Feinde nicht zutraute, bewog ihn endlich zu 
einem Ausfall gegen das Hauptquartier. Die Franzosen wollten -- so ist
man durch die Gefangenen überzeugt -- den General Kalckreuth, der in 
Marienborn, den Prinzen Ludwig, Ferdinands Sohn, der auf dem 
Chausseehause einige hundert Schritte vom Dorfe in Quartier lag, 
entweder gefangen fortführen oder tot zurücklassen. Sie wählten die 
Nacht vom 30. zum 31., zogen sich, vielleicht 3000 Mann, aus dem 
Zahlbacher Grunde, schlängelnd über die Chaussee und durch einige 
Gründe bis wieder an die Chaussee, passierten sie wieder und eilten auf 
Marienborn los. Sie waren gut geführt und nahmen ihren Weg 
zwischen den östreichischen und preußischen Patrouillen durch, die 
leider, wegen geringen Wechsels von Höhen und Tiefen, nicht an 
einander stießen. Auch kam ihnen noch ein Umstand zu Hülfe. 
Tags vorher hatte man Bauern beordert, das Getreide, das gegen die 
Stadt zu steht, in dieser Nacht abzumähen; als diese nach vollendeter 
Arbeit zurückgingen, folgten ihnen die Franzosen, und einige 
Patrouillen wurden dadurch irre gemacht. Sie kamen unentdeckt 
ziemlich weit vorwärts, und als man sie bemerkte und auf sie schoß, 
drangen sie in der größten Eile nach Marienborn vor und erreichten das 
Dorf gegen 1 Uhr, wo man sorglos entweder schlief oder wachte. Sie 
schossen sogleich in die Häuser, wo sie Licht sahen, drängten sich 
durch die Straße und umringten den Ort und das Kloster, in welchem 
der General lag. Die Verwirrung war groß, die Batterien schossen, das 
Infanterieregiment Wegner rückte gleich vor, eine Schwadron des 
Herzogs von Weimar, die hinter dem Orte lag, war bei der Hand, die 
sächsischen Husaren desgleichen. Es entstand ein verwirrtes Gefecht. 
Indessen hörte man im ganzen Umkreis des blockierenden Lagers das 
Feuern von falschen Attacken, jeder wurde auf sich aufmerksam 
gemacht, und niemand wagte, dem andern zu Hülfe zu eilen. 
Der abnehmende Mond stand am Himmel und gab ein mäßiges Licht. 
Der Herzog von Weimar nahm den übrigen Teil seines Regiments, das 
eine Vietelstunde hinter Marienborn auf der Höhe lag, und eilte hinzu, 
Prinz Ludwig führte die Regimenter Wegner und Thadden, und nach 
einem anderthalbstündigen Gefechte trieb man die Franzosen gegen die 
Stadt. An Toten und Blessierten ließen sie 30 Mann zurück, was sie mit 
sich geschleppt, ist unbekannt.
Der Verlust der Preußen an Toten und Blessierten mag 90 Mann sein. 
Major La Viere von Weimar ist tot; Rittmeister und Adjutant von Voß 
tödlich verwundet. Ein unglücklicher Zufall vermehrte den diesseitigen 
Verlust: denn als sich die Feldwachen von Bretzenheim auf Marienborn 
zurückziehen wollten, kamen sie unter die Franzosen und wurden 
zugleich mit ihnen von unsern Batterien beschossen. 
Als es Tag ward, fand man Pechkränze und mit Pech überzogene 
Birkenwellen an allen Enden des Dorfes; sie hatten die Absicht, wenn 
der Coup gelänge, zuletzt das Dorf anzuzünden. 
Man erfuhr, daß sie zu gleicher Zeit versucht hatten, eine Brücke von 
einer Rheininsel an der Mainspitze, in die sie sich seit einiger Zeit 
genistet, auf die nächste Insel zu schlagen, wahrscheinlich in der 
Absicht, gegen die Schiffbrücken bei Ginsheim etwas vorzunehmen. 
Das zweite Treffen der Kette ward näher an das erste herangezogen, 
und des Herzogs Regiment steht nah bei Marienborn. 
Man weiß, daß beim Ausfall Nationaltruppen vorangingen, dann 
Linien-, dann wieder Nationaltruppen folgten; es mag daher das 
Gerücht entstanden sein, die Franzosen seien in drei Kolonnen 
ausgezogen. 
* * * * * 
Den 1. Juni rückte das Regiment näher nach Marienborn; der Tag ging 
hin mit Veränderung des Lagers; auch die Infanterie veränderte ihre 
Stellung und man traf verschiedene Verteidigungsanstalten. 
Ich besuchte Rittmeister von Voß, den ich ohne Hoffnung fand; er saß 
aufrecht im Bette und schien seine Freunde zu kennen, zu sprechen 
vermocht' er nicht. Auf einen Wink des Chirurgen begaben wir uns weg; 
und ein Freund machte mich unterwegs aufmerksam, daß vor einigen 
Tagen in demselben Zimmer ein heftiger Streit entstanden, indem einer 
gegen viele hartnäckig behauptet: Marienborn, als Hauptquartier, liege 
viel zu nahe an der blockierten und zu belagernden Stadt, man habe 
sich gar wohl eines Überfalls zu versehen.
Weil aber überhaupt eine heftige Widerrede gegen alles, was von 
obenherein befohlen und veranstaltet war, zur Tagesordnung gehörte, 
so ging man drüber hinaus und ließ diese Warnung, so wie manche 
andere, verhallen. 
Den 2. Juni ward ein Bauer aus Oberulm gehangen, der beim Überfall 
die Franzosen angeführt hatte: denn ohne die genauste Kenntnis des 
Terrains wäre das schlängelnde Heranziehen nicht denkbar gewesen; 
zum Unglück für ihn wußte er nicht ebenso gut mit den Rückkehrenden 
die Stadt zu erreichen und wurde von den ausgesandten Patrouillen, die 
alles auf das sorgfältigste durchsuchten, eingefangen. 
Ward Major La Viere mit allen militärischen Ehren vor den Standarten 
begraben. Starb Rittmeister von Voß. Waren Prinz Ludwig, General 
Kalckreuth und mehrere bei dem Herzog zur Tafel. Abends Feuern an 
der Rheinspitze. 
Den 3. Juni große Mittagstafel bei Herrn von Stein auf dem Jägerhause; 
herrliches Wetter, unschätzbare Aussicht, ländlicher Genuß, durch 
Szenen des Todes und Verderbens getrübt. Abends wurde    
    
		
	
	
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