Zimmer aufschlagen und erharrte, ohne zu 
schlafen, die Mitternacht. Aber wie erschüttert war er, als er in der Tat 
mit dem Schlage der Geisterstunde das unbegreifliche Geräusch 
wahrnahm; es war, als ob ein Mensch sich von Stroh, das unter ihm 
knisterte, erhob, quer über das Zimmer ging, und hinter dem Ofen unter 
Geseufz und Geröchel niedersank. Die Marquise, am andern Morgen, 
da er herunterkam, fragte ihn, wie die Untersuchung abgelaufen; und da 
er sich mit scheuen und ungewissen Blicken umsah und, nachdem er 
die Tür verriegelt, versicherte, daß es mit dem Spuk seine Richtigkeit 
habe: so erschrak sie, wie sie in ihrem Leben nicht getan und bat ihn, 
bevor er die Sache verlauten ließe, sie noch einmal in ihrer Gesellschaft 
einer kaltblütigen Prüfung zu unterwerfen. Sie hörten aber samt einem 
treuen Bedienten, den sie mitgenommen hatten, in der Tat in der 
nächsten Nacht dasselbe unbegreifliche, gespensterartige Geräusch; 
und nur der dringende Wunsch, das Schloß, es koste was es wolle, 
loszuwerden, vermochte sie, das Entsetzen, das sie ergriff, in 
Gegenwart ihres Dieners zu unterdrücken und dem Vorfall irgendeine 
gleichgültige und zufällige Ursache, die sich entdecken lassen müsse, 
unterzuschieben. Am Abend des dritten Tages, da beide, um der Sache
auf den Grund zu kommen, mit Herzklopfen wieder die Treppe zu dem 
Fremdenzimmer bestiegen, fand sich zufällig der Haushund, den man 
von der Kette losgelassen hatte, vor der Tür desselben ein; dergestalt 
daß beide, ohne sich bestimmt zu erklären, vielleicht in der 
unwillkürlichen Absicht, außer sich selbst noch etwas Drittes, 
Lebendiges, bei sich zu haben, den Hund mit sich in das Zimmer 
nahmen. Das Ehepaar, zwei Lichter auf dem Tisch, die Marquise 
unausgezogen, der Marchese Degen und Pistolen, die er aus dem 
Schrank genommen, neben sich, setzen sich gegen elf Uhr jeder auf 
sein Bett; und während sie sich mit Gesprächen, so gut sie vermögen, 
zu unterhalten suchen, legt sich der Hund, Kopf und Beine 
zusammengekauert, in der Mitte des Zimmers nieder und schläft ein, 
Drauf, in dem Augenblick der Mitternacht, läßt sich das entsetzliche 
Geräusch wieder hören; jemand, den kein Mensch mit Augen sehen 
kann, hebt sich auf Krücken im Zimmerwinkel empor; man hört das 
Stroh, das unter ihm rauscht; und mit dem ersten Schritt: tapp! tapp! 
erwacht der Hund, hebt sich plötzlich, die Ohren spitzend, vom Boden 
empor, und knurrend und bellend, grad' als ob ein Mensch auf ihn 
eingeschritten käme, rückwärts gegen den Ofen weicht er aus. Bei 
diesem Anblick stürzt die Marquise mit sträubenden Haaren aus dem 
Zimmer; und während der Marchese, der den Degen ergriffen: "Wer 
da?" ruft, und, da ihm niemand antwortet, gleich einem Rasenden nach 
allen Richtungen die Luft durchhaut, läßt sie anspannen, entschlossen, 
augenblicklich nach der Stadt abzufahren. Aber ehe sie noch nach 
Zusammenraffung einiger Sachen aus dem Tore herausgerasselt, sieht 
sie schon das Schloß ringsum in Flammen aufgehen. Der Marchese, 
von Entsetzen überreizt, hatte eine Kerze genommen und dasselbe, 
überall mit Holz getäfelt wie es war, an allen vier Ecken, müde seines 
Lebens, angesteckt. Vergebens schickte sie Leute hinein, den 
Unglücklichen zu retten; er war auf die elendiglichste Weise bereits 
umgekommen; und noch jetzt liegen, von den Landleuten 
zusammengetragen, seine weißen Gebeine in dem Winkel des Zimmers, 
von welchem er das Bettelweib von Locarno hatte aufstehen heißen. 
 
Das Erdbeben in Chili
In St. Jago, der Hauptstadt des Königreichs Chili, stand gerade in dem 
Augenblicke der großen Erderschütterung vom Jahre 1647, bei welcher 
viele tausend Menschen ihren Untergang fanden, ein junger, auf ein 
Verbrechen angeklagter Spanier, namens Jeronimo Rugera, an einem 
Pfeiler des Gefängnisses, in welches man ihn eingesperrt hatte, und 
wollte sich erhenken. Don Henrico Asteron, einer der reichsten 
Edelleute der Stadt, hatte ihn ungefähr ein Jahr zuvor aus seinem Hause, 
wo er als Lehrer angestellt war, entfernt, weil er sich mit Donna 
Josephe, seiner einzigen Tochter, in einem zärtlichen Einverständnis 
befunden hatte. Eine geheime Bestellung, die dem alten Don, nachdem 
er die Tochter nachdrücklich gewarnt hatte, durch die hämische 
Aufmerksamkeit seines stolzen Sohnes verraten worden war, entrüstete 
ihn dergestalt, daß er sie in dem Karmeliterkloster unsrer lieben Frauen 
vom Berge daselbst unterbrachte. 
Durch einen glücklichen Zufall hatte Jeronimo hier die Verbindung von 
neuem anzuknüpfen gewußt, und in einer verschwiegenen Nacht den 
Klostergarten zum Schauplatze seines vollen Glückes gemacht. Es war 
am Fronleichnamsfeste, und die feierliche Prozession der Nonnen, 
welchen die Novizen folgten, nahm eben ihren Anfang, als die 
unglückliche Josephe, bei dem Anklange der Glocken, in Mutterwehen 
auf den Stufen der Kathedrale niedersank. 
Dieser Vorfall machte außerordentliches Aufsehn; man brachte die 
junge Sünderin, ohne Rücksicht auf ihren Zustand, sogleich in ein 
Gefängnis, und kaum war sie aus den Wochen erstanden, als ihr schon, 
auf Befehl des Erzbischofs, der geschärfteste Prozeß gemacht ward. 
Man sprach in der Stadt mit einer so großen Erbitterung von diesem 
Skandal, und die Zungen fielen so scharf über das ganze Kloster her, in 
welchem er sich zugetragen hatte, daß weder    
    
		
	
	
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