wäre es Schweitzer sehr 
schwer geworden, die von ihm beliebte Politik im Allgemeinen 
Deutschen Arbeiterverein zur Geltung zu bringen. Aber doch war 
zwischen Lassalle und ihm ein Unterschied. Lassalle, ökonomisch 
vollständig unabhängig, stand zu Bismarck wie Macht zu Macht, davon 
konnte bei Schweitzer, der tief in Schulden steckte und nach seiner 
sonstigen Qualität in alle Wege keine Rede sein. Er erschien in seinem
Auftreten als ein Werkzeug der Bismarckschen Politik, als ein Mann, 
der den Vorteil des Lassalleschen Scheins für sich hatte und ihn 
geschickt ausnutzte. 
Im weiteren erklärte Schweitzer gegen Marx und Engels, daß sie sich 
vom "Sozialdemokrat" zurückgezogen, sobald sie eingesehen hätten, 
daß sie nicht die erste Rolle bei der Partei spielen konnten. Im 
Gegensatz zu ihnen sei Lassalle nicht der Mann der unfruchtbaren 
Abstraktion, sondern ein Politiker im strengen Sinne des Wortes, nicht 
ein schriftstellerischer Doktrinär, sondern ein Mann der praktischen Tat 
gewesen. 
Wobei wieder nicht vergessen werden darf, daß später Schweitzer den 
Mann der "unfruchtbaren Abstraktion", den "schriftstellerischen 
Doktrinär" Karl Marx, umschmeichelte und für sich zu gewinnen 
suchte. 
Marx und Engels blieben die Antwort nicht schuldig. Unter dem 24. 
Februar 1865 veröffentlichten sie folgende Erklärung: 
"Die Unterzeichneten versprachen ihre Mitarbeit am 'Sozialdemokrat' 
und gestatteten ihre Nennung als Mitarbeiter unter dem ausdrücklichen 
Vorbehalt, daß das Blatt im Geiste des ihnen mitgeteilten kurzen 
Programms redigiert werde. Sie verkannten keinen Augenblick die 
schwierige Stellung des 'Sozialdemokrat' und machten daher keine für 
den Meridian Berlin unpassenden Ansprüche. Sie forderten aber 
wiederholt, daß dem Ministerium und der feudalabsolutistischen Partei 
gegenüber eine wenigstens ebenso kühne Sprache geführt werde wie 
gegenüber den Fortschrittlern. Die von dem 'Sozialdemokrat' befolgte 
Taktik schließt unsere weitere Beteiligung an demselben aus. Die 
Ansicht der Unterzeichneten vom königlich preußischen 
Regierungssozialismus und von der richtigen Stellung der 
Arbeiterpartei zu solchem Blendwerk findet sich bereits ausführlich 
entwickelt in Nr. 73 der 'Deutschen Brüsseler Zeitung' vom 12. 
September 1847, in Antwort auf Nr. 206 des damals in Köln 
erscheinenden 'Rheinischen Beobachters', worin die Allianz des 
Proletariats und der Regierung gegen die liberale Bourgeosie 
vorgeschlagen war. Jedes Wort unserer damaligen Erklärung
unterschreiben wir noch heute." 
Die Erklärung in der "Deutschen Brüsseler Zeitung", auf die hier Marx 
und Engels sich bezogen, lautete: 
"Wenn eine gewisse Fraktion deutscher Sozialisten fortwährend gegen 
die liberale Bourgeoisie gepoltert hat, und zwar in einer Weise, die 
niemandem Vorteil brachte als den deutschen Regierungen, wenn jetzt 
Regierungsblätter wie der 'Rheinische Beobachter', auf die Phrasen 
dieser Leute gestützt, behaupten, nicht die liberale Bourgeoisie, 
sondern die Regierung repräsentiere die Interessen des Proletariats, so 
haben die Kommunisten weder mit der ersteren noch mit der letzteren 
etwas gemein.... 
Das Volk oder, um an die Stelle dieses weitsichtigen, schwankenden 
Ausdrucks den bestimmten zu setzen, das Proletariat räsoniert ganz 
anders, als man im geistlichen Ministerium sich träumen läßt. Das 
Proletariat fragt nicht, ob den Bourgeois das Volkswohl Nebensache 
oder Hauptsache sei, ob sie die Proletarier als Kanonenfutter 
gebrauchen werden oder nicht. Das Proletariat fragt nicht, was die 
Bourgeois bloß wollen, sondern was sie müssen. Es fragt, ob der jetzige 
politische Zustand, die Herrschaft der Bureaukratie, oder der von den 
Liberalen erstrebte, die Herrschaft der Bourgeoisie, ihm mehr Mittel 
bieten wird, seine eigenen Zwecke zu erreichen. Dazu hat es nur nötig, 
die politische Stellung des Proletariats in England, Frankreich und 
Amerika mit der in Deutschland zu vergleichen, um zu sehen, daß die 
Herrschaft der Bourgeoisie dem Proletariat nicht nur ganz neue 
Waffen zum Kampfe gegen die Bourgeoisie in die Hand gibt, sondern 
ihm auch eine ganz andere Stellung, eine Stellung als anerkannte 
Partei verschafft." 
Es heißt weiter: "Das Volk kann sich nicht für die ständischen Rechte 
interessieren. Aber ein Landtag, der Geschworenengerichte, Gleichheit 
vor dem Gesetz, Aufhebung der Frondienste, Preßfreiheit, 
Assoziationsfreiheit und eine wirkliche Repräsentation verlangt, ein 
Landtag, der ein für allemal mit der Vergangenheit gebrochen und 
seine Forderungen nach den Bedürfnissen der Zeit eingerichtet hat 
statt nach alten Gesetzen, solch ein Landtag kann auf die kräftigste
Unterstützung des Proletariats rechnen." 
Am 4. März schlossen sich Georg Herwegh und Wilhelm Rüstow der 
Erklärung von Marx und Engels ausdrücklich an. Am 5. März erklärte 
Fr. Reusche in der "Rheinischen Zeitung" seinen Rücktritt von der 
Mitarbeiterschaft am "Sozialdemokrat", wobei er unter anderem 
bemerkte, er habe wiederholt die Redaktion aufgefordert, das 
Junkertum rücksichtslos zu bekämpfen. Rüstow habe Anfang Februar 
eine eingehende Kritik der Militärfrage an die Redaktion gesandt; aber 
trotz der wiederholten Anfragen von Rüstow und ihm erschienen weder 
diese noch ein von ihm eingesandter Artikel gegen den königlich 
preußischen Regierungssozialismus. Bald habe es geheißen, es sei kein 
Raum vorhanden, bald, man wolle warten, bis die Zeit geeignet wäre. 
Am 11. März erklärte Jean Philipp Becker in Genf im Hamburger 
"Nordstern", dem Vorgehen von Marx und Engels sich anzuschließen. 
Liebknecht hatte sich gleichzeitig mit den letzteren von Schweitzer und 
dem "Sozialdemokrat" losgesagt. Professor Wuttke in Leipzig gab zwar 
keine öffentliche Erklärung ab, stellte aber seine Mitarbeiterschaft am 
"Sozialdemokrat" ein. Der einzige, der von    
    
		
	
	
	Continue reading on your phone by scaning this QR Code
	 	
	
	
	    Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the 
Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.