Uhr kanonierte man stark von den Batterien des rechten 
Flügels. 
Donnerstag den 29. Mai früh 9 Uhr Viktoria wegen des Siegs der 
Östreicher bei Famars. Dieses allgemeine Abfeuern nützte mir, die 
Lage der Batterien und die Stellung der Truppen kennen zu lernen; 
zugleich war ein ernstlicher Handel bei Bretzenheim, denn freilich 
hatten die Franzosen alle Ursache, uns aus diesem so nahe gelegenen 
Dorfe zu vertreiben. 
Inzwischen erfuhr man, woher das Märchen der gestrigen Desertion 
entstanden: durch seltsam zufällige Kombinationen, so abgeschmackt 
als möglich, aber doch einige Zeit umherlaufend. 
Ich begleitete meinen gnädigsten Herrn nach dem linken Flügel, 
wartete dem Herrn Landgrafen von Darmstadt auf, dessen Lager 
besonders zierlich mit kiefernen Lauben ausgeputzt war, dessen Zelt 
jedoch alles, was ich je in dieser Art gesehen, übertraf, wohl 
ausgedacht, vortrefflich gearbeitet, bequem und prächtig. 
Gegen Abend war uns, mir aber besonders, ein liebenswürdiges 
Schauspiel bereitet; die Prinzessinnen von Mecklenburg hatten im 
Hauptquartier zu Bodenheim bei Ihro Majestät dem Könige gespeist 
und besuchten nach Tafel das Lager. Ich heftelte mich in mein Zelt ein 
und durfte so die hohen Herrschaften, welche unmittelbar davor ganz 
vertraulich auf und nieder gingen, auf das genauste beobachten. Und
wirklich konnte man in diesem Kriegsgetümmel die beiden jungen 
Damen für himmlische Erscheinungen halten, deren Eindruck auch mir 
niemals verlöschen wird. 
Freitag den 30. Mai. Früh hörte man hinter dem Lager 
Kleingewehrfeuer, welches einige Apprehension gab; dies klärte sich 
dahin auf, daß die Bauern den Fronleichnam gefeiert. Ferner ward 
Viktoria geschossen aus Kanonen und kleinem Gewehr, jenes 
glücklichen Ereignisses in den Niederlanden wegen; dazwischen scharf 
aus der Stadt und hinein. Nachmittag ein Donnerwetter. 
Holländische Artillerie-flottille ist angekommen, liegt bei Ebenheim. 
In der Nacht vom 30. zum 31. Mai schlief ich, wie gewöhnlich ganz 
angezogen, ruhig im Zelte, als ich vom Platzen eines kleinen 
Gewehrfeuers aufgeweckt wurde, das nicht allzu entfernt schien. Ich 
sprang auf und heraus und fand schon alles in Bewegung; es war 
offenbar, daß Marienborn überfallen sei. Bald darauf feuerten unsere 
Kanonen von der Batterie vor dem Chausseehaus, dies mußte also 
einem herandringenden Feinde gelten. Das Regiment des Herzogs, von 
dem eine Schwadron hinter dem Chausseehaus gelagert war, ruckte aus; 
der Moment war kaum erklärbar. Das kleine Gewehrfeuer in 
Marienborn, im Rücken unserer Batterien, dauerte fort, und unsere 
Batterien schossen auch. Ich setzte mich zu Pferde und ritt weiter vor, 
wo ich, nach früher genommener Kenntnis, ob es gleich Nacht war, die 
Gegend beurteilen konnte. Ich erwartete jeden Augenblick, Marienborn 
in Flammen zu sehen, und ritt zu unseren Zelten zurück, wo ich die 
Leute des Herzogs beschäftigt fand, ein- und aufzupacken, auf alle 
Fälle. Ich empfahl ihnen meinen Koffer und Portefeuille und besprach 
unsern Rückzug. Sie wollten auf Oppenheim zu; dorthin konnte ich 
leicht folgen, da mir der Fußpfad durch das Fruchtfeld bekannt war, 
doch wollt' ich den Erfolg erst abwarten und mich nicht eher entfernen, 
bis das Dorf brennte und der Streit sich hinter demselben weiter 
heraufzöge. 
In solcher Ungewißheit sah ich der Sache zu, aber bald legte sich das 
kleine Gewehrfeuer, die Kanonen schwiegen, der Tag fing an, zu 
grauen, und das Dorf lag ganz ruhig vor mir. Ich ritt hinunter. Die
Sonne ging auf mit trübem Schein, und die Opfer der Nacht lagen 
neben einander. Unsere riesenhaften, wohlgekleideten Kürassiere 
machten einen wunderlichen Kontrast mit den zwergenhaften, 
schneiderischen, zerlumpten Ohnehosen; der Tod hatte sie ohne 
Unterschied hingemäht. Unser guter Rittmeister La Viere war unter den 
ersten geblieben, Rittmeister von Voß, Adjutant des Grafen Kalckreuth, 
durch die Brust geschossen, man erwartete seinen Tod. Ich war 
veranlaßt, eine kurze Relation dieses wunderbaren und unangenehmen 
Vorfalls aufzusetzen, welche ich hier einschalte und sodann noch 
einige Partikularitäten hinzufüge. 
* * * * * 
Von dem Ausfall der Franzosen in der Nacht auf Marienborn vermelde 
ich folgendes: 
Das Hauptquartier Marienborn liegt in der Mitte des Halbkreises von 
Lagern und Batterien, die am linken Ufer des Rheins oberhalb Mainz 
anfangen, die Stadt nicht gar in der Entfernung einer halben Stunde 
umgeben und unterhalb derselben sich wieder an den Fluß anschließen. 
Die Kapelle zum heiligen Kreuz, die Dörfer Weißenau, Hechtsheim, 
Marienborn, Drais, Gunzenheim, Mombach werden von diesem Kreise 
entweder berührt oder liegen nicht weit außerhalb desselben. Die 
beiden Flügel bei Weißenau und Mombach wurden vom Anfang der 
Blockade an von den Franzosen öfters angegriffen und ersteres Dorf 
abgebrannt, die Mitte hingegen blieb ohne Anfechtung. Niemand 
konnte vermuten, daß sie dahin einen Ausfall richten würden, weil sie 
in Gefahr kamen, von allen Seiten ins Gedränge zu geraten, 
abgeschnitten zu werden, ohne irgend etwas von Bedeutung 
auszurichten. Indessen waren die Vorposten um Bretzenheim und 
Dalheim, Orte, die vor Marienborn in einem Grunde liegen, der sich 
nach der Stadt zieht, immer aneinander, und man behauptete 
Bretzenheim diesseits um so eifriger, als die Franzosen bei Zahlbach, 
einem Kloster nahe bei Dalheim, eine Batterie errichtet hatten und 
damit das Feld und die Chaussee bestrichen. 
Eine Absicht, die man dem    
    
		
	
	
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