"Ein paar stattliche Burschen seid ihr!" sagte er, ihnen zunickend. "Nun 
soll euch das alte Weib unten auch die Ratten nicht mehr 
vergiften!"--Als er aber abends nebenan in seine Schlafkammer ging, 
ließ er sie nicht, wie sonst, zu sich herein; und als er sie nachts mit den 
Pfoten gegen die Kammertür fallen und mauzend daran 
herunterrutschen hörte, zog er sich das Deckbett über beide Ohren und 
dachte: "Mauzt nur zu, ich habe eure Krallen gesehen."-Dann kam der 
andere Tag, und als es Mittag geworden, geschah dasselbe, was tags 
zuvor geschehen war. Von der geleerten Schüssel sprangen die Katzen 
mit einem schweren Satz mitten ins Zimmer herein, reckten und 
streckten sich; und als Herr Bulemann, der schon wieder über seinen 
Zahlentafeln saß, einen Blick zu ihnen hinüberwarf, stieß er entsetzt 
seinen Drehstuhl zurück und blieb mit ausgerecktem Halse stehen. Dort 
mit leisem Winseln, als wenn ihnen etwas Böses angetan würde, 
standen Graps und Schnores zitternd mit geringelten Schwänzen, das 
Haar gesträubt; er sah es deutlich, sie dehnten sich, sie wurden groß 
und größer. Noch einen Augenblick stand er, die Hände an den Tisch 
geklammert; dann plötzlich schritt er an den Tieren vorbei und riß die 
Stubentür auf. "Frau Anken, Frau Anken!" rief er, und da sie nicht 
gleich zu hören schien, tat er einen Pfiff auf seinen Fingern, und bald 
schlurfte auch die Alte unten aus dem Hinterhaus hervor und keuchte 
eine Treppe nach der andern herauf. 
"Sehen Sie sich einmal die Katzen an!" rief er, als sie ins Zimmer 
getreten war. 
"Die hab? ich schon oft gesehen, Herr Bulemann." 
"Sieht Sie daran denn nichts?" 
"Daß ich nicht wüßte, Herr Bulemann!" erwiderte sie, mit ihren blöden 
Augen um sich blinzelnd. 
"Was sind denn das für Tiere? Das sind ja gar keine Katzen mehr!" 
Er packte die Alte an den Armen und rannte sie gegen die Wand. 
"Rotäugige Hexe!" schrie er, "bekenne, was hast du meinen Katzen 
eingebraut!" 
Das Weib klammerte ihre knöchernen Hände ineinander und begann
unverständliche Gebete herzuplappern. Aber die furchtbaren Katzen 
sprangen von rechts und links auf die Schultern ihres Herrn und leckten 
ihn mit ihren scharfen Zungen ins Gesicht. Da mußte er die Alte 
loslassen. 
Fortwährend plappernd und hüstelnd schlich sie aus dem Zimmer und 
kroch die Treppen hinab. Sie war wie verwirrt; sie fürchtete sich, ob 
mehr vor ihrem Herrn oder vor den großen Katzen, das wußte sie selber 
nicht. So kam sie hinten in ihre Kammer. Mit zitternden Händen holte 
sie einen mit Geld gefällten Strumpf aus ihrem Bett hervor; dann nahm 
sie aus einer Lade eine Anzahl alter Röcke und Lumpen und wickelte 
sie um ihren Schatz herum, so daß es endlich ein großes Bündel gab. 
Denn sie wollte fort, um jeden Preis fort; sie dachte an die arme 
Halbschwester ihres Herrn draußen in der Vorstadt; die war immer 
freundlich gegen sie gewesen, zu der wollte sie. Freilich, es war ein 
weiter Weg, durch viele Gassen, über viele schmale und lange Brücken, 
welche über dunkle Gräben und Flethen hinwegführten, und draußen 
dämmerte schon der Winterabend. Es trieb sie dennoch fort. Ohne an 
ihre Tausende von Weizenbrötchen zu denken, die sie in kindischer 
Fürsorge in den großen Nußbaumschränken aufgehäuft hatte, trat sie 
mit ihrem schweren Bündel auf dem Nacken aus dem Hause. Sorgfältig 
mit dem großen krausen Schlüssel verschloß sie die schwere eichene 
Tür, steckte ihn in ihre Ledertasche und ging dann keuchend in die 
finstere Stadt hinaus. 
Frau Anken ist niemals wiedergekommen, und die Tür von Bulemanns 
Haus ist niemals wieder aufgeschlossen worden. 
Noch an demselben Tag aber, da sie fortgegangen, hat ein junger 
Taugenichts, der den Knecht Ruprecht spielend in den Häusern 
umherlief, mit Lachen seinen Kameraden erzählt, da er in seinem 
rauhen Pelze über die Crescentiusbrücke gegangen sei, habe er ein altes 
Weib dermaßen erschreckt, daß sie mit ihrem Bündel wie toll in das 
schwarze Wasser hinabgesprungen sei. 
Auch ist in der Frühe des andern Tages in der äußersten Vorstadt die 
Leiche eines alten Weibes, welche an einem großen Bündel 
festgebunden war, von den Wächtern aufgefischt und bald darauf, da 
niemand sie gekannt hat, auf dem Armenviertel des dortigen Kirchhofs 
in einem platten Sarge eingegraben worden. 
Dieser andere Morgen war der Morgen des Weihnachtsabends.
Herr Bulemann hatte eine schlechte Nacht gehabt; das Kratzen und 
Arbeiten der Tiere gegen seine Kammertür hatte ihm diesmal keine 
Ruhe gelassen; erst gegen die Morgendämmerung war er in einen 
langen, bleiernen Schlaf gefallen. Als er endlich seinen Kopf mit der 
Zipfelmütze in das Wohnzimmer hineinsteckte, sah er die beiden 
Katzen laut schnurrend mit unruhigen Schritten umeinander hergehen. 
Es war schon nachmittag; die Wanduhr zeigte auf eins. 
"Sie werden Hunger haben, die Bestien", murmelte er. Dann öffnete er 
die Tür nach dem Flur und pfiff nach der Alten. Zugleich aber drängten 
die Katzen sich hinaus und rannten die Treppe hinab, und bald hörte er 
von unten aus der Küche herauf Springen    
    
		
	
	
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