. Dann 
wieder wandte er sich zur List; er rief sie mit den alten 
Schmeichelnamen, er strich ihnen die Funken aus dem Pelz und wagte 
es sogar, ihren flachen Kopf mit den großen weißen Zähnen zu kraulen. 
Sie warfen sich auch vor ihm hin und wälzten sich schnurrend zu 
seinen Füßen; aber wenn er den rechten Augenblick gekommen glaubte 
und aus der Tür schlüpfte, so sprangen sie auf und standen, ihr heiseres 
Geheul ausstoßend, vor ihm.--So verging die Nacht, so kam der Tag, 
und noch immer rannte er zwischen der Treppe und den Fenstern seines 
Zimmers hin und her, die Hände ringend, keuchend, das graue Haar 
zerzaust. 
Und noch zwei Mal wechselten Tag und Nacht; da endlich warf er sich 
gänzlich erschöpft, an allen Gliedern zuckend, auf das Kanapee. Die 
Katzen setzten sich ihm gegenüber und blinzelten ihn schläfrig aus 
halbgeschlossenen Augen an. Allmählich wurde das Arbeiten seines 
Leibes weniger und endlich hörte es ganz auf. Eine fahle Blässe 
überzog unter den Stoppeln des grauen Bartes sein Gesicht; noch 
einmal aufseufzend, streckte er die Arme und spreizte die langen Finger 
über die Kniee; dann regte er sich nicht mehr. 
Unten in den öden Räumen war es indessen nicht ruhig gewesen. 
Draußen an der Tür des Hinterhauses, die auf den engen Hof 
hinausführt, geschah ein emsiges Nagen und Fressen. Endlich entstand 
über der Schwelle eine Öffnung, die größer und größer wurde; ein 
grauer Mauskopf drängte sich hindurch, dann noch einer, und bald 
huschte eine ganze Schar von Mäusen über den Flur und die Treppe 
hinauf in den ersten Stock. Hier begann das Arbeiten aufs neue an der 
Zimmertür, und als diese durchnagt war, kamen die großen Schränke 
daran, in denen Frau Ankens hinterlassene Schätze aufgespeichert 
lagen. Da war ein Leben wie im Schlaraffenland; wer durch wollte, 
mußte sich durchfressen. Und das Geziefer füllte sich den Wanst; und 
wenn es mit dem Fressen nicht mehr fort wollte, rollte es die Schwänze 
auf und hielt sein Schläfchen in den hohlgefressenen Weizenbrötchen. 
Nachts kamen sie hervor, huschten über die Dielen oder saßen, ihre 
Pfötchen leckend, vor dem Fenster und schauten, wenn der Mond 
schien, mit ihren kleinen blanken Augen in die Gasse hinab.
Aber diese behagliche Wirtschaft sollte bald ihr Ende erreichen. In der 
dritten Nacht, als eben droben Herr Bulemann seine Augen zugetan 
hatte, polterte es draußen auf den Stiegen. Die großen Katzen kamen 
herabgesprungen, öffneten mit einem Schlag ihrer Tatze die Tür des 
Zimmers und begannen ihre Jagd. Da hatte alle Herrlichkeit ein Ende. 
Quieksend und pfeifend rannten die fetten Mäuse umher und strebten 
ratlos an den Wänden hinauf. Es war vergebens; sie verstummten eine 
nach der andern zwischen den zermalmenden Zähnen der beiden 
Raubtiere. 
Dann wurde es still, und bald war in dem ganzen Haus nichts 
vernehmbar als das leise Spinnen der großen Katzen, die mit 
ausgestreckten Tatzen droben vor dem Zimmer ihres Herrn lagen und 
sich das Blut aus den Bärten leckten. 
Unten in der Haustür    
    
		
	
	
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